Gemeindehaushalt:Odelzhausen und seine Luxusprobleme

Unerwartete 13 Millionen Euro Gewerbesteuer, das Geld muss aber ausgegeben werden, weil sonst Negativzinsen drohen

Von Horst Kramer, Odelzhausen

Die Gemeinde Odelzhausen erwartet in diesem Jahr Gewerbesteuereinnahmen, die alle Erwartungen sprengen, aber auch zu Problemen führen dürften. "Luxusprobleme", wie der parteifreie Bürgermeister Markus Trinkl meint. Zweieinhalb Stunden dauerte der Vortrag. Gefühlte einhundert Folien mit vermutlich mehr als tausend Zahlen sowie unzählige Balken- und Tortendiagramme präsentierte der Rathauschef auf der Bürgerversammlung im Gasthof Sonne in Ebertshausen.

Es war ein kommunalpolitischer Marathon, den das Ortsoberhaupt sich und seinen ungefähr 150 Zuhörern zumutete. Dennoch brannte sich eine Zahl allen Besuchern ein: 13 Millionen Euro. Diesen Betrag wird die Kommune im laufenden Jahr höchstwahrscheinlich verbuchen können.

Zum Vergleich: Im Vorjahr freute sich Trinkl über 3,9 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen - ein Rekord für Odelzhausen. Für heuer hatten sein Kämmerer und er optimistische acht Millionen Euro prognostiziert. Und nun das. Klar, dass der Bürgermeister diese Erfolgszahl zelebrierte, allerdings seine Mitbürger auch gleich einbremste: "Dieser Betrag ist eine Ausnahme und wird sich so nicht wiederholen."

Die Ursache: "Eine Steuernachzahlung über mehrere Jahre, die wir so nicht erwartet hatten", sagte Trinkl. Die Kommune habe nun "ein Luxusproblem": "Wir müssen das Geld auf unterschiedliche Finanzinstitute verteilen, damit wir keine Negativzinsen zahlen müssen." Ungläubiges Staunen im Publikum. Der Bürgermeister kommentierte gut gelaunt: "Dass wir einmal so ein Problem haben werden, hätte ich nie erwartet." Die Gewerbesteuer macht in diesem Jahr den Löwenanteil des Verwaltungshaushalts von 20 Millionen Euro aus, satte 65 Prozent.

Der Einkommenssteueranteil ist zwar ebenfalls gewachsen, allerdings in einem erwartbaren Rahmen - von 3,18 auf 3,3 Millionen Euro -, was rund 16,5 Prozent des Verwaltungshaushalts entspricht.

Mit der hohen Einmaleinnahme tut sich indes ein zweites Problemfeld auf. Trinkl sagte: "Die Kreisumlage des Jahres 2019 bemisst sich an den Einnahmen 2017." Fast vier Millionen Euro werde die Kommune in zwei Jahren zu zahlen haben. "Wenn wir dann zu wenig erwirtschaften, stemmen wir eventuell die gesetzlich vorgeschriebene Zuführung zum Vermögenshaushalt nicht." Ein weiteres Problem, "um das uns andere beneiden", so Trinkl; zumal sein Kämmerer heuer circa 3,2 Millionen Euro auf die hohe Vermögenskante legen. Ein Ende des Odelzhausener Booms ist jedoch nicht zu befürchten. Trinkl machte das an der Nachfrage für die Grundstücke im Baugebiet Höfa-Nord fest. Für die knapp 50 Parzellen hätten sich mittlerweile "30 Einheimische und 170 Externe" beworben. Ein Raunen ging durch den Saal. Bei den privat gehandelten Grundstücken würden die Preise mittlerweile explodieren, so der Bürgermeister, er habe von einem Handel über mehr als 700 Euro für einen Quadratmeter gehört. "Für ein leeres Grundstück. Diese Entwicklung macht mir Sorgen."

Aufhalten kann er sie freilich nicht. Zumal er der Bürgerversammlung die Ansiedlung eines weiteren großen mittelständischen Betriebs bekanntgeben konnte: Die schwäbische Noerpl-Gruppe, ein Logistikunternehmen in Familienhand, will sich im Gewerbegebiet ansiedeln und etwa 250 Arbeitsplätze schaffen, mehr als die Hälfte in der Verwaltung. "Das ist sehr erfreulich, auch für unsere Gewerbesteuereinnahmen", meinte der Rathaus-Chef.

Auf die Schattenseiten des Wachstums kamen die Bürger zu sprechen. Die Odelzhauserin Angelika Aigner monierte Abfälle und Fäkalien rund um die nachts parkenden Lastkraftwagen im Gewerbeareal. Trinkl wies daraufhin, dass diese Fahrer in der Regel keine Lieferanten der heimischen Unternehmen, sondern Fernfahrer seien, die ihre Fahrt auf der Autobahn 8 unterbrechen müssten, um ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten. Es gebe auf der A 8 von Augsburg an so gut wie keine Rastplätze für Brummifahrer.

Parkverbotsschilder seien wirkungslos, sagte Trinkl, die Gemeinde könne auch nicht kontrollieren. Trinkl will im Gemeinderat noch diskutieren, ob mobile Toiletten aufgestellt werden könnten. Hans Riedl aus Lukka regte eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn an. In einer konzertierten Aktion haben alle A 8-Bürgermeister zwischen Gersthofen und Bergkirchen beim Bundesverkehrsministerium die Einführung von intelligenten Geschwindigkeitsleitsystemen angeregt. Eine Antwort stehe noch aus, sagte Trinkl.

Andrea Münch aus Höfa schlug vor, zusätzliches Bauhofpersonal einzustellen, weil die öffentlichen Grünflächen kaum gepflegt würden. Trinkl griff die Idee auf, allerdings warb der Bürgermeister in dieser Frage auch für mehr bürgerliche Eigeninitiative.

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