Süddeutsche Zeitung

Gehaltsunterschiede:Billiglohnlandkreis

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Wer im Landkreis Dachau arbeitet, verdient durchschnittlich 3085 Euro. Das ist wenig im Vergleich mit anderen Regionen Bayerns. Der Grund ist die Beschäftigungsstruktur. Die meisten Menschen arbeiten in der Handelsbranche

Von Marie Groppenbächer, Dachau

Wer im Landkreis Dachau arbeitet, verdient unterdurchschnittlich - zumindest im Vergleich zu anderen Landkreisen in Bayern. Auch bundesweit betrachtet, liegt der Bruttolohn unter dem Durchschnitt. Das zeigen Zahlen der jüngsten Statistik der Bundesagentur für Arbeit (Stichtag 31.12.2017). Demnach verdient man im Landkreis Dachau durchschnittlich 3085 Euro Brutto. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Durchschnittsbruttolohn bei 3209 Euro und in ganz Bayern bei 3345 Euro. Die Einwohner im Landkreis Freising und Ebersberg haben durchschnittlich 3440 Euro und 3103 Euro auf dem Gehaltszettel stehen. Nur im Landkreis Erding liegt der Durchschnittsbruttolohn mit 2936 Euro niedriger als in Dachau.

Johann Liebl, Sachgebietsleiter der Wirtschaftsförderung Dachau erklärt sich die Statistik so: "Der Landkreis Dachau ist mittelständig geprägt, es gibt sehr viele Handwerksbetriebe. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Außerdem sind die Kreisklinik und das Franziskuswerk als soziale Einrichtungen große Arbeitgeber im Landkreis." In den genanten Branchen fielen die Löhne geringer aus als beispielsweise in der Automobilindustrie, wie sie in München und Ingolstadt ansässig sei. Auch Kathrin Stemberger, Pressesprecherin der Agentur für Arbeit in Freising, vermutet, dass der Bruttodurchschnittslohn im Landkreis mit der Beschäftigungsstruktur zusammenhängt.

Insgesamt verzeichnete die Agentur für Arbeit zum 31. Dezember vergangenen Jahres knapp 42 000 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. Die Statistik zeigt, dass die meisten der in Dachau Beschäftigten - nämlich 18,5 Prozent - im Handel arbeiten. An zweiter Stelle folgt das verarbeitende Gewerbe mit 17,3 Prozent, davon arbeiten wiederum mehr als die Hälfte in der Metall- und Elektroindustrie. An dritter Stelle steht das Gesundheits- und Sozialwesen mit immerhin 16,4 Prozent. Vergleicht man diese Werte mit ganz Bayern, wo sich das verarbeitende Gewerbe mit gut einem Viertel der Beschäftigten an erster Stelle befindet und nur 13,2 Prozent der Beschäftigten im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten, bestätigen die Werte Liebls Vermutung. "Wir brauchen uns aber nicht zu verstecken", sagt er. Das Wichtigste sei eine gute Qualität von Arbeitsplätzen. "Wir müssen wachsam sein, damit Firmen nicht aus dem Landkreis wegziehen. Besonders Erweiterungsflächen müssen immer wieder geschaffen werden". Außerdem sieht er seine Aufgabe darin, für adäquaten Ersatz zu sorgen, falls doch Firmen weggehen.

Abgesehen von den Berufsbereichen spielt bezüglich des Bruttolohns auch der Ausbildungsgrad eine Rolle. Akademiker, die im Landkreis Dachau beschäftigt sind, verdienen durchschnittlich 4988 Euro Brutto, Personen ohne Berufsabschluss hingegen 2357 Euro Netto. Da die Zahl der Personen, die in einer Helfertätigkeit angestellt sind, höher ist als im landesweiten Vergleich, könnte dies auch Grund für den unterdurchschnittlichen Bruttolohn sein.

Angesichts der Statistikergebnisse verwundert es, dass die Kaufkraft im Landkreis höher ist als im bundesweiten Vergleich. Sie liege sogar an neunter oder zehnter Stelle, wenn man alle deutschen Landkreise mit berücksichtigt, sagt Liebl. Doch das lässt sich leicht erklären: Die Auspendlerzahl liegt sehr hoch. Immerhin 42 000 Berufstätige, die im Landkreis Dachau leben, pendeln jeden Tag zu großen Arbeitgebern nach München, Augsburg oder Ingolstadt. Der Durchschnittsbruttolohn in Ingolstadt liegt bei schlappen 4635 Euro, in München immerhin bei 4169 Euro. Aber es gibt auch Regionen in Deutschland, wo die Menschen viel weniger verdienen als im Landkreis Dachau: Im Landkreis Görlitz in Sachsen zum Beispiel. Hier müssen Berufstätige von gerade mal 2183 Euro Brutto monatlich leben.

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Quelle:
SZ vom 28.08.2018
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