Freibad Dachau:"Natürlich gibt es bei uns auch Pommes"

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Aus der H2O-Lounge ist nun eine Aqua Bar geworden. Pächter Wolfgang Karl freut sich jetzt auf den Saisonstart im Familienbad. (Foto: Toni Heigl)

Wolfgang Karl ist der neue Pächter im Dachauer Familienbad. Nach der langen Sanierung der Becken musste er in Windeseile reagieren, um seine Aqua Bar rechtzeitig eröffnen zu können

Von Thomas Balbierer, Dachau

Kann ja mal passieren. Am vergangenen Freitag steht Wolfgang Karl auf der Holzterrasse der neuen "Aqua Bar" im Dachauer Familienbad, da ruft eine Mitarbeiterin durch die Essensausgabe nach dem Chef: "Die Kasse funktioniert nicht!" Gerade hatte Karl noch erzählt, dass auch die beiden Kühlschränke noch nicht so liefen wie sie sollten, aber der Gastronom bleibt cool. "Wahrscheinlich ist der Stecker raus", ruft er Richtung Kiosk. Kurz darauf meldet die Kollegin, dass die Kasse jetzt funktioniere - es war der Stecker. Wolfgang Karl ist der neue Pächter der Dachauer Frei- und Hallenbadgastronomie. Und dass noch nicht alles rund läuft am Vortag der Eröffnung, das ist auch klar.

Innerhalb von zwei Wochen habe er Ausstattung und Personal nahezu aus dem Boden gestampft. "In Windeseile" musste Karl das Restaurant startklar machen - wegen der Corona-Krise und der Verzögerung bei der Sanierung des Schwimmerbeckens war lange unklar, ob das Dachauer Freibad in diesem Jahr überhaupt aufmacht. Und so musste auch der Gastronom erst lange abwarten und dann, als klar war, dass das Bad öffnen würde, sehr schnell reagieren. Aber pünktlich zum Saisonstart war sein Team bereit für hungrige Gäste. "Ohne unsere Erfahrung wäre das undenkbar gewesen", sagt Karl, der seit acht Jahren den Kiosk im Münchner Westbad betreibt.

In Dachau folgt er auf Parthena Spanidou, die 15 Jahre lang für Verköstigung und gute Laune der Schwimmgäste zuständig gewesen ist. Die lebensfrohe Griechin wurde von vielen nur "Poppy" genannt, ihr Kiosk wurde für die Dachauer zu mehr als einem Imbiss. Er war Treffpunkt und Sehnsuchtsort, nicht nur für die Kinder, die hier nach dem Toben im Wasser für eine Tüte Pommes anstanden, sondern auch für die Erwachsenen, die bei Kaffee oder Weißbier auf der Sonnenterrasse dem Alltagsstress für eine Weile entfliehen und sich in ihre eigene Kindheit zurückversetzt fühlen wollten.

So viel Unbekümmertheit würde sich wohl auch Wolfgang Karl für seine Gäste wünschen, doch vor den Folgen der Corona-Pandemie ist nicht mal der Freibadkiosk sicher. Die Gäste müssen sich an Maskenpflicht und Abstandsregeln halten und beim Verweilen auf der Terrasse ihre Kontaktdaten hinterlegen. Service am Tisch gibt es derzeit nicht, nur Pager, die vibrieren, wenn die Bestellung abholbereit ist. Immerhin: Es gebe jetzt kostenloses und zeitlich unbegrenztes Wlan auf der Caféterrasse, so Karl.

So richtig gut läuft das Geschäft nach den ersten Tagen noch nicht, gibt der Chef bei einem Telefonat am Mittwoch zu. "Für uns läuft es nett an, aber es sind noch lange nicht die Gästezahlen, auf die wir hoffen", sagt der Gastronom. Aus dem Hintergrund dringt Kindergeschrei und das Rauschen von Wasser in die Leitung. Doch er wolle nicht jammern, sondern das Beste aus der Situation machen. Wichtig sei ihm, die Dachauer kennenzulernen und sein Konzept vorzustellen. Auf Gewinn hofft er in dieser Saison ohnehin nicht mehr, Hauptsache die Kosten seien am Ende gedeckt.

Die wichtigste Frage muss man dem Unternehmer gar nicht mehr stellen, weil er sie gleich am Anfang des ersten Treffens beantwortet hat. "Natürlich gibt es bei uns auch Pommes", sagte er da. Karl muss das Konzept Freibadkiosk nicht neu erfinden. In normalen Zeiten läuft so ein Geschäft fast von alleine, denn wer schwimmt und in der Sonne liegt, kriegt irgendwann Hunger und Durst. So hat der neue Pächter zwar den Namen der ehemaligen "H₂0-Lounge" zu "Aqua Bar" geändert und die Speisekarte an einigen Stellen überarbeitet - es gibt jetzt auch feine Salate, frische Ofenkartoffeln und gebackenen Camembert - doch auch Karl weiß, was seine nassen Gäste im Grunde begehren: eine erfrischende Abkühlung im Glas und einen stärkenden Snack auf den Teller. Und vielleicht ein süßes Eis. Denn das schmeckt auch in Corona-Zeiten im Freibad am besten.

© SZ vom 30.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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