Süddeutsche Zeitung

Gelebte christlich-jüdische Partnerschaft:"Dachauer Dialoge"

Premiere eines Dokumentarfilms über die Freundschaft zwischen Max Mannheimer und Schwester Elija Boßler

Ein Filmereignis: "Dachauer Dialoge", ein Dokumentarfilm über eine nicht alltägliche Freundschaft zwischen einer Frau und einem Mann, feiert am Samstag, 23. September, Premiere. Die Karmel-Schwester Elija Boßler verband über viele Jahre eine tiefe Freundschaft mit dem Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer, der vor einem Jahr im Alter von 96 Jahren gestorben ist. Regelmäßig trafen sie sich in der KZ-Gedenkstätte Dachau oder im direkt benachbarten Karmel-Kloster.

Für nicht wenige Menschen war diese Beziehung zwischen einem Juden und einer Nonne zumindest überraschend, wie die Filmemacher Marina Maisel und Michael Bernstein erklären. Tatsächlich nahmen manche daran Anstoß, nicht etwa deshalb, weil sie antisemitische Gefühle gehegt hätten. Aber weil das ungleiche Paar Toleranz und Menschlichkeit demonstrierte, den christlich-jüdischen Dialog in außergewöhnlicher Selbstverständlichkeit mit Leben füllte, über den andere mehr sprechen, als ihn zu führen.

Darin haben die Filmemacher Marina Maisel und Michael Bernstein eine wichtige Botschaft entdeckt, die sie dokumentieren und weitergeben wollen. Sie baten Max Mannheimer und Schwester Elija im Oktober 2015 um ein Zwiegespräch vor der Kamera. Entstanden ist daraus der Film "Dachauer Dialoge" (73 Minuten), der eine wegweisende Freundschaft porträtiert und den Zuschauer mitnimmt in eine intensive Auseinandersetzung über aktuelle, universelle, aber auch sehr persönliche Fragen. Am Beginn dieser Freundschaft stand ein gegenseitiges Gelöbnis: Wenn jemals wieder Synagogen in diesem Land brennen sollten oder Kirchen angegriffen würden, wollte jeder zur Verteidigung des Glaubens des anderen aufstehen. Es würde den Kirchen in Deutschland gut anstehen, wenn sie gerade in einer Zeit des erstarkenden Antisemitismus mit lauter Stimme den jüdischen Gemeinden im Land beistehen würden - und auf die Politik entsprechenden Druck ausübten.

Die Premierenfeier der "Dachauer Dialoge" wird von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, vom Verein "Gegen Vergessen - Für Demokratie" und dem Kulturzentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern veranstaltet. Veranstaltungsort: Gabriel Filmtheater, Dachauer Straße 16, in München. Beginn ist um 21 Uhr, Karten an der Abendkasse für sechs Euro von 20.30 Uhr an. Schwester Elija Boßler und die Regisseure stehen für Fragen des Publikums und eine Diskussion zur Verfügung. Die Publizistin Ellen Presser, Leiterin des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde, moderiert.

Zum ersten Todestag des Auschwitz-Überlebenden und Dachauer Ehrenbürgers Max Mannheimer veranstaltet die SPD-Landtagsfraktion am Sonntag, 24. September, um elf Uhr eine Matinée im Maximilianeum. An der Podiumsdiskussion nehmen auch Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) und Nina Ritz, Leiterin des Max Mannheimer Studienzentrums Dachau, teil. Zusammen mit der SPD-Landesvorsitzenden Natascha Kohnen und anderen gehen sie der Frage nach, wie das Vermächtnis des großen Zeitzeugen weitergetragen werden kann, und sprechen über die Zukunft der Erinnerungskultur. Schwester Elija Boßler hat es so formuliert: "Respekt vor dem Menschen - das ist eine Grundvoraussetzung." Und Max Mannheimers wegweisender Satz lautet: "Ich erkläre, dass die Nachgeborenen keine Schuld haben, aber eine Verantwortung für die Zukunft."

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SZ vom 23.09.2017 / hz
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