Dachauer Kommunen:Grundsteuerreform sorgt für Unsicherheit

Teurer Wohnen?

Grundsteuer wird für Ackerfläche ebenso wie für Mehrfamilienhäuser wie hier in Dachau-Webling fällig. Künftig soll sie fairer berechnet werden.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Bereits 2019 wurde auf Bundesebene eine Neuregelung beschlossen, der Freistaat Bayern will zudem eigene Regeln erlassen. Mehrere Landkreiskommunen bangen nun um ihre Grundsteuereinnahmen

Von Julia Putzger, Dachau

Steuereinnahmen sind in der Pandemie ein leidliches Thema für die Kommunen, nicht nur im Landkreis: Die wichtigen Einnahmen aus der Gewerbe- und der Einkommensteuer sinken in der Krise und bringen damit die Finanzen der Gemeinden ins Wanken. Zumindest auf eine Steuer war bisher jedoch Verlass: An der Grundsteuer konnte auch Corona nicht rütteln, bundesweit liegt das Aufkommen jährlich bei rund 15 Milliarden Euro. Doch die Grundsteuerreform bringt diese Konstante ins Wanken, besonders über eine bayerische Sonderregelung wird aktuell heftig im Landkreis diskutiert.

Auslöser der Reform war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die bisher geltende Grundsteuer 2018 für verfassungswidrig erklärte - unter anderem, weil die Berechnungsgrundlage teilweise auf Zahlen aus den Jahren 1935 und 1964 fußt und eigentlich gleichwertige Grundstücke ungleich behandelt werden. Auf Bundesebene wurde deshalb Ende 2019 eine Reform beschlossen, die es den Bundesländern jedoch erlaubt, eigene Regeln zu erlassen. Das hat der Freistaat unter Führung von CSU und Freien Wählern vor: Statt, wie auf Bundesebene geplant, den Besitzwert in die Berechnung mit einzubeziehen - also zum Beispiel die durchschnittliche Nettokaltmiete oder ob sich das Grundstück in bester Lage in Stadtmitte oder am Ortsrand befindet - soll es eine sogenannte "Einfach-Grundsteuer" geben. Zwar macht es etwa einen Unterschied, ob ein Gebäude zum Wohnen genutzt wird oder es sich um ein Denkmal handelt, generell soll das Berechnungsmodell als Flächensteuer aber vor allem unbürokratisch und transparent sein und ohne die regelmäßige Neubewertung des Grundstückswerts auskommen. Der bayerische Ministerrat hat den entsprechenden Gesetzesentwurf bereits im Dezember beschlossen, im Landtag wird diesen Donnerstag erstmals über das Thema debattiert. Das dürfte spannend werden, denn ein von den Landtags-Grünen beauftragtes juristisches Gutachten stellte gleich mehrere Verfassungsverstöße im Entwurf fest.

In Kraft tritt die Reform aber ohnehin erst ab 2025 - für die Gemeinden im Landkreis also vorerst kein Grund, in Panik zu verfallen. "Da gibt es noch so viele ungelegte Eier, zu vielen Fragen, da müssen wir abwarten", sagt etwa der Indersdorfer Bürgermeister Franz Obesser (CSU). Fest steht jedoch: Die Grundsteuer ist eine nicht zu vernachlässigende Geldquelle, die besonders in Krisenzeiten, in denen auf andere Steuereinnahmen weniger Verlass ist, im kommunalen Haushalt eine wichtige Rolle spielt. Eine "gute Million Euro" sind es in Markt Indersdorf, wobei den Löwenanteil die Grundsteuer B ausmacht (siehe Infokasten). Dank der Reform ist bundesweit auch die Einführung einer Grundsteuer C für baureife, aber nicht bebaute Grundstücke möglich - ein Druckmittel, um das Horten von Grundstücken zu unterbinden. In Bayern ist eine solche nicht angedacht.

Das ärgert vor allem die Vertreter des Bayerischen Städtetags, wie sie in zahlreichen Pressemitteilungen kundtun. Eine weitere Befürchtung äußerten dessen Mitglieder nach ersten Rechenproben: Dass die in Bayern angedachte "Einfach-Grundsteuer" zu Mindereinnahmen der Kommunen führen wird. Da diese aber keinen direkten Einfluss auf die Regelungen haben, könnten sie die Verluste nur durch Erhöhung ihrer Hebesätze ausgleichen - eine Option, von der schon jetzt Gebrauch gemacht wird. So hat beispielsweise die Gemeinde Karlsfeld ihren Hebesatz für die Grundsteuer B zum Jahresbeginn auf 400 Prozent erhöht - ein Spitzenwert im Landkreis, den Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) mit der "aktuellen finanziellen Situation" seiner Gemeinde begründet. Auch er betont: "Mit knapp drei Millionen Euro ist die Grundsteuer ein sehr wichtiges Instrument für unseren Haushalt."

Auch Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) wirkt aktuell, da der städtische Haushalt auf wackeligen Beinen steht und an allen Ecken gespart werden muss, nicht mehr so zuversichtlich wie vor rund zwei Jahren, als er gegenüber der SZ betonte, "kein Geschäft mit der Grundsteuer" machen zu wollen. Nun sagt er lediglich: "Im Moment kann ich dazu noch nichts sagen. Aber die Stadträte werden sicher diskutieren müssen, ob angesichts der aktuellen Lage an dieser Schraube gedreht werden soll." Dachaus Kämmerer Thomas Ernst vermutet, dass sich durch die Reform am Steueraufkommen in der Stadt eher wenig ändern wird, es aber zu Verschiebungen kommt, also manche Bürger künftig mehr, manche weniger Grundsteuer zahlen müssen. "Das ist aber nicht ungerecht, sondern ein Versuch, mehr Gerechtigkeit reinzubringen", so Ernst.

Grundsteuer

Bei der Grundsteuer muss zwischen den zwei Typen A - für landwirtschaftlich genutzte Flächen - und B für alle weiteren Flächen unterschieden werden. Berechnet wird der zu zahlende Betrag bisher in einem dreistufigen System: Das Finanzamt legt den Einheitswert des Grundstücks fest. Dieser wird mit der Grundsteuermesszahl multipliziert und ergibt so den Grundsteuermessbetrag, wobei die Messzahl zwischen 2,6 und zehn Promille beträgt und je nach Gebäudetyp festgesetzt ist. Der Grundsteuermessbetrag wird schließlich mit dem Hebesatz, den jede Gemeinde individuell festlegt, multipliziert und ergibt die Grundsteuer. In der Regel muss der Grundeigentümer diese zahlen, über die Nebenkosten kann sie jedoch auch auf Mieter umgelegt werden. JUPU

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