Genmais:Ruf nach Verbot

Bauern und Imker kritisieren die Enthaltung der Bundesregierung in der EU-Abstimmung über die Genmaissorte 1507. Angst vor Bienensterben und wachsender Abhängigkeit der Landwirtschaft von Industriekonzernen.

Von Sophie Burfeind

Genmais

Genmais (symbolbild).

(Foto: dpa)

Mit großen Transparenten protestierten vergangene Woche Imker und Milchbauern in Fürstenfeldbruck gegen die Zulassung des umstrittenen Genmaises. Im Landkreis Dachau kam es zwar bislang noch nicht zu Kundgebungen dieser Art - dennoch ist auch hier die Empörung unter Bauern, Imkern und Politikern groß, dass die Genmaissorte 1507 künftig in Europa angebaut werden darf.

Vergangene Woche war es bei einer Abstimmung im Ministerrat der EU für oder gegen die Zulassung der gentechnisch veränderte Maislinie 1507 zu keinem eindeutigen Ergebnis gekommen. Im Klartext heißt das: Der Genmais wird wohl EU-weit zugelassen. Scharfe Kritik rief dabei die Enthaltung der Bundesregierung hervor - obwohl die Mehrzahl der Deutschen Agrogentechnik entschieden ablehnt, konnte sich die Regierung auf keine klare Position einigen.

Die Maissorte 1507 ist vor allem deshalb umstritten, weil sie ein Gen enthält, das Giftstoffe produziert, um Insekten wie den Maiszünsler zu töten. Durch diese Kleinschmetterlingssorte werden weltweit etwa vier Prozent der Maisernte pro Jahr vernichtet. Kritiker befürchten jedoch, dass auch andere Insekten darunter leiden könnten. "Auch unsere Bienen wären davon betroffen", gibt Walter Niedermeier, Vorsitzender des Kreisimkervereins Dachau, zu bedenken. Abgesehen davon, dass massenweise Bienen an dem Gift sterben könnten, wäre auch die Reinheit des Produkts nicht länger sichergestellt. "Man kann den Bienen ja nicht vorschreiben, zu welchen Pollen sie fliegen dürfen", bemerkt Niedermeier. "Und die Verbraucher wollen gentechnikfreien Honig." Dass bei der Enthaltung der Bundesregierung Wirtschaftsinteressen, nicht aber die Wünsche der Verbraucher und Erzeuger ausschlaggebend gewesen seien, ärgert ihn am meisten. Hans Foldenauer, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) empört sich, dass die Bundesregierung die Abhängigkeit der Landwirtschaft von großen Industriekonzernen unterstütze. Schließlich böten die Konzerne nicht nur die Genmaissorte, sondern auch gleich das passende Pflanzenschutzmittel an. Sein Fazit: "Wir sehen absolut keinen Vorteil in dem Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen. Die Ausbreitung ist unkontrollierbar, man braucht insgesamt mehr Pflanzenschutzmittel und größere Erträge gibt es auch nicht."

Anton Kreitmair, Präsident des oberbayerischen Bauernverbands, befürchtet zudem einen erheblichen Imageschaden der Landwirte. "Viele Haftungsfragen sind noch nicht ausreichend geklärt", sagt er. Als CSU-Landtagsabgeordneter hatte er sich für ein EU-weites Verbot von gentechnisch verändertem Saatgut eingesetzt. Nach dem Entscheid forderte er mit einem Dringlichkeitsantrag im Landtag die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, nach der die Bundesländer, entscheiden können, ob sie den Genmais anbauen wollen oder nicht. "Wir hoffen natürlich, dass viele Bundesländer nachziehen werden, wenn wir in Bayern ein Verbot durchgesetzt haben."

Zur Kritik am Verhalten seiner Kollegin Gerda Hasselfeldt will er sich aber nicht äußern. Die CSU-Abgeordnete des Wahlkreises Fürstenfeldbruck/Dachau hat in den vergangenen Wochen etwas widersprüchlich gehandelt: So lehnte sie am 30. Januar einen Antrag der Grünen im Bundestag ab, die ein deutliches "Nein" der Bundesregierung zur Genmaiszulassung forderten. Nach der Abstimmung gab sie sich allerdings wieder als entschiedene Genmais-Gegnerin.

Dies kommentiert die Sprecherin des Grünen-Kreisverbandes Dachau, Luise Krispenz, mit den Worten: "Es ist eine Illusion, Bayern könne dauerhaft gentechnikfrei bleiben, wenn die CSU gleichzeitig die Zulassung neuer Gentech-Pflanzen auf EU-Ebene mit durchwinkt." Die Grünen werfen der CSU mangelndes Rückgrat auf Bundesebene vor. Doch auch aus den eigenen Reihen kommt heftige Kritik: Franz Lenz, CSU-Mitglied und Kreisobmann des Bauernverbands in Ebersberg, etwa bezeichnet das Verhalten der eigenen Partei als "Wählerbetrug" und droht mit dem Austritt. Die ÖDP-Kreisrätin Mechthild Hofner aus Karlsfeld begrüßt den Entschluss des Umweltministers Marcel Huber (CSU), dass Bayern dem "Netzwerk gentechnikfreier Regionen in Europa" beitreten wird. ÖDP, Freie Wähler, Grüne und SPD fordern das schon seit Jahren. Doch kritisiert auch sie die unklare Position der CSU zum Thema Gentechnik - in der Diskussion um die Autobahnmaut für Ausländer habe die Partei jedenfalls eine wesentlich größere Durchsetzungsfähigkeit bewiesen.

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