Süddeutsche Zeitung

Fotografie und Malerei:Intensive Leichtigkeit

Die eleganten Fotografien von Petra Lernhart ergänzen sich vortrefflich mit den rauschhaften Acrylgemälden von Mirjam Teske. Sehen kann man die Arbeiten noch bis Sonntag in der Doppelausstellung "Licht und Farbe" im Dachauer Wasserturm

Von Andreas Förster, Dachau

An heißen Tagen, wie sie derzeit gerade herrschen, ist es im Dachauer Wasserturm angenehm kühl. Bei den Bildern der beiden Dachauer Künstlerinnen hingegen wird einem gleich wieder warm ums Herz. Die Farben sind intensiv wie Sonnenstrahlen im Juli. Natur, Städte, Gesichter, die Motive mögen zufällig entstanden sein, entwickeln aber ein soghafte Wirkung. Lernharts Fotografien und Teskes Acrylbilder harmonieren und grenzen sich doch klar voneinander ab.

Die Fotografien haben, schon rein äußerlich, eine Glätte an sich, dadurch wirken sie auf den ersten Blick kühl, elegant und durchkomponiert. Nichtsdestoweniger sinnlich, manchmal verschwommen oder verzerrt, mit Überblendungen, dann wieder glasklar und betörend in Farbe und Gestaltung. Am stärksten ist der Ausdruck in den großflächigen Naturaufnahmen, weil die Bewegung durch den Wind eingefangen oder reproduziert wurde. Der Moment der emotionalen Ergriffenheit bleibt dadurch erhalten und überträgt sich auf den Betrachter. Die Frauenporträts wurden hinter Glasscheiben aufgenommen, dadurch spiegeln sie ein wenig. Die Frauen fühlen sich aber dadurch unbeobachtet, gelöst und frei vor der Kamera, genau das macht die Bilder so intensiv. Was Lernhart und Teske verbindet - neben der Tatsache, dass sie durch ihre Kinder seit einem Jahr miteinander befreundet sind - ist zum einen ihre Kreativität: Beide haben künstlerische Berufe gelernt, Lernhart ist Schneidermeisterin und Modedesignerin mit Lehrauftrag an der Akademie für Mode in München. Teske hat Schauwerbegestalterin gelernt und Innenarchitektur studiert. Beide Frauen sind am Bodensee geboren und aufgewachsen, fröhlich, kommunikativ und zugewandt. Bei der Vorbereitung ihrer Doppelausstellung hatten sie jedenfalls sehr viel Spaß.

Trotz der vielen Gemeinsamkeiten gibt es, wie sollte es anders sein, auch reizvolle Unterschiede im Entstehungsprozess und im künstlerischen Ausdruck: So wirken Teskes Bilder weniger durchkomponiert oder maßgeschneidert wie die Fotografien. Sie scheinen eher einem kreativen Rausch entsprungen zu sein. "Das Motiv kommt immer recht unmittelbar aus mir heraus", beschreibt Teske ihre Herangehensweise. "Wenn ich dann merke, dass ein Bild noch nicht fertig ist, übermale ich es zum Teil wieder; das Alte scheint dann noch durch", erklärt sie. Durch die abstrakte Malerei verarbeite sie den Alltagsstress. Die Titel findet sie im der Nachbetrachtung ihrer Werke, so bleibt Raum zur Interpretation.

Teske und Lernhart arbeiten überwiegend impulsiv, aus dem Moment heraus. Mit untrüglicher Intuition erschaffen sie dabei Werke, die nicht zufällig entstehen. Teske verwendet auf der Leinwand nie mehr als drei, maximal vier Farben, hier und da Schattierungen, mal gespachtelt, mal gepinselt, spontan werden Holzschnipsel oder andere Materialien wie Kaffeepulver mitverarbeitet. Wenn es Linien gibt, dann sind sie zumeist klar, nicht wirr, das verbindet die Bilder der beiden Dachauerinnen wieder. Durch die klare Struktur von Licht und Farbe sowie die Reduzierung aufs Wesentliche erhalten sowohl Teskes Bilder als auch Lernharts Fotografien eine emotionale Präsenz, der man sich nur schwer entziehen kann.

"Licht und Farbe" im Dachauer Wasserturm. Die Doppelausstellung läuft bis einschließlich Sonntag, 7. Juli. Geöffnet ist sie am Freitag von 15 bis 20 Uhr und am Wochenende von 12 bis 19 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 03.07.2019
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