Grundversorgung:Keine Klärung am Kramer Kreuz

In wenigen Wochen schließt der Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte. Den Menschen in Haimhausen fehlt dann eine Grundversorgung. Doch der Investor, der einen Vollsortimenter bauen will, mauert im Gemeinderat und will erst Beschlüsse sehen. Das Gremium reagiert

Von Horst Kramer, Haimhausen

Die Spannung in der Schulaula stieg spürbar, als Haimhausens Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) den beiden Repräsentanten des Investors Ratisbona das Wort erteilte. Das auf Lebensmittelmärkte spezialisierte Projektentwicklungsunternehmen will bekanntlich am Kramer Kreuz südlich der Kommune einen sogenannten "Vollsortimenter" auf die grüne Wiese stellen. Seit mehr als einem Jahr geistern Namen wie Edeka, Rewe, Feneberg und T-Gut durch die Gemeinde. Wer würde es werden? Im Februar hatte Ratisbona-Projektleiter Karl Heinz Mayerhöfer eine Antwort für den April versprochen. Sein Auftritt, zusammen mit der Architektin Katrin Christoph, verschob sich auf Mai. Maierhöfers Antwort lautete nun: "Wir sind noch mit zwei Unternehmen im Gespräch." Und? "Doch ohne Aufstellungsbeschlüsse können wir nicht weiter machen. Wir haben die Gespräche unterbrochen." Das Unternehmen hatte einen "vorhabensbezogenen Bebauungsplan" beantragt, eine Sonderform eines üblichen Bebauungsplans, in dem das "Vorhaben" - hier also der Bau eines Lebensmittelmarkts - schon spezifiziert ist. Doch dieser Plan fehlt weiterhin.

Grundversorgung: Die Zeit drängt: In wenigen Wochen schließt der kleine Lebensmittelladen in Haimhausen, dann fehlt den Bürgern eine Grundversorgung. Doch auf der grünen Wiese am Kramer Kreuz tut sich nach wie vor nichts.

Die Zeit drängt: In wenigen Wochen schließt der kleine Lebensmittelladen in Haimhausen, dann fehlt den Bürgern eine Grundversorgung. Doch auf der grünen Wiese am Kramer Kreuz tut sich nach wie vor nichts.

(Foto: Toni Heigl)

Mit anderen Worten: Der Investor spielte den Ball zurück in die Hälfte der Gemeinde. Tatsächlich hatte sich das Gremium Ende März mit der Ansiedlung des Markts und einem neuen Wohngebiet westlich des Baugeländes beschäftigt. Beschlüsse wurden damals nicht gefasst. Unter anderem, weil einigen Ratsnovizen die Rechtslage bei Eingabeplanungen unklar war. Doch vor allem, weil die Stimmung gereizt war, nachdem Angelika Goldfuß (ÜWG) einige Grüne und Bürgerstimmen-Ratsmitglieder in "Querdenker"-Nähe gerückt hatte. Später entschuldigte sie sich dafür.

Maierhöfer und Christoph kennen diese Vorgänge vermutlich nicht. Ihr Besuch währte kaum zehn Minuten. Maierhöfer sagte nur noch, dass sein Unternehmen "einige Gutachten" in Auftrag gegeben habe, "obwohl die Aufstellungsbeschlüsse fehlen." In der Fragerunde hakte Goldstein nach, wie es mit den Zusagen der Betreiber für eine Zwischenversorgung aussähe. Denn der kleine Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte schließt in wenigen Wochen seine Tore, der Bevölkerung Haimhausens fehlt dann ein Geschäft für die Grundversorgung. Maierhöfer berichtete, dass beide Kandidaten Bereitschaft signalisiert hätten, einen Shuttledienst einzurichten. Ein Hinweis darauf, dass es sich bei den beiden Interessenten um Edeka (mit Märkten in Ampermoching, Fahrenzhausen und Unterschleißheim) und Rewe (mit einem Markt in Eching) handeln könnte.

Zu Goldsteins Nachfrage nach einer übergangsweisen Übernahme des Ladens in der Hauptstraße sagte er nichts. Auf Thomas Mittermairs (CSU) Nachfrage, ob Ratisbona schon in Sachen der Gebäudepositionierung weitergekommen sei, antwortete der Projektleiter: "Wir prüfen beide Möglichkeiten." Im Februar hatte die Architektin Christoph einen Plan gezeigt, auf dem direkt an der Münchner Straße eine große Parkplatzfläche ausgewiesen war, das Marktgebäude schloss sich westlich davon an. Das Gremium hatte damals eine gespiegelte Anordnung vorgeschlagen. Maierhöfer nannte noch ein zweites Detail: Seine Firma habe sich mit dem Grundstücksbesitzer geeinigt, das Gelände bei Bedarf zu erweitern. Eine durchaus interessante Aussage, denn sie hat unmittelbar Auswirkungen auf das westlich des Marktes angedachte Wohngebiet. Doch keines der Ratsmitglieder bohrte nach.

Immerhin konnte Rechtsanwalt Michael Beisse, der Rechtsbeistand der Gemeinde, die Ratsmitglieder noch von den Sorgen befreien, die im März den Beschlüssen entgegenstanden. Eingabeplanungen seien nicht rechtskräftig. Erst mit einem Satzungsbeschluss ändere sich die Lage. Schließlich segnete das Gremium die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans mit nur einer Gegenstimme ab. Dann verabschiedeten sich Maierhöfer und Christoph, ohne Aussagen zu weiteren Terminen zu machen. In Haimhausen ist man so klug wie zuvor.

Namensgebung

In einer der Pausen des Märzsitzung wollte die Dachauer SZ von Bürgermeister Felbermeier wissen, woher eigentlich die Bezeichnung "Kramer Kreuz" stamme und warum die Gemeinde auf die getrennte Schreibung des Namens Wert lege, der MVV hingegen auf die Schreibung "Kramerkreuz". Der aus Ampermoching stammende Rathauschef gestand: "Da erwischen sie mich auf dem falschen Fuß." Er reichte die Frage an einige alteingesessene Rätinnen und Räte weiter. Das überraschende Ergebnis: Niemand wusste die Antwort. Vor dem Maitreffen des Gemeinderats kam Felbermeier freudestrahlend auf den SZ-Reporter zu und sagte: "Jetzt wissen wir, wie das Kramer Kreuz zu seinem Namen kommt." Einst hatte ein Landwirt in der Ortsmitte einen "Kramerladen" betrieben, also ein kleines Geschäft, in dem man von Lebensmitteln bis Nägeln so ziemlich alles erwerben konnte.

Die Familie zog irgendwann aus dem Ort hinaus auf ihre landwirtschaftlichen Flächen und errichtete dort ein Kruzifix - das noch heute an der Münchner Straße steht, gegenüber der Einmündung der Grundfeldstraße. Die Bevölkerung nannte dieses Kruzifix das "Kramer Kreuz", nach der Nebentätigkeit des Errichters. Die Bezeichnung hat also nichts mit der Kreuzung der Münchner Straße mit der Alleestraße zu tun, wie manche Zugezogene meinen, sondern bezieht sich auf das Kruzifix. kram

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