Gefährliche Körperverletzung:Hiebe mit dem Küchenbeil

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Auseinandersetzung in Haimhausener Asylunterkunft führt zu Prozess am Münchner Landgericht

Von andreas salch, Haimhausen/München

Probleme mit seinen Mitbewohnern in einer Asylbewerberunterkunft in Haimhausen habe er nie gehabt, sagt der Angeklagte, ein Lehrer aus Afghanistan. Doch am frühen Abend des 5. April vergangenen Jahres soll der 28-Jährige einem Zimmernachbarn mit einem Küchenbeil mehrmals auf den Kopf geschlagen haben. Das Opfer überlebte. Die Beilhiebe verletzten den Mann an der Schläfe, am Kinn und in der rechten Gesichtshälfte. Einer der Hiebe führte zu einer klaffenden Schnittwunde über dem Nasenrücken. Warum es zu der Auseinandersetzung kam, ist unklar. Für die Tat muss sich der Lehrer seit Dienstag vor dem Landgericht München II verantworten. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben.

Ob das Opfer vor Gericht erscheinen wird, ist derzeit ungewiss. Der Mann sei derzeit nicht "prozessfähig", heißt es in einem Attest, das der Vorsitzende der 3. Strafkammer, Richter Martin Hofmann, zu Beginn der Verhandlung verlas. Laut Diagnose eines Arztes leidet der Mann unter anderem an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sollte er jetzt vor Gericht aussagen müssen, bestehe Suizidgefahr.

Der angeklagte Lehrer gab zum Prozessauftakt über seinen Verteidiger, Rechtsanwalt Uwe Paschertz, eine Erklärung ab. Darin bekannte er sich zu der Tat. Allerdings sollen die Aggressionen nicht von ihm, sondern von seinem Kontrahenten ausgegangen sein. Warum es überhaupt zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Männern gekommen war - dazu findet sich weder in der Erklärung des 28-Jährigen noch in der Anklage der Staatsanwaltschaft ein Wort.

Sie geht davon aus, dass der Angeklagte sich aufgrund der Beleidigungen seines Mitbewohners "gedemütigt" fühlte und seine "verletzt empfundene Ehre wiederherstellen" wollte. In seiner Erklärung beteuert der 28-Jährige, dass er sich zunächst gegen Faustschläge, die ihm das Opfer ins Gesicht versetzt habe, zur Wehr setzte. Als sich der Mann dann vor ihm aufgebaut habe, habe er "spontan" zu seinem Küchenbeil gegriffen, mit dem er sich sein Essen habe zubereiten wollen.

Dass er seinen Mitbewohner habe töten wollen, bestreitet der Lehrer mit Nachdruck. Dafür seien die Schläge mit dem Beil "auch nicht intensiv genug gewesen", so der Angeklagte. Gleichwohl sei er sich bewusst, dass er sein Opfer hätte erheblich verletzen können. Da der 28-Jährige freiwillig von seinem Mitbewohner abgelassen hatte, geht die Staatsanwaltschaft von gefährlicher Körperverletzung aus. Hätte der Angeklagte sein Opfer jedoch weiter mit seinem Beil attackiert, wäre der Fall wohl wegen versuchten Totschlags oder versuchten Mordes zur Verhandlung vor die Schwurgerichtskammer am Landgericht München II gelangt.

Nach der Tat hatte sich der Lehrer in seinem Zimmer in der Asylbewerberunterkunft eingeschlossen. Als jemand gegen die Tür getreten habe, habe er gedacht, es sei das Opfer, so der 28-Jährige in seiner Erklärung. Doch es war die Polizei. "Glücklicherweise war die Situation dann vorbei", heißt es weiter in dem Text, den der Verteidiger vortrug.

Nach seiner Ankunft in München im Herbst 2015 hatte der 28-Jährige, der in Afghanistan auch Kredite vermittelte, einen Antrag auf Asyl gestellt. Der Antrag wurde jedoch abgewiesen. Wie das Verfahren weitergeht, wisse er nicht, sagte der Angeklagte zu Richter Martin Hofmann. Sollte es zu einer Verurteilung kommen, muss der Lehrer nach Verbüßung der Haft mit der Abschiebung nach Afghanistan rechnen. Von dort sei er geflohen, sagte der 28-Jährige, weil ihm die Taliban mit dem Tode gedroht hätten. Sie dachten, so der Angeklagte, er bekomme als Kredit-Vermittler Zinsen. Das sei im Islam verboten. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 17.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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