Süddeutsche Zeitung

Gesundheitsreport der DAK:Volkskrankheit Depression

Immer mehr Arbeitnehmer melden sich mit psychischen Problemen krank. Im Landkreis Dachau haben die Fehltage aus diesem Grund um zehn Prozent zugenommen.

Rudi Kanamüller

Alarmierende Entwicklung: Immer mehr Arbeitnehmer werden aufgrund psychischer Probleme krank geschrieben. Wie aus dem Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hervorgeht, sind die psychischen Erkrankungen mit 13,6 Prozent aller Ausfalltage erstmals auf Rang drei der Fehlzeiten vorgerückt. Die Kasse registriert in den Landkreisen Dachau und Fürstenfeldbruck im vergangenen Jahr eine Zunahme der Krankmeldungen aufgrund von psychischen Problemen um zehn Prozent. Insgesamt hätten die Ausfalltage in beiden Landkreisen 2011 um 0,2 Prozent zugenommen, heißt es im DAK-Gesundheitsreport 2012. Mit einem Krankenstand von 2,9 Prozent lag der Anteil in der Region aber weiter etwas unter dem Landesdurchschnitt. Der höchste Krankenstand in Bayern wurde mit 3,9 Prozent im Landkreis Bad Kissingen verzeichnet, der niedrigste mit 2,3 Prozent in Starnberg.

Die Auswertung der Krankheitstage bei den wichtigsten Diagnosen zeigt zudem: Die meisten Krankschreibungen hat es aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gegeben. Stark erhöht habe sich die Zahl an Verletzungen und Vergiftungen. Hier gibt es eine Steigerung um 19 Prozent. Zugenommen haben dem Report zufolge auch die Krankmeldungen aufgrund von psychischen Erkrankungen wie Depressionen. 2011 waren an jedem Tag des Jahres von 1000 DAK-Versicherten Arbeitnehmern 29 krankgeschrieben.

Eine Zunahme von Krankheiten, die auf psychische Probleme zurückzuführen sind, erkennt auch die Klientenzentrierte Problemberatung in Dachau. "Die psychischen Erkrankungen", sagt Bärbel Löhnert von der Beratungsstelle, "arbeiten sich nach vorne." Noch vor wenigen Jahren rangierten Krankheiten aufgrund von psychischen Problemen in den Statistiken weit hinten. Bei der Tätigkeit in der Suchtambulanz zeige sich, dass hinter einer Suchterkrankung häufig auch Formen von Depressionen oder Angstzuständen stünden. Und Depressionen wiederum würden dann oftmals mit "nicht adäquaten Suchtmitteln bekämpft". Motto: Ich trinke Alkohol, dann geht es mir schon wieder besser. Die wenigsten bemerkten allerdings, dass sie dann schon mitten in der Sucht steckten, erklärt Löhnert.

Der leicht steigende Krankenstand in der Region ist ein Signal zum Handeln, um den Trend möglichst umzukehren", kommentiert Elmar Denzel von der DAK-Geschäftsstelle die Ergebnisse des Gesundheitsreports.

So leiden einer repräsentativen Untersuchung zufolge in Bayern 11,8 Prozent der Berufstätigen an einer sogenannten Gratifikationskrise. Das ist der Fall, wenn Belastungen und Belohnungen nicht als ausgeglichen empfunden werden. Solche Personen leiden häufiger unter Stimmungsschwankungen, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. Denzel: "Die Menschen haben Stress im Job, weil sie sich für ihre Anstrengungen nicht ausreichend belohnt fühlen." Dadurch verdopple sich bei den Betroffenen das Risiko für eine schwere Herzerkrankung. Stress und Frust im Beruf können zudem das Infarkt-Risiko deutlich erhöhen. Die DAK: "Herzinfarkte sind schon lange keine Managerkrankheit mehr."

Die DAK appelliert deshalb an die Arbeitgeber, ihr betriebliches Gesundheitsmanagement einzusetzen, um die Betroffenen zu unterstützen. Nach aktuellen Gesundheitsstatistiken ist der Herzinfarkt die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. In Bayern starben im Jahr 2010 laut der DAK insgesamt 8325 Personen an einem Herzinfarkt.

Einen "niedrigen Krankenstand im Landkreis Dachau" macht hingegen die Betriebskrankenkasse BKK A.T.U. unter ihren Mitgliedern aus. Peter Hanrieder von der BKK: "Mit 12,6 Fehltagen liegen die beitragspflichtig Beschäftigten im Landkreis Dachau sowohl knapp unter dem bayernweiten Durchschnitt und sogar deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 14,8 Fehltagen. Die BKK A.T.U. hat im Landkreis Dachau 15 673 Pflichtmitglieder. Die Zahlen geben den Krankenstand aus dem Jahr 2011 an. Gleichauf mit den Dachauern sind in etwa die Nachbarn aus Fürstenfeldbruck. Von 16 725 Mitgliedern waren durchschnittlich im Jahr 3,8 Prozent arbeitsunfähig gemeldet. Die Fehltage beliefen sich dabei auf 13,8 Tage im Jahr.

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Quelle:
SZ vom 29.08.2012
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