Gymnasien im Ausnahmezustand:"Sehr grenzwertige Belastung"

Unterrichtsausfälle, Personalmangel, Mehrarbeit: Der doppelte Abiturjahrgang macht Schülern und Lehrern im Landkreis zu schaffen.

Daniela Gorgs

Der doppelte Abiturjahrgang stellt die Gymnasien im Landkreis Dachau vor große Probleme. Fast 700 Absolventen des G-9-Jahrgangs und des ersten G-8-Jahrgangs legen heuer die Abiturprüfung ab, entsprechend hoch ist die Belastung der Lehrerkollegien. Am Josef-Effner-Gymnasium fielen für längere Zeit mehrere Lehrkräfte aus, die nur teilweise durch Aushilfskräfte ersetzt werden konnten. Laut Kultusministerium ist der Etat für Aushilfslehrer erschöpft. Die Schule sucht deshalb in erster Linie für die naturwissenschaftlichen Fächer Hochschulabsolventen, die Interesse am Unterricht haben.

Gymnasien im Ausnahmezustand: Kurt Stecher, Direktor des Josef-Effner-Gymnasiums.

Kurt Stecher, Direktor des Josef-Effner-Gymnasiums.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Erwin Lenz, Direktor des Ignaz-Taschner-Gymnasiums (ITG), erwartet eine "enorme Belastung des Kollegiums". Die doppelte Arbeit setze die Bereitwilligkeit aller beteiligten Lehrer voraus, auch doppelt so viel zu leisten - was Lenz Sorge bereitet. Ob sich wegen der zusätzlichen Belastung der Krankenstand erhöhen werde, "wird sich zeigen". Turbulenzen erwartet man wegen des hohen Korrekturaufwands auch am Gymnasium Markt Indersdorf. Direktor Günther Pölsterl lobt seine Lehrer bereits jetzt für ihr "ausgezeichnetes Engagement und ihre Leistung". Sämtliche Vorbereitungen für die doppelten Abiturprüfungen verliefen reibungslos.

Kollege Kurt Stecher, Direktor am Josef-Effner-Gymnasium (JEG), spricht von einer "sehr grenzwertigen Belastung" des Lehrerkollegiums und hofft, dass sein Team die zusätzliche Arbeit gut verkraftet. "Abitur bedeutet immer Ausnahmezustand." Stechers Kollegium hat mit einer Zahl von knapp 300 die meisten Abiturienten zu betreuen. Am benachbarten Ignaz-Taschner-Gymnasium treten etwa 170 Schulabgänger zu den Prüfungen an, Indersdorf zählt rund 225 Abiturienten.

In einem Elternrundbrief an Weihnachten wirbt Stecher direkt um Interessenten, die als Aushilfskräfte an seiner Schule tätig werden wollten. Darin heißt es: "Da wir zum Halbjahr möglicherweise weitere Aushilfen benötigen, suchen wir Damen und Herrn mit der Befähigung und dem Interesse zum Unterricht, vor allen Dingen in den naturwissenschaftlichen Fächern." Zur Qualifikation merkt der JEG-Direktor an: "Hier sind auch Hochschulabschlüsse nicht direkt in den gesuchten Fächern vorstellbar." Nach Einschätzung des Philologenverbands, der die Mehrheit der Gymnasiallehrer vertritt, wird die Hälfte aller Referendare im Februar nach dem Ausbildungsende arbeitslos.

Die Hiobsbotschaft aus dem Kultusministerium, dass der Etat für Aushilfslehrer erschöpft sei, wird im Landkreis gespalten gesehen. Direktor Pölsterl sagt, sein Etat werde bis Schuljahresende ausreichen. Kollege Lenz hat bereits zwei erkrankte Lehrer. Große Probleme könnte er bekommen, sollten weitere Pädagogen erkranken. Die Lösung wird sein: Mehrarbeit, Umschichtung, Ausfälle, bis die Lehrer frei werden, die eine K13 betreut haben. Direktor Stecher stimmt das bedenklich.

Ein besonderer Ansturm

Damit der erste Schwung der Abiturienten bereits im Sommersemester mit dem Studium beginnen kann, werden die Prüfungen zeitlich versetzt: Für die Abgänger des G-9-Jahrgangs beginnen sie schon am 18. März, für die des G8 am 13.Mai. Wie Stecher erklärt, könnten die G-9-Abiturienten, die Ostern fertig sind, zum Sommersemester zu studieren beginnen. Die Universitäten erwarten wegen des Doppeljahrgangs und der Aussetzung des Wehrdienstes einen besonderen Ansturm. Die drei Direktoren hoffen, dass die Hochschulen gewappnet sind.

JEG-Schulleiter Stecher weiß, dass die Technische Universität München das spezielle Studienangebot "TUM twoinone" anbietet, das Abiturienten ermöglicht, von Mai bis September 2011 gleich zwei Fachsemester zu absolvieren. ITG-Direktor Lenz berichtet, dass seine Abiturienten die besonderen Schwierigkeiten, die sie wohl erwarten werden, noch nicht realisieren würden. "Sie sind voll im Lernstress und wollen ein gutes Abitur machen."

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