Gretchenfrage:Streit unter Verwandten

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Regisseur Herbert Müller hat Gotthold Ephraim Lessings Stück Nathan der Weise gekürzt und für das Hoftheater modernisiert. (Foto: Toni Heigl)

Das Hoftheater Bergkirchen inszeniert "Nathan der Weise"

Man kann nicht immer nur Komödien spielen. Mit der ersten Premiere in diesem Jahr präsentiert das Hoftheater Bergkirchen ein Theaterstück, dass so erschreckend modern ist, dass sich Pessimisten fragen könnten, ob die Menschheit in den vergangenen 240 Jahren eigentlich überhaupt irgendetwas dazu gelernt hat. Es scheint Fragen zu geben, und zu ihnen gehört die ewige Gretchenfrage nach der Religion, die einfach jede Generation erneut für sich diskutieren möchte.

Dabei sind alle Fragen in Gotthold Ephraim Lessings "Nathan der Weise" von 1779 eigentlich auf alle Zeiten beantwortet. Wenn sich eine Schulpflichtlektüre lohnt, wieder aus dem Schrank zu nehmen, dann diese. Den Göttern aller Welt- und anderer Religionen sei dank, gibt es aber das Hoftheater Bergkirchen. Man muss sich also nicht allein durch das vollgekritzelte Reclam-Heftchen arbeiten, man darf gespannt am Freitag, 8. Februar, zur Premiere schreiten. Die spielwütige Berufsdarstellertruppe hat das Stück nicht klassisch mit sechs Haupt- und ein paar Nebenrollen einstudiert. Regisseur Herbert Müller hat eine auf das Wesentliche beschränkte Fassung für vier Darsteller geschrieben. Diese präsentieren Jürgen Füser, Jessica Dauser, Robert Gregor Kühn und Ansgar Wilk nicht nur an ihrem freien Landestheater in der Mühlstraße 8 in Bergkirchen, sondern auch an Schulen. Sie gehen auf Tournee.

Nathan der Weise, das ist die Ring-Parabel. Aber nur zu einem Teil. Vielmehr ist dieser Klassiker der Welt- und Theaterliteratur ein orientalisches Märchen, eine klassische Soap-Opera und vor allem ein Plädoyer für Toleranz. - So beschreibt es das Hoftheater selbst. Und weiter: "Der eingeforderte interkulturelle Dialog zwischen Christentum, Islam und Judentum, basierend auf Vernunft und Humanität, lässt sich heute im Kontext fundamentalistischer Konflikte wie zu Lessings Zeiten, nur wie ein Märchen lesen. Ein Märchen, das dem Strukturprinzip der Komödie folgt. Humor als Statement gegen die Barbarei ist eine Möglichkeit, den alles überschattenden Zerwürfnissen zu begegnen."

Wer sich nicht mehr erinnert: Während der jüdische Kaufmann Nathan auf Reisen ist, wird dessen Tochter Recha von einem christlichen Tempelherrn aus dem brennenden Haus gerettet. Der junge Mann war zuvor vom muslimischen Herrscher Sultan Saladin begnadigt worden. Nathan und Saladin sind Freunde, ihm trägt Nathan seine Ringparabel vor, die Geschichte vom Ring, den der Vater dem Lieblingssohn vererben soll. Weil er aber alle drei Söhne gleichermaßen liebt, lässt er vom ersten Ring zwei ebenso schöne und genauso kostbare Duplikate anfertigen. Seither befasst sich nicht nur der Richter in der Prabel, sondern die Menschheit mit der Frage, welcher der Ringe und welche der drei großen Religionen denn nun die einzig wahre sei. Karten für die Premiere am Freitagabend gibt es noch unter Telefon 08131/326 400, mail@hoftheater-bergkirchen.de oder an der Abendkasse. Beginn ist um 20 Uhr.

© SZ vom 07.02.2019 / vgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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