Gemäldegalerie Dachau:Blickwechsel

Künstlervereinigung und Gemäldegalerie stellen in Prien am Chiemsee nicht nur gemeinsam aus, sondern schaffen eine Begegnung zwischen Neu und Alt. Diese Idee könnte sich als wegweisend herausstellen - gerade für Dachau.

Wolfgang Eitler

Eduard Schleich d.Ä

Münchner Straße in Dachau (Bildausschnitt) - gemalt von Eduard Schleich d. Ä.(1860).

(Foto: Gemäldegalerie Dachau)

Man muss nach Prien an den Chiemsee fahren, um dort einer echten Dachauer Entdeckung zu begegnen. Um dort den Vorläufer der historischen Künstlerkolonie Dachau, Eduard Schleich d. Ä. , in einem Raum mit dem zeitgenössischen Künstler Heiko Klohn zu sehen, um Hölzel, Langhammer bis hin zu Heinz Braun in einem engen räumlichen Kontakt mit Vertretern der Künstlervereinigung Dachau (KVD) zu begegnen.

Dort darf man erfahren, dass Klohn und Schleich sich tatsächlich in ihrer künstlerischen Intention treffen: Der ältere wollte die Natur festhalten, weil das Dachauer Moos wegen der beginnenden Industrialisierung der Region München langsam, aber stetig zerstört wurde. Mehr als 150 Jahre später sagte Klohn kürzlich in einem Gespräch mit der SZ, dass nicht nur bei ihm, sondern bei vielen seiner Kollegen, eine Art Bedürfnis vorhanden ist, "die Landschaft noch festzuhalten, solange es sie noch gibt". Deshalb verzichtet Klohn teilweise darauf, Menschen in den Vordergrund zu stellen. Genau so wie Schleich.

Elisabeth Boser, Leiterin der Dachauer Gemäldegalerie für die Zeit der Künstlerkolonie, sagt: "Die Ebenen verbinden sich. Das Thema Landschaft kommt immer wieder nach oben." Zurzeit anscheinend sehr verstärkt, wie an zahlreichen aktuellen und internationalen Ausstellungen abzulesen ist. Und so entwickelt sich im Laufe des Gesprächs über die gemeinsame Ausstellung von Gemäldegalerie für Freilichtmalerei und Künstlervereinigung in Prien, die Idee, wie es denn wäre, wenn ein ähnliches Projekt der Begegnung in Dachau selbst entstehen würde, wenn also zeitgenössische Dachauer Künstler der so genannten Alten Kunst am Ort deren Entstehung begegnen würden. KVD-Vorsitzende Monika Siebmanns findet die Idee "sehr gut". Boser stutzt zunächst: "Hatten wir nicht schon solche Projekte?" Klar, in Tervuren in Belgien, allerdings in getrennten Häusern; hier die aktuelle Kunst - dort die historisch. Im ungarischen Szentendre auch. Boser erinnert sich an eine Ausstellung von historischer Landschaftsmalerei im dortigen Museum; parallel wurde auch zeitgenössische Kunst aus Dachau gezeigt.

Aber eine gemeinsame Reihe zur Aktualität der Landschaftsmalerei quasi in der Heimat? Nein, das gab es noch nie. Allerdings würde Boser ein solches Programm nicht nur auf das Thema Landschaft beschränkt wissen wollen, sondern den Binnenblick auch auf die Kunst nach dem ersten Weltkrieg bis hin zu Malern wie Fred Arnus Zigldrum und Heinz Braun ausweiten wollen. Und Monika Siebmanns wäre schon daran gelegen, die Lebendigkeit der Dachauer Kunstszene zu vergegenwärtigen. Die könnte sich in einer thematischen Auseinandersetzung mit dem Thema Landschaft aber durchaus bewähren.

Von Außen betrachtet, wird die Dachauer Kunstgeschichte bis in die Gegenwart hinein anscheinend als ein Kontinuum begriffen. Denn die Ausstellung in Prien trägt den Titel: "EuroArt-Fenster 2013: Die Künstlerkolonie Dachau." Offiziell und nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen hat die Kolonie eigentlich mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs aufgehört zu existieren. Alles danach sind interessante Entwicklungen gewesen, allerdings ohne die europäische Bedeutung eines Adolf Hölzels oder eine Ludwig Dills.

Aber KVD-Vorsitzenden Monika Siebmanns nimmt den aus Prien zugespielten Ball gerne auf und sagt: "Wir haben eine sehr aktive Szene in Dachau." Eine, wie sie betont, die in der Organisation Euroart auch so wahrgenommen wird. Auch die ehemalige Künstlerkolonie Prien gehört dieser europäischen Vereinigung an, wie 36 weitere auch; dazu mehr als 100 Künstlerorte, in denen sich im 19. Jahrhundert Vertreter der Pleinair-Malerei zusammengefunden hatten- zu einer Kunst raus aus den Akademien und den schwergewichtigen historischen Themen der Gründerzeit.

EuroArt mit dem Präsidenten und Dachauer Oberbürgermeister Peter Bürgel will dieses ehemalige europäische Netzwerk reaktivieren. Die Organisation steht vor einer Zäsur. Einmal wegen des Geldes; sie braucht dringend europäische Zuschüsse, um auch die zahlreichen kleineren Orte integrieren zu können. Vor allem stellt sich die Frage, wie es inhaltlich weitergeht. Elisabeth Boser und Monika Siebmanns wünschen sich eine Konzentration auf "einige wenige Baustellen"; auf die Präsentation zeitgenössischer Kunst - und eben auf historische Ausstellungen. Boser und Siebmanns sind sich in ihrer Kritik einig, dass in der Vergangenheit die Neigung überwog, möglichst viele Mitglieder zu werben, anstatt darauf zu achten, was die ehemaligen Künstlerorte zum Anliegen der Vereinigung beitragen könnten. Insofern darf die Ausstellung in Prien mit seinen Blickwechseln von Alt zu Neu und zurück durchaus als Plädoyer für dieses Anliegen der Besinnung bewertet werden.

KVD und Gemäldegalerie Dachau stellen in der Galerie im Alten Rathaus in Prien am Chiemsee aus. Vernissage ist am Samstag, 20. April, 14 Uhr. Bis Sonntag, 23. Juni.

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