Gemeindepartnerschaft:Einseitige Liebe

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Hebertshausen wollte mit seiner ungarischen Partnergemeinde Lókút das 25-jährige Bestehen feiern. Alles war vorbereitet. Nun weist der Bürgermeister des Dorfes den bayerischen Besuch zurück

Von Petra Schafflik, Hebertshausen

Der Bus war bestellt, die Blaskapelle gebucht, ein Programm ausgearbeitet: Zum 25-jährigen Bestehen ihrer Gemeindepartnerschaft mit der ungarischen Ortschaft Lókút wollten die Hebertshausener mit einer Delegation dorthin reisen, um in dem kleinen Dorf nördlich des Plattensees den runden Geburtstag ihrer grenzüberschreitenden Freundschaft gemeinsam feiern. Doch nun ausgerechnet im Jubiläumsjahr steckt die Partnerschaft offenbar in einer Krise. Die Bürger der ungarischen Gemeinde nahe der Universitätsstadt Veszprém möchten nicht feiern, das zumindest teilte Bürgermeister Mihály Surányi seinem Hebertshausener Amtskollegen in einem knappen Schreiben mit. Schade findet das Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU), der die geplante Reise erst einmal abgesagt hat. Die Fahrt mache keinen Sinn, "wenn wir nicht willkommen sind."

Die Absage aus Lókút kommt unerwartet. Schließlich sei er selbst und auch Bürger aus Hebertshausen in den vergangenen vier Jahren fünfmal in der ungarischen Partnergemeinde gewesen, dreimal habe es Gegenbesuche gegeben, sagt Bürgermeister Richard Reischl. Erst im Herbst hatte eine hochrangig besetzte Delegation, darunter allein vier aktuelle und ehemalige Hebertshausener Bürgermeister, sich auf die Reise Richtung Balaton gemacht. Im Gepäck das neu angeschaffte Goldene Buch der Gemeinde, in das sich in einer Feierstunde der ehemalige Lókúter Bürgermeister Joszef Fallmann als einer der ersten Unterzeichner eintragen konnte.

Das Dörfchen Lókút nahe der Stadt Veszprém in Ungarn hat nicht viel mehr als 500 Einwohner. Dieses Bild entstand im Januar, als es nördlich des Balatons geschneit hatte. Die langjährige Beziehung zwischen Hebertshausen und Lókút ist zumindest einseitig erkaltet. (Foto: Lajos Nagy/dpa)

Eine schöne Geste, denn Fallmann, der sich aus Altersgründen nicht mehr selbst auf die Reise nach Bayern machen konnte, ist Ehrenbürger von Hebertshausen. Gemeinsam mit dem Hebertshausener Alt-Bürgermeister Johann Zigldrum hat Fallmann die Gemeindepartnerschaft vor 25 Jahren gegründet. Eine Partnerschaft zwischen einem kleinen 500-Einwohner-Dorf und der mit 5800 Einwohnern deutlich größeren Gemeinde Hebertshausen, die einen besonderen, historischen Hintergrund hat. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg haben etwa 40 Familien aus Lókút, das unter dem Namen Rossbrunn vor mehr als 250 Jahren von Donauschwaben gegründet wurde, nach Flucht und Vertreibung in Hebertshausen eine neue Heimat gefunden. Deshalb gab es zwischen den beiden Partnergemeinden stets auch familiäre Verbindungen.

Nun aber scheint zumindest aus Sicht des Lókúter Rathauschefs, der seit 2002 im Amt ist, die Freundschaft erkaltet zu sein. "Alle Zeichen deuten drauf hin, dass unsere Gemeindepartnerschaft verblasst ist", schreibt Surányi. Noch beim Fest zum 20-jährigen Bestehen 2014 hatte der ungarische Kommunalpolitiker die Verbindung beim Festakt in Hebertshausen deutlich positiver bewertet. Nun aber hat der Lókúter Rathauschef offenbar seine Meinung geändert. Die jüngsten Kontakte, so schreibt er nach Hebertshausen, seien rein privater Natur gewesen. Das Interesse an der Partnerschaft auf offizieller Ebene scheint nicht mehr gegeben zu sein. Eine Entwicklung, die laut Bürgermeister Reischl jetzt in Lókút besonders Mit-Initiator Joszef Fallmann "aufregt und besorgt".

Bei einem Besuch im August 2007 ernennt Mihály Surányi (links) Michael Kreitmeir zum Ehrenbürger von Lókút. (Foto: OH)

Trotz dieser Absage des ungarischen Amtskollegen will Reischl die Flinte nicht ins Korn werfen. Sondern die im Oktober anstehenden Kommunalwahlen in Ungarn abwarten. Sollte auch der dann gewählte Bürgermeister an der Partnerschaft kein Interesse haben, werde er die Verbindung "im Gemeinderat zur Diskussion stellen." Viel lieber aber würde Reischl mit einem aufgeschlossenen Amtskollegen dann neu starten: "Und die Partnerschaft mit Leben füllen." Reischl selbst müsste dazu im März 2020 wieder gewählt werden.

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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