KommunalpolitikEine Ermutigung sich einzubringen

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Wer darf hier mitbestimmen? Im Karlsfelder Gemeinderat haben der Behindertenbeauftragte, der Seniorenbeirat und der Jugendrat bisher kein Anhörungs- und Antragsrecht.
Wer darf hier mitbestimmen? Im Karlsfelder Gemeinderat haben der Behindertenbeauftragte, der Seniorenbeirat und der Jugendrat bisher kein Anhörungs- und Antragsrecht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bisher dürfen der Behindertenbeauftragte, der Seniorenbeirat und der Jugendrat keine Anträge im Karlsfelder Gemeinderat stellen. Der Grünen-Politiker Thomas Nuber will das ändern.

Von Walter Gierlich, Karlsfeld

Ziemlich hoch angesiedelt sieht Grünen-Gemeinderat Thomas Nuber den Wunsch, ein eigenständiges Anhörungs- und Antragsrecht für Behindertenbeauftragte, Seniorenbeirat und Jugendrat in der Geschäftsordnung zu verankern: „Wir wollen – um es mit Willy Brandt zu sagen – mehr Demokratie wagen.“ Bereits im März hat das Plenum des Gemeinderats in einer Sitzung gut eine halbe Stunde lang – sogar einschließlich einer von der CSU beantragten Sitzungsunterbrechung – darüber beraten, ob der Antrag im Detail überhaupt im Hauptausschuss behandelt werden soll. Nun ist es so weit: In der jüngsten Haupt- und Finanzausschuss-Sitzung gibt es einen mindestens ebenso langen Wortwechsel hauptsächlich darüber, ob es denn Sinn ergebe, ein Anhörungs- und Antragsrecht der drei Gremien in die Geschäftsordnung aufzunehmen.

Nach Ansicht von Francesco Cataldo, Geschäftsleiter im Rathaus, ist das nicht der Fall. In allen drei Satzungen der Gremien seien Anhörungs- und Antragsrecht bereits enthalten, so betont er. „Und zwar ist das keine Kann-Vorschrift, sondern eine Muss-Vorschrift.“ Es ergebe also keinen Sinn, die Rechte in die Geschäftsordnung aufzunehmen. Wie Cataldo weiter versichert, „haben Satzungen auch einen viel stärkeren Rechtscharakter“ als die Geschäftsordnung.

Die Beiräte sollen stärker einbezogen werden

Antragsteller Nuber gibt sich mit dieser Auskunft nicht zufrieden. Er will das Anhörungs- und Antragsrecht der drei Einrichtungen in der Geschäftsordnung des Gemeinderats verankert sehen, um deren Verhältnis zu den Kommunalpolitikern zu stärken. Dies bedeute laut Nuber eine Ermutigung an die Beiräte, „sich in den demokratischen Meinungsbildungsprozess einzubringen“. In seinen Augen sind die Beiräte die Vertretung der jeweiligen Bevölkerungsgruppe gegenüber Gemeinderat und -verwaltung. Nicht zuletzt fordert er, dass die drei Gremien die Tagesordnungen der öffentlichen Sitzungen zugeschickt bekommen, zudem die Punkte der nichtöffentlichen, die sie betreffen.

Ursula Weber (CSU), die auch Sozial- und Seniorenreferentin ist, erklärt jedoch nachdrücklich, dass ihre Fraktion schon im März den Antrag als überflüssig bezeichnet habe: „Was im Antrag gefordert wird, ist bereits in den Satzungen verankert.“ Die jeweiligen Referenten seien gefordert, die Beiräte stärker einzubeziehen, wenn deren Themen auf der Tagesordnung stehen. Sie sei einverstanden, auf diese Weise „die Demokratie zu stärken“.

Beate Full (SPD) hört aus den bisherigen Ausführungen heraus, dass die Beiräte die Tagesordnungen bisher nicht automatisch zugeschickt bekommen. Diese hätten „eine gewisse Holschuld“, meint Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) hierzu. „Außerdem kann jeder mir oder den Referenten etwas sagen.“ Die Holschuld sieht auch Geschäftsleiter Cataldo, schließlich seien die Tagesordnungen öffentlich zugänglich. Meist seien die Beiräte nicht betroffen, sodass die Versendung wenig bringen würde. Da widerspricht Adrian Heim (Bündnis für Karlsfeld). Es sei kein großer Aufwand die öffentlichen Tagesordnungen zuzustellen. Nach seiner Meinung gehören die Rechte nicht in die Geschäftsordnungen, aber inhaltlich und im Wortlaut sollten die Satzungen untereinander vereinheitlicht werden. Dem stimmt Kolbe zu, und verspricht, um die Diskussion abzukürzen, die Tagesordnungen würden in Zukunft verschickt werden.

Heike Miebach (Grüne) reicht das nicht: „Wir haben als Gemeinderäte den Wunsch, die Gremien öfter zu hören. Deswegen gehört das doch in die Geschäftsordnung des Gemeinderats.“ Da die Tagesordnungen erst sieben Tage vor der Sitzung verschickt würden, sei die Zeit für eine Antragstellung zu kurz. In den Satzungen werde zudem eine schriftliche Stellungnahme verlangt. „Das ist eine zu große Hürde, wir wollen die Meinungen der Betroffenen hören.“

Die drei Satzungen anzugleichen ist für Cataldo die einzige Lösung. CSU-Rätin Weber hofft, durch das Versenden der Tagesordnung verstärkt Interesse an den Sitzungen zu wecken. Für den Grünen-Antrag stimmen letztlich nur die beiden Grünen und Beate Full (SPD). Einstimmig hingegen votieren die Räte danach für das Versenden der Tagesordnungen an Behindertenbeauftragte, Seniorenbeirat und Jugendrat sowie die Überarbeitung von deren Satzungen.

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