Gesamtstädtische Lösung gesucht:Weniger Parkplätze, mehr Halteverbote

Parksituation

Seitdem es Parkuhren gibt, sind die Straßen am Bahnhof leer geworden. Nun soll das System ausgeweitet werden.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Der Stadtrat möchte den Verkehr in Dachau verringern und das Autofahren vor allem innerorts gezielt unattraktiver machen. Für zusätzliche Fahrradspuren sollen Stellplätze im Stadtgebiet verschwinden

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Stadträte wollen sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung an eines der am schwersten zu lösenden Probleme Dachaus wagen: den Straßenverkehr. Einig sind sich alle in ihrem Ziel, den Verkehr zu verringern. Auf lange Sicht sollen auch Stellplätze getilgt werden - in dem sie umgewidmet werden zu Fahrradspuren, mehr Platz für Fußgänger oder schlicht zu Grünstreifen. Es soll deutlich mehr Parkraumbewirtschaftung geben sowie Halte- und Parkverbote. Bauamtsleiter Michael Simon sagte, es müsse "eine gesamtstädtische Lösung" gefunden werden. "Wir müssen effektiv bewirtschaften", sagte Stadtrat Norbert Winter (Bürger für Dachau). "Wir dürfen nicht das Problem von einer Nachbarschaft in die nächste verschieben."

Das Problem ist vor allem der sogenannte ruhende Verkehr, also parkende Autos. Autos von Pendlern, Dachauern ohne eigenen Stellplatz, Lkws. Seitdem in Augustenfeld in Bahnhofsnähe Parkuhren aufgestellt wurden, ist es dort tagsüber recht leer. Einige Pendler weichen auf Straßen jenseits der Schleißheimer Straße aus. Solche Verdrängungseffekte waren erwartet und befürchtet worden. Die Stadträte zeigen nun Einigkeit in der Meinung, entsprechend mehr Regelungen zu erlassen.

Eigentlich sollten im Umwelt- und Verkehrsausschuss am Dienstag Stellplatzsatzungen für Fahrräder und Autos beschlossen werden. Das Thema war bereits einmal vertagt worden. Doch zum Beschluss kam es wieder nicht. Stattdessen entwickelte sich eine lange Diskussion über die Auswirkungen jeglicher Regelungen.

So warb Bernhard Sturm vom Bündnis dafür, grundsätzlich Bauherren zu erlauben, weniger Stellplätze zu schaffen. Auch, weil es Geld spart. "Aber natürlich müssen diese Ersparnisse beim Mieter oder Käufer ankommen." Außerdem dürfe das Ergebnis nicht sein, dass durch weniger Stellplätze am Haus der öffentliche Raum zugeparkt werde. Die Stadträte forderten Fakten. "Welche Auswirkungen hat die Zahl der Stellplätze?", fragte Sturm. Wie Verkehrsreferent Volker C. Koch und auch Norbert Winter sprach er sich gegen allzu starre Regeln aus. Die Stadtverwaltung selbst hat neulich einer Steuerkanzlei an der Münchner Straße erlaubt, weniger Stellplätze als vorgeschrieben zu schaffen. "Sie konnten nachweisen, dass die Mitarbeiter mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit kommen. Das wird von der Firma sogar gefördert", erklärte Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD).

Laut verschiedenen Studien gilt es als belegt, dass mehr Parkplätze mehr Verkehr schaffen. Wie auch mehr Straßen mehr Autoverkehr begünstigen. Das Bündnis für Dachau hatte daher kürzlich in einem Stadtratsantrag gefordert, den Parkraum allgemein um zwei Prozent jährlich zu verringern. Dieser pauschalen Forderung wollte sich keine andere Fraktion anschließen und der Antrag wurde abgelehnt. In der Sitzung am Dienstag aber klingt erneut grundsätzliches Verständnis für das Anliegen durch. Auch bei der CSU, die als am ehesten Autofahrer-freundlich gelten kann. Wie der gewonnene Straßenraum umgebaut werde, sei letztlich nur eine Haushaltsfrage, erklärt Gertrud Schmidt-Podolsky. Die einmal mehr auch an das stets von der CSU verteidigte Konzept der Quartiersgaragen erinnert. Solche sollen etwa dereinst auf dem MD-Gelände entstehen. Straßenzüge können durch die zentralen Abstellplätze verkehrsberuhigt werden. Den Schlüssel der Stellplatzsatzung möchte die CSU derzeit weder erhöhen noch reduzieren. Darauf einigen sich schließlich alle Stadträte. Allerdings soll geprüft werden, wie der Schlüssel jeweils an die Lage eines Objektes und die Art der Nutzung angepasst werden kann. Das ist etwa für das neue Wohngebiet in Augustenfeld wichtig, wo wegen der Nähe zur S-Bahn ohnehin darüber nachgedacht wird, von vornherein autofreie Viertel zu schaffen.

Doch nicht allein der Pendlerverkehr setzt der Großen Kreisstadt zu. "Die Stadt Dachau hat erstaunlich viel Binnenverkehr", sagt Bauamtsleiter Simon. Diese eher kurzen Wege von einem Stadtviertel zum nächsten sehen die Planer als am ehesten vermeidbar an. Erklärtes und stets wiederholtes Ziel ist es daher, den Nah- und Radverkehr attraktiver zu machen. Busfahrzeiten wurden bereits ausgedehnt, angestrebt werden Fahrzeiten bis Mitternacht. Neben dem Ausbau der Radwege wird regelmäßig auch über mehr und vor allem ordentliche Abstellmöglichkeiten für Fahrräder nachgedacht. "So ein Stellplatz darf nicht im Keller sein", sagt Franz Vieregg (ÜB). "Das Fahrrad muss vorm Haus stehen, damit es auch benutzt wird." Bequemlichkeit ist stets ein Schlagwort in den Diskussionen.

Einstimmig ergeht der Auftrag an die Verwaltung, eine Fahrradabstellsatzung zu erarbeiten und einen Vorschlag für die flächendeckende Bewirtschaftung des öffentlichen Parkraums vorzulegen. Außerdem sollen mittelfristig Autostellplätze reduziert werden. "Wir stoßen heute ein sehr umfangreiches Projekt an", schließt Oberbürgermeister Hartmann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: