Fürstenfeldbruck/Dachau:Epochale Umbrüche

Fürstenfeldbruck/Dachau: Landwirtschaftsmeister und -meisterinnen aus 22 Landkreisen warten auf ihre Meisterbriefe.

Landwirtschaftsmeister und -meisterinnen aus 22 Landkreisen warten auf ihre Meisterbriefe.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Alois Glück spricht bei der Meisterfeier der Landwirtschaft über Klima- und Artenschutz. Er fordert Landwirte und Gesellschaft auf, zu handeln statt zu jammern. Auf Dauer könne nur akzeptiert werden, was naturverträglich sei

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck/Dachau

Über epochale Umbrüche und die Orientierung in solchen Zeiten hat Alois Glück (CSU) am Donnerstag in Fürstenfeldbruck gesprochen. Anlass war die Meisterfeier der Landwirtschaft. Die Klimakrise und das Artensterben begründen für den früheren Landtagspräsidenten einen solchen epochalen Umbruch. Er rief die Landwirte dazu auf, in der gegenwärtigen Lage zu handeln statt zu jammern und erinnerte an frühere Umbrüche, etwa an die Mechanisierung der Landwirtschaft ab den Sechzigerjahren. Damals hätten sich die Bauern dagegen gewehrt, die Pflege der Kulturlandschaft übertragen zu bekommen. "Heute ist das eine Selbstverständlichkeit."

Heute werde die ganze Welt zu einer Schicksalsgemeinschaft, sagte Glück weiter: "Es fällt uns schwer, das zu verstehen." Beim "Klimathema" aber würden die weltweiten Zusammenhänge klar, die Ängste vor den Folgen spürbar. Ähnlich sei es beim Volksbegehren gegen den Artenschwund: "Kaum jemand hat diesen Erfolg erwartet. War das, weil es gegen die Landwirtschaft ging?", fragte Glück rhetorisch. "Nein! Das hing stimmungsmäßig ganz eng mit der Sorge wegen der Veränderungen in der Natur zusammen." Die Natur und die Einflüsse menschlichen Handelns auf das Ökosystem müsse man besser verstehen lernen, das sei eine gemeinsame Aufgabe.

Glück leitete nach dem Volksbegehren den Runden Tisch zur Artenvielfalt. Das habe bei ihm einen Lernprozess ausgelöst. Zum einen sei ihm nicht bewusst gewesen, dass die Stimmung in der Landwirtschaft so schlecht sei, dass sogar die Senioren auf manchen Höfen ihren Junioren rieten, lieber etwas anderes anzufangen.

Zum anderen habe er die Veränderungen im Naturhaushalt zuvor nicht wahrgenommen: Die Reduzierung der Artenvielfalt, den Verlust an Lebensräumen auch in öffentlichen Parks und Grünanlagen. Überall sei mit deutscher Gründlichkeit sauber aufgeräumt worden, da könne es keine Artenvielfalt geben. Deshalb werde es, wenn sich der Runde Tisch jetzt wieder treffe, darum gehen, dass die öffentliche Hand, aber auch Grundstücksbesitzer wie die Kirchen auf ihren Flächen aktiv werden müssten. "Der Artenschutz ist unsere Gemeinschaftsaufgabe", sagte Glück. Um sie bewältigen zu können, brauche es die Bereitschaft aller zuzuhören, und wechselseitiges Verständnis.

"Es gibt Wirklichkeiten, denen wir uns stellen müssen", sagte Alois Glück und nannte als Beispiel die zunehmende Nitratbelastung des Trinkwassers, die auch in Teilen Bayerns ein Problem sei. Seine Schlussfolgerung: "Auf Dauer kann nur akzeptiert werden, was naturverträglich ist, nicht nur in der Landwirtschaft." Auch bei den Bauern müsse "ein Problembewusstsein sichtbar werden, nur dadurch gibt es Glaubwürdigkeit. Augen zu und durch führt auf dem schnellsten Weg ins Abseits." Um die Aufgabe meistern zu können, brauche es gegenseitiges Vertrauen und eine bessere Bildung der Landwirte, aber auch der Gesellschaft über die Landwirtschaft.

Eine erstaunliche Ansage machte Anton Kreitmair, der Bezirksvorsitzende des Bayerischen Bauernverbands und Kreisobmann in Dachau, in seinem Grußwort: Die seit 50 Jahren gültige Doktrin "Wachse oder weiche, ist Geschichte", sagte er. In den Dörfern müssten die kleinen und die großen Betriebe, die ökologischen und die konventionellen fair miteinander umgehen, es gehe um Solidarität. Zum Klimaschutz sagte er: "Wir sind ein Teil der Lösung." Alle Redner, darunter der Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Erich Raff, Michael Karrer vom Landwirtschaftsministerium und Elisabeth Hagmann, bei der Regierung von Oberbayern zuständig für Landwirtschaft, versicherten den jungen Landwirtschaftsmeistern und ihren Familien, wie dringend sie gebraucht würden und wie groß die Wertschätzung für sie sei.

Schließlich erhielten diejenigen der 122 jungen Meister und fünf Meisterinnen, die zur Feier gekommen waren, ihre Meisterbriefe von Regierungspräsidentin Maria Els. Aus dem Landkreis Dachau waren das Michael Böswirth, Michael Hartmaier, Alexander Lutz, Mathias Nottensteiber und Tobias Pabst. Pabst gehört sogar zu den besten 20 Prozent und hat noch einen Meisterpreis bekommen.

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