Süddeutsche Zeitung

Fotoausstellung:Barrierefreiheit in den Köpfen

Lesezeit: 2 min

Die Elterninitiative "Kunterbunte Inklusion" veranstaltet in Dachau einen Aktionstag mit prominenter Unterstützung

Von Helen Krueger-Janson, Dachau

Das Projekt Kunterbunte Inklusion veranstaltet am Samstag, 6. Juli, den Aktionstag "Kunterbunte Lebenslinien" in Dachau. Die Elterninitiative widmet sich zusammen mit dem Verein Behinderte und Freunde Stadt und Land Dachau ganz der Inklusion von behinderten Kindern in der Gesellschaft.

Der Hauptanlass der Veranstaltung ist die Fotoausstellung, die Kinder mit und ohne Behinderung in ihren späteren Wunschberufen zeigt: Als Schauspieler, Bäcker oder Busfahrer. So wie der Sohn der Aktionsveranstalterin Marianne Nickl, der sich am Steuer des 710er Busses in Dachau fotografieren ließ. Auf insgesamt 25 verschiedenen Schauplätzen erprobten die Kinder ihre derzeitigen Berufswünsche. Oft ist auf den Bildern nicht zu erkennen, welches der Kinder eine Beeinträchtigung aufweist. Genau gegen diese Trennung in der Gesellschaft setzt sich der Aktionstag "Kunterbunte Lebenslinien" nämlich ein.

Die Aktion soll zudem auf die nötige und mögliche Inklusion im Berufsleben aufmerksam machen, die schon in der Schulzeit beginnen müsse. Denn bisher besuchen kaum Kinder mit Beeinträchtigung Regelschulen. Seit 2009 haben sie offiziell das Recht, auf Regelschulen zu gehen, sie können sich sogar einklagen. Doch die Bedingungen für Barrierefreiheit an Regelschulen sind teilweise so schlecht, dass Kinder im Rollstuhl noch die Treppen hochgetragen werden müssen. "So langsam beginnt der Umbau der Schulen", sagt Marianne Nickl. Viele Eltern müssen sich allerdings trotz Barrierefreiheit für die Sonderschulen entscheiden. Denn behindertengerecht bedeutet auch, dass Sonderpädagogen und kleinere Klassen eine Betreuung erst möglich machen. "Inklusion hilft nicht nur den Behinderten", sagt Nickl dazu leicht verärgert. Sie bereichere die Gesellschaft und mache Kinder ohne Einschränkung für erschwerte Lebensbedingungen sensibel.

Die Schirmherrin der Veranstaltung ist die bayerische Sozialministerin Kerstin Schreyer (CSU). Sie lobte das Vorhaben bereits und möchte "die Barrieren in den Köpfen beseitigen". Im Kopf fange die Inklusion an. Marianne Nickl kann das nur bekräftigen, denn auch im privaten Umfeld weist der Umgang mit Kindern mit Behinderung noch Hindernisse auf, sagt sie. Befreundete Eltern wüssten schlichtweg nicht, wie sie bei Besuchen von Kindern mit Behinderung mit der zusätzlichen Aufsichtspflicht umgehen sollen.

Staatsministerin Schreyer wird den Aktionstag um 15 Uhr in der Firma Amper-Plastik in der Otto-Hahn-Straße 2 in Dachau gemeinsam mit den Veranstaltern eröffnen. Außer ihr sprechen hier auch betroffene Eltern und Berufstätige wie Markus Ertl. Er berichtet als blinder Abteilungsleiter der Sparkasse Bad Tölz über sein Berufsleben. Auch Seriendarstellerin Silke Popp aus der Sendung "Dahoam is Dahoam" des Bayerischen Rundfunks wird kommen. An ihrem Set durfte eines der Kinder das Bild für die Fotoausstellung machen. Ab 16 Uhr serviert das Café Kunterbunt mit Unterstützung der Dachauer Bäckerei Denk Kaffee und Kuchen. Die Bäckerei selbst hat zwei Auszubildende mit Behinderung eingestellt und will ihnen Geduld und Zeit widmen. Um 16.30 Uhr wird dann ein von Flüchtlingen selbst genähtes Dirndl aus afrikanischem Stoff von der Initiative Integration mit Augenmaß sowie ein Collier der Schmuckdesignerin Nicole Hayduga versteigert. Der Erlös soll die Veranstaltungskosten decken und weitere Projekte mitfinanzieren. Anschließend wird die Schauspielerin Silke Popp eine Autogrammstunde geben. Bunter könnte die Unterstützung für das Thema Inklusion kaum sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4512341
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.07.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.