Mitten im Gericht:Karla Kolumna ist schuld

Mitten im Gericht: In der Zeichentrickserie "Benjamin Blümchen" erlebt die rasende Reporterin Karla Kolumna (rechts) immer spannende Geschichten. Die Realität einer Lokaljournalistin sieht da etwas anders aus.

In der Zeichentrickserie "Benjamin Blümchen" erlebt die rasende Reporterin Karla Kolumna (rechts) immer spannende Geschichten. Die Realität einer Lokaljournalistin sieht da etwas anders aus.

(Foto: OBS)

Als Kind wollte die Autorin ein Leben führen wie die rasende Reporterin. Der Berufsalltag einer Lokaljournalistin ist oft jedoch deutlich weniger aufregend als der der Zeichentrickfigur.

Glosse von Jacqueline Lang, Dachau

Manche Kinder wollen, wenn sie einmal groß sind, Astronautinnen werden. Andere wollen Tierärzte, Feuerwehrfrauen oder Clowns werden. Und wieder andere, so wie die Autorin dieser Zeilen, haben schon als kleines Mädchen davon geträumt, so zu sein wie Karla Kolumna. Wer sie nicht kennt: Das ist die rasende Reporterin aus der Zeichentrickserie "Benjamin Blümchen". Kolumna arbeitet unter anderem bei der Neustädter Zeitung und ist immer auf Achse, keine Neuigkeit bleibt ihr verborgen. Genauso hat man sich das als Kind vorgestellt, dieses aufregende Journalistinnen-Dasein.

Nun ist es nur leider so, dass Vorstellung und Wirklichkeit oft auseinanderklaffen. Zum Beispiel dann, wenn man angewiesen ist, als Gerichtsreporterin einer Lokalzeitung über Verbrechen zu berichten. Denn beim allerersten Mal vor Gericht ist man zwar ein bisschen aufgeregt, spätestens beim dritten Mal aber hat sich die Ehrfurcht vor den Menschen in schwarzer Robe abgekühlt und man hofft einfach nur, dass nicht weitere Verhandlungstage angesetzt werden oder mal wieder eine Zeugin es nicht für nötig befindet, zu erscheinen. Besonders ärgerlich sind aber die Tage, an denen man sich besonders früh aus dem Bett quält, nur um dann vom Wachpersonal des Amtsgerichts zu erfahren, dass die Betrugssache um 8.45 Uhr einfach ganz ausfällt.

Egal, denkt sich die rasende Reporterin, als das am Dienstagmorgen mal wieder passiert. Dann holt man sich eben noch schnell einen Kaffee und setzt sich stattdessen in die 9.45-Uhr-Verhandlung, der Vorwurf gefährliche Körperverletzung verspricht schließlich auch spannend zu werden. Was man nicht bedenkt: Die Mühlen der Justiz mahlen deutlich langsamer, als die der Kaffeemühle beim Bäcker. Als man nämlich eine Stunde später wieder vor demselben Sitzungssaal steht, ist nur wenige Minuten vor dem eigentlichen Prozessbeginn wie durch magische Hand plötzlich auch diese Gerichtsverhandlung durchgestrichen und fällt damit ebenfalls aus. Ob man das nicht früher hätte wissen können? Offenbar nicht.

Die Reporterin, die an diesem Tag höchstens rasend vor Wut ist, muss sich jedenfalls notgedrungen damit abfinden, dass das Leben als Journalistin eben längst nicht nur aufregend und ereignisreich ist, sondern oft auch eine Mischung aus Warten und schlechtem Kaffee ist - egal, was die Zeichentrickfigur Karla Kolumna einen als kleines Mädchen hat glauben lassen.

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