Gedenkgottesdienst in Dachau:NS-Verfolgte sterben im Feuer

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Versöhnungskirche erinnert an Opfer eines Brandanschlags

Die Versöhnungskirche erinnert mit einem Gottesdienst an die Opfer des Brandanschlags auf das Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde in München, der sich heuer zum 50. Mal jährt. Der Anschlag wurde am Freitag, 13. Februar 1970, wenige Stunden nach Schabbatbeginn, kurz vor 21 Uhr auf das Gemeindezentrum in der Münchner Reichenbachstraße verübt. Das Feuer wurde im Treppenhaus des Vordergebäudes gelegt, in dessen oberen Stockwerken sich Wohnungen für Senioren und Studenten befanden. Die Synagoge befindet sich im Rückgebäude und blieb unversehrt. Sieben Holocaust-Überlebende starben: Regina Becher, Max Blum, Rosa Drucker, Leopold Gimpel, David Jakubowicz, Siegfried Offenbacher und Georg Pfau. Einige der Opfer hatten nationalsozialistische Konzentrationslager überlebt.

Der ledige Schneider und Großhandelskaufmann Siegfried Offenbacher, am 9. Februar 1899 in Fürth geboren, wurde in der Pogromnacht in seiner Wohnung verhaftet und am 11. November 1938 ins KZ Dachau verschleppt. Da er sich verpflichtete, sein Heimatland unter Zurücklassung seines Vermögens umgehend zu verlassen, kam er am 17. Januar 1939 frei. Wenig später rettete er sich nach Palästina. In den Fünfziger Jahren kehrte er nach Deutschland zurück und zog schließlich ins Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in München ein. Offenbacher wurde nach dem Anschlag in Fürth beerdigt.

Nach der derzeitigen Quellenlage ist davon auszugehen, dass auch das Anschlagsopfer David Jakubowicz von den Nationalsozialisten ins KZ Dachau verschleppt worden war. Er wurde im polnischen Tschenstochau geboren. Als Geburtsjahr wird in einer wichtigen Quelle 1906 angegeben, in anderen 1910. Jakubowicz traf am 19. April 1945 im Dachauer Außenlager Allach am Stadtrand von München ein. Zehn Tage später wurde er befreit und kam ins Lager für Displaced Persons in Feldafing und später nach Föhrenwald. Ab 1959 lebte er in einer Wohnung im Münchner Gemeindezentrum. Das Ehepaar Rosa Drucker und Georg Pfau sowie Leopold Gimpel stammten ebenfalls ursprünglich aus Polen, Regina Becher aus Rumänien. Max Blum, der erst ein Jahr zuvor aus New York nach München zurückgekehrt war, hielt sich nur zu Besuch im Gemeindezentrum auf. Er war das einzige Opfer, das nicht in dem ausgebrannten Gebäude aufgefunden wurde. Der ehemalige Kürschner sprang in Todesangst aus einem der Fenster im vierten Stock in den Hinterhof und verletzte sich dabei tödlich.

Bis heute ist dieses schreckliche Verbrechen, der schwerste Anschlag auf die jüdische Gemeinschaft in Deutschland seit 1945, nicht aufgeklärt und wenig im öffentlichen Bewusstsein. Zum 50. Jahrestag des Anschlags erinnert die Versöhnungskirche auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte Dachau an die Opfer. Das namentliche Gedenken findet am Sonntag, 16. Februar, 11 Uhr, im Rahmen des Gottesdienstes statt. Den Gottesdienst gestalten Pfarrerin Claudia Buchner und Kirchenrat Björn Mensing, Landeskirchlicher Beauftragter für evangelische Gedenkstättenarbeit.

© SZ vom 05.02.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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