Dachau:Dicke Luft zwischen Landrat und Klimabewegung

Dachau: Bei einem Bürgerdialog zum Klimaschutz auf kommunaler Ebene geht es unter anderem um das Thema Windräder. Im Nachhinein geht es aber vor allem um Kommunikationsschwierigkeiten.

Bei einem Bürgerdialog zum Klimaschutz auf kommunaler Ebene geht es unter anderem um das Thema Windräder. Im Nachhinein geht es aber vor allem um Kommunikationsschwierigkeiten.

(Foto: Jens Büttner/dpa)

Ende März lädt Stefan Löwl zu einem Bürgerdialog zum Thema Klimaschutz. Vertreter von Fridays for Future (FFF) sitzen an dem Abend nicht auf dem Podium. Eineinhalb Monate später kritisieren FFF-Mitglieder das Vorgehen. Löwl weist die Vorwürfe von sich.

Von Jacqueline Lang, Dachau

Ende März lädt das Landratsamt zu einem Bürgerdialog zum Thema "Klimaschutz im Landkreis und in den Kommunen" ein. Soweit sind sich alle einig. Nur, ob es sich dabei, wie von der Dachauer Fridays-for-Future-Bewegung (FFF) nun in einer Pressemitteilung kritisiert, um eine "inhaltsferne Walkampfveranstaltung" gehandelt hat, bei der man sie bewusst nicht als Gesprächspartner eingeladen hat oder doch um einen Abend, an dem die Organisatoren versucht haben, möglichst unterschiedliche Positionen aufs Podium zu holen und FFF das Angebot zum Austausch schlicht nicht wahrgenommen hat, darüber scheiden sich die Geister.

Zunächst die Fakten: Auf dem Podium in der Dachauer Realschule sitzen am 31. März neben Landrat Stefan Löwl und der Bundestagsabgeordneten Katrin Staffler (beide CSU) unter anderem Michael Sterner, Mitglied des Weltklimarats, und Christian Hofer, Direktor des Bayerischen Landkreistags. Nach zwei Impulsvorträgen von Sterner und Hofer findet eine Diskussion nach dem sogenannten Fishbowl-Prinzip statt. Das bedeutet: Auch Personen aus dem Publikum bekommen zeitweise einen Platz auf dem Podium und können mitdiskutieren.

Dachau: Jonathan Westermeier engagiert sich bei der Fridays-for-Future-Bewegung in Dachau.

Jonathan Westermeier engagiert sich bei der Fridays-for-Future-Bewegung in Dachau.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

In der Pressemitteilung, die FFF vergangenen Samstag und damit gut sechs Wochen nach der Veranstaltung verschickt, heißt es, Landrat Stefan Löwl (CSU) habe damals "Fake-News" verbreitet, indem er "behauptet, FFF wäre nicht dialogbereit, dabei hat FFF niemals eine Einladung aufs Podium bekommen". Dass man keine Einladung erhalten habe, wundere allerdings angesichts des Formats, das "überproportional von der CSU dominiert war", kaum. Dass der Landrat mit Sterner einen "profunden Experten der Energiewende" eingeladen habe, habe angesichts dessen zwar überrascht, gleichwohl sei trotz dessen eindrücklichen Vortrags von den politisch Verantwortlichen versäumt worden, zuzugeben, "wie sehr sie die Situation verkannt haben".

Es sei die Politik, "die den Klimaschutz seit Jahren und Jahrzehnten ausgebremst hat". Es sei deshalb wenig sinnvoll, "die Engagierten aus der Zivilbevölkerung schlecht zu machen, die durch massiven öffentlichen Druck überhaupt erst bewirkt haben, dass Vorträge wie dieser stattfinden und dass über Energiewende gesprochen wird". Am Ende richtet sich FFF direkt an den Landrat: "Wer wirklichen Dialog will und wer wirklich Probleme lösen will, der kann dies nur gemeinsam und nicht gegeneinander erreichen. Worum es heute geht ist sehr viel mehr als Wahltaktik, Herr Löwl."

Dachau: Landrat Stefan Löwl kann die Kritik an dem Bürgerdialog nicht nachvollziehen.

Landrat Stefan Löwl kann die Kritik an dem Bürgerdialog nicht nachvollziehen.

(Foto: Toni Heigl)

Fragt man Jonathan Westermeier, Sprecher von FFF, warum die Kritik so spät kommt, erklärt dieser am Telefon, weil alles basisdemokratisch entschieden werde und alle sich ehrenamtlich engagieren würden, dauere es manchmal ein wenig länger. Zur Wahrheit gehört aber wohl auch, dass die Bewegung in Dachau gerade schwach aufgestellt ist. Es sei schwer, junge Menschen aus dem Landkreis zu "mobilisieren", gibt Westermeier zu. Fragt man ihn, warum weder er - beim Bürgerdialog ist er nur online zugeschaltet gewesen - noch jemand anderes von FFF sich bei der Diskussionsrunde Gehör verschaffte, sagt Westermeier, es sei schlicht kein "faires Angebot auf Augenhöhe" gewesen.

Landrat Stefan Löwl ist, konfrontiert mit den Vorwürfen, sichtlich irritiert. Man habe FFF sehr wohl eingeladen, aber eine Absage erhalten. Versucht man herauszufinden, wie und in welcher Form die Einladung ausgesprochen worden ist, findet man eine E-Mail, die an FFF Deutschland adressiert ist, aus der aber nicht unbedingt eine Einladung herauszulesen ist. Außerdem findet man eine E-Mail von einem ehemaligen Landratsamtsmitarbeiter an Luisa Cuorvo vom Kreisjugendring. Darin heißt es, man wolle verschiedene Perspektiven beleuchten und sei deshalb auf der Suche nach jungen Teilnehmenden, ob Cuorvo jemanden kenne, der sich im Landkreis für Klimaschutz engagiere, zum Beispiel bei FFF.

Courvo ist beim KJR für ein Ökologieprojekt tätig, zeitweise hat sie sich auch bei FFF engagiert. Sie sagt, dass sie sich nicht daran erinnere, die Anfrage an FFF Dachau weitergeleitet zu haben. Zum einen, weil die Mail ja an ihre KJR-Mailadresse gegangen sei, zum anderen weil sie zu dem Zeitpunkt der Anfrage schon nicht mehr bei FFF aktiv gewesen sei. Fest steht: Es gab seitens des Landratsamts Bemühungen, FFF einzuladen, allerdings offenbar über so viele Umwege, dass die Einladung bei den Richtigen nie angekommen ist.

Wahlkampfmonolog oder Bürgerdialog? Das ist die Frage

Bleibt die Frage: Hat es sich wirklich um einen "Wahlkampfmonolog statt Bürgerdialog" gehandelt, wie es FFF dem Landrat vorwirft? Nachgefragt bei einem, der nicht im Verdacht steht, zu einer Wahlveranstaltung der CSU zu gehen: Ulrich Rauhut. Der ist bei den Grünen in Röhrmoos aktiv, vor eineinhalb Jahren hat er auch den Arbeitskreis Windenergie mitgegründet. "Ich habe das nicht als Wahlkampfveranstaltung wahrgenommen", sagt er. Und so grundsätzlich, tut der Landkreis genug im Bereich Klimaschutz? Rauhut sagt, er könne nicht für alle Bereiche sprechen, aber zumindest was sein Spezialgebiet, die Windenergie, anbelange, da bekomme man schon Unterstützung. Freilich, ergänzt er: Noch gehe es nicht um die tatsächliche Genehmigung solcher Vorhaben, aber zumindest bei der Organisation von Infoveranstaltungen arbeite man gut mit dem Landkreis zusammen.

Obwohl Rauhut selbst der Abend positiv in Erinnerung geblieben ist, sagt er: "Ich verstehe die schon." Er meint: Den Unmut der FFF-Bewegung, der die Mühlen der Politik immer noch zu langsam mahlen. Er finde es grundsätzlich gut, "dass die Druck machen". Auch den Vorwurf Westermeiers, dass an dem Abend etwa der ÖPNV, auf dessen Ausgestaltung der Landkreis tatsächlich Einfluss nehmen kann, kaum zu Wort kam, kann Rauhut nachvollziehen. "Jeder muss auf seiner Ebene etwas tun", man dürfe Verantwortung nicht immer weiter schieben.

Löwl fordert von FFF konkrete Vorschläge statt allgemeiner Kritik

Katrin Staffler sagt, sie stimme mit FFF insofern überein, als dass "wir mehr Klimaschutz brauchen, indem wir die erneuerbaren Energien massiv ausbauen - auch in Bayern". Die Kritik, ihre Partei sei nicht gesprächsbereit, kann sie indes nicht nachvollziehen. Zum Vorwurf, es habe sich um eine Wahlkampfveranstaltung der CSU gehandelt, gibt sie zu bedenken, dass sie als Bundestagsabgeordnete und Löwl als Kommunalpolitiker erst in ein paar Jahren wieder eine Wahl gewinnen müssten.

Landrat Löwl betont zum Schluss, das Angebot zum Dialog bestehe weiter. Allerdings erwarte er "konkrete Vorschläge", was der Landkreis besser machen könne. Immer nur zu kritisieren, dass die Politik nichts mache, reiche auf Dauer nicht.

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