Gemeinderatssitzung :Nachbarschaftsstreit

Waldstück bei Weißling

Direkt an der Landkreisgrenze zu Freising plant die Nachbarkommune Hohenkammer in diesem Waldstück bei Weißling ein Kiesabbaugebiet.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Gemeinde Hohenkammer plant an der Grenze zum Petershausener Ortsteil Weißling ein Kiesabbaugebiet. Das lehnt der Gemeinderat einstimmig ab - Bürgermeister Fath will gegen das Projekt auch juristisch vorgehen

Von Petra Schafflik, Petershausen

Deutlicher hätte das Veto nicht ausfallen können: Das Konzept der Gemeinde Hohenkammer, die aktuell mit einem Flächennutzungsplan (FNP) potenzielle Areale für den Kiesabbau festlegen will, lehnen die Petershausener kategorisch ab. Das hat der Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats jetzt einstimmig entschieden. Die klare Position überrascht nicht, denn die im FNP-Entwurf der Nachbarkommune Hohenkammer im Landkreis Freising vorgesehene Kiesabbaufläche liegt direkt an der Grenze zu Petershausen, nur einen Steinwurf vom Ortsteil Weißling entfernt. "Den Nutzen haben die einen, die Lasten die anderen", sagte Bürgermeister Marcel Fath (Freie Wähler) sichtlich verärgert. Auch die Gemeinderäte waren sich quer durch die Fraktionen einig, befürchten Staub- und Lärmbelastungen für die Anwohner und eine Zunahme des Verkehrs im gesamten Ort.

Da die negative Stellungnahme Petershausens zwar ins Verfahren einfließt, der FNP sich aber allein damit wohl nicht verhindern lässt, wird die Verwaltung noch juristischen Rat einholen. Kampflos wollen die Petershausener Kommunalpolitiker die Entwicklung nicht dulden. "Wir müssen uns auf eine Klage einstellen", erklärte Gemeinderat Josef Gerer (CSU). Anwohner aus Weißling, die im Sitzungssaal die Debatte verfolgten, äußerten sich im Anschluss zufrieden. "Ablehnen und einen Anwalt zu Rate ziehen, mehr können sie nicht machen", sagte ein Bürger.

Auslöser für das Dilemma ist die überall in Bayern steigende Nachfrage nach Kies und Sand, die von der boomenden Bauindustrie dringend benötigt werden. Weil Kiesgruben nach dem bayerischen Baurecht als privilegiert gelten, sind neue Abbauflächen vergleichbar etwa landwirtschaftlichen Gebäuden überall zulässig, wenn nicht gravierende Bedenken etwa des Denkmal- oder Umweltschutzes dagegen sprechen. Nachdem in Hohenkammer schon mehrere Anfragen eingingen, will die Gemeinde einem Wildwuchs vorbeugen und den Kiesabbau regulieren, wie Bürgermeister Johann Stegmair (CSU) der SZ erläuterte.

Doch das Ergebnis ist nun eine lang gezogene potenzielle Fläche, die sich am östlichen Rand von Petershausen entlang zieht. Sehr zum Ärger der Nachbarn, die schon 2015 einem konkreten Antrag auf Kiesabbau für ein kleines Areal in diesem Bereich eine klare Absage erteilt haben. Und an den Argumenten hat sich seitdem nichts geändert. Rathauschef und Gemeinderäte fürchten, dass die Bürger von Weißling mit einer Kiesgrube vor der Haustür enormen Lärm- und Staubbelastungen ausgesetzt wären. Auch der Verkehr in ganz Petershausen werde zunehmen, wenn Kies oder Sand mit Lkws dann sternförmig von der Kiesgrube zu den jeweiligen Baustellen transportiert wird. "Das Gebiet ist riesig, das wird eine richtige Industrie", sorgt sich Gemeinderat Ernst Nold (FW). Zumal der Abbau in einer Kiesgrube "auf Jahrzehnte angelegt ist", wie FW-Fraktionssprecherin Andrea Stang betonte.

Kiesabbau

Das Abbaugebiet liegt im Landkreis Freising.

(Foto: Gemeinde Hohenkammer)

Schon die Erdbewegungen bei der Erschließung des Gewerbegebiets Eheäcker, die ein Jahr gedauert haben, seien eine enorme Belastung für den Ort gewesen, erinnerte Josef Gerer (CSU). Kritisiert wurde auch, dass "es keinen Dialog mit Hohenkammer gegeben hat", so Bürgermeister Fath. Wie schon beim Disput um geplante Windräder bei Fahrenzhausen 2014 erweise sich "das Kommunikationsverhalten des Landkreises Freising als unterirdisch", schimpfte Hilde Weßner (CSU). Die Gemeinderäte waren sich rasch einig, den Flächennutzungsplan Kiesabbau in Hohenkammer abzulehnen. "Und schleunigst eine gute Rechtsberatung zu suchen", so Gerer. Denn Gemeinde Hohenkammer und der Landkreis Freising würden an einem Strang ziehen: "Wir sind auf uns gestellt", sagte Gerer. Ziel müsse es sein, dass der Flächennutzungsplan gar nicht erst in Kraft trete. Das einstimmige Votum seines Gemeinderates nannte Fath "ein Signal".

Wegen der Sommerpause des Gemeinderats und der kurzen Einwendungsfrist, die bereits am Freitag abgelaufen ist, hatte die Verwaltung kaum Zeit für fundierte Recherchen. Im nächsten Verfahrensschritt, der erneut eine öffentliche Beteiligung vorsieht, wird das anders aussehen, kündigte Fath im Gespräch mit der SZ an. "Bis dahin sind wir entsprechend gerüstet."

Die Anwohner äußerten sich zufrieden über die Rückendeckung durch den Rat. Allerdings sorgen sich die Weißlinger auch um einen konkreten Antrag auf Vorbescheid für Kiesabbau, der ebenfalls eine Fläche direkt bei Weißling betrifft und außerhalb des FNP läuft. Der Antrag, der 2015 abgelehnt, aber auf neuer Rechtslage vom Antragsteller kürzlich beim Landratsamt Freising neu gestellt wurde, steht offenbar kurz vor der Genehmigung. Im Gegensatz zum FNP-Verfahren kann Petershausen hier die Bürger auf offiziellem Weg nicht unterstützen, da eine Beteiligung der Nachbargemeinde nicht vorgesehen ist. Erst wenn ein konkreter Abbauantrag auf Basis des Vorbescheids vorliegt, kann die Gemeinde wieder Position beziehen.

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