Süddeutsche Zeitung

Geschmackloses Spielzeug:Verkaufsstopp für KZ-Puzzle

Das Grauen in 252 Teilen: Ein Anbieter stellte beim Internethändler Amazon ein Puzzle zum Verkauf, das die Öfen im KZ Dachau zeigt. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt protestierte - mit Erfolg. Der Hersteller verzichtet nun auf das geschmacklose Spielzeug.

Robert Roßmann, Berlin

Das Puzzle besteht aus 252 Teilen des Grauens. Wer sie erfolgreich zusammenlegt, hat ein Foto der Öfen des Konzentrationslagers Dachau vor sich. Tausende Häftlinge wurden in dem Krematorium verbrannt. Den britischen Fotografen Robert Harding und seinen Vermarkter Mediastorehouse hat das nicht davon abgehalten, das Foto beim Internethändler Amazon als Spielzeugpuzzle anzubieten - laut Beschreibung geeignet für Kinder ab acht Jahren. 24,99 Dollar kostete das "Puzzle of Crematorium at Dachau concentration camp". Dank einer Intervention der CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt hat diese erschütternde Geschmacklosigkeit nun ein Ende.

Dachau liegt in Hasselfeldts Wahlkreis. Als sie von dem Puzzle hörte, schrieb sie an den Fotografen und an Amazon-Chef Jeff Bezos einen Brief. Jetzt hat ihr der Fotograf geantwortet: "Es ist sehr unglücklich, dass das Foto für ein Puzzle benutzt wurde", schreibt Harding. Er habe "volles Verständnis" für den Unmut Hasselfeldts. Mediastorehouse würde das Fotopuzzle deshalb künftig nicht mehr vertreiben. Wer auf die Seiten von Amazon und Mediastorehouse geht, sieht, dass das Puzzle tatsächlich aus dem Angebot genommen wurde.

Max Mannheimer von der Lagergemeinschaft Dachau hat sich deshalb in einem Brief bei Hasselfeldt bedankt. Es sei bestürzend, "wenn Geschäftemacher nicht davor zurückschrecken, den Holocaust für ihre Zwecke ganz kalkuliert zu missbrauchen", schreibt Mannheimer. Das Puzzle sei ein "Ausdruck purer Menschenfeindlichkeit". Der 92-Jährige kämpft seit Jahrzehnten vor allem in Schulen gegen ein Vergessen der Nazi-Gräueltaten.

Der Präsident des "Internationalen Lagerkomitees Dachau", Pieter Diez de Loos, zeigte sich in einem eigenen Dankesbrief zufrieden, dass "der Vertrieb dieses scheußlichen ,Spiels' eingestellt wurde". Es sei "widerlich", dass die Öfen für ein Puzzle genutzt worden seien. Hasselfeldt sagte am Donnerstag, niemand dürfe "hinnehmen, dass die Opfer der menschenverachtenden Mordmaschinerie des Dritten Reiches verhöhnt werden und Händler damit auch noch Geld verdienen". Für die Überlebenden des KZ Dachau und die Familien der Opfer sei das Puzzle "ein Schlag ins Gesicht". Ziel ihres Protestes sei es deshalb gewesen, "dass das KZ-Puzzle aus dem Internet-Angebot verschwindet". Dies sei jetzt erreicht.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2012/sonn
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