Nun trifft die Corona-Krise ausgerechnet die bedürftigen Menschen im Landkreis Dachau besonders hart. Denn die Dachauer Tafel muss schließen - voraussichtlich gleich für vier Wochen. Die Einrichtung gibt wöchentlich Lebensmittel an 300 Bürger und Bürgerinnen aus und versorgt damit ungefähr tausend Menschen. Zwei Gründe haben das Rote Kreuz in Dachau bewogen, die Ausgabestelle in der Brunngartenstraße in der Stadt dicht zu machen. So sollen die etwa 130 ehrenamtlichen Helfer, durchweg ältere Frauen und Männer, vor einer Infektion mit dem Coronavirus geschützt werden, aber auch die Kunden. Doch der Tafel gehen inzwischen auch die Lebensmittel, die bisher gespendet wurden, aus - eine Folge der Hamsterkäufe, wie die Leiterin Edda Drittenpreis sagt. "Wir haben schlicht keine Ware mehr, stehen vor leeren Regalen."
So geht es nicht nur der Dachauer Tafel.
Vielmehr haben bereits 130 der insgesamt etwa 940 ehrenamtlichen Tafeln in Deutschland ihren Betrieb eingestellt, wie die bundesweite Organisation Tafel Deutschland mitteilt. Manche Einrichtungen versuchen noch, verstärkt jüngere Leute in die Helferteams einzubinden. Für das Rote Kreuz (BRK) im Landkreis ist das so kurzfristig jedoch nicht zu leisten, wie BRK-Kreisgeschäftsführer Paul Polyfka betont. Zumal die Hilfsorganisation sich nun wegen des ausgerufenen Notstands in der Corona-Krise auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren muss.
Es war dennoch eine schwere Entscheidung, wie Paul Polyfka betont. Aber die Ehrenamtlichen zählen zur Risikogruppe, für die eine Infektion mit dem Coronavirus lebensbedrohliche Folgen haben könnte. Viele der Helfer "sind auch von ihrem privaten Umfeld und der Familie angesprochen worden, sich nicht mehr diesem Risiko auszusetzen."
Die Epidemie bringt die gut organisierte Tafel noch von einer anderen Seite in Probleme. "Wir kriegen fast keine Ware mehr", sagt Tafel-Leiterin Edda Drittenpreis. Die Einbrüche seien drastisch. Normalerweise drehen die ehrenamtlichen Fahrer im Tafelteam mit zwei Transportern drei Abholrunden durch den Landkreis und kehren jedes Mal mit vollen Autos zurück. "Jetzt fahren sie hin und stellen fest, dass nichts für uns da ist." Das liege nicht an den Geschäftsleuten, sondern an den Hamsterkäufern, betont Drittenpreis. Die stürzen sich offenbar nicht nur auf Klopapier und Nudeln, sondern bunkern auch Joghurt und andere frische Lebensmittel. Für die ärmeren Bürger im Landkreis bleibt dann nichts übrig. Wichtig ist Polyfka aber: "Keiner muss Hunger leiden." Wer sich nicht selbst versorgen kann, möge sich melden. "Wir versuchen dann alles möglich zu machen, um diesen Menschen zu helfen."
Schon bei der vorläufig letzten Ausgabe am Mittwoch gab es besondere Sicherheitsvorkehrungen: Damit sich die Abholer nicht in den Ausgaberäumen drängten, wurden sie nur einzeln vorgelassen. So sollten Kunden wie Ehrenamtliche vor einem zu engen Kontakt geschützt werden. Denn nicht nur die Helfer im Alter zwischen 65 und 80 Jahren gehören zur Risikogruppe, auch von den Kunden sind nicht wenige schon im Rentenalter. Die Menschen konnten sich noch ein letztes Mal gut eindecken, alle durften so viel wie möglich mitnehmen, bevor nun die Ausgabe schließt.
Dabei ist die Dachauer Tafel für Menschen mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten eine wichtige Hilfe. Denn für einen symbolischen Kostenbeitrag von einem Euro erhalten Bedürftige dort wöchentlich Lebensmittel, die örtliche Supermärkte, Bäckereien und Lebensmittelhändler nicht verkauft haben und daher spenden. Um diese Bedeutung für Ärmere wissen auch das BRK und das Tafelteam. Die Schließung will man so kurz wie möglich halten.
In vier Wochen, wenn nach aktueller Planung Schulen und Kitas wieder öffnen sollen, "wollen wir wieder an den Start gehen", kündigt Geschäftsführer Paul Polyfka an. Wiedereröffnung der Tafel ist also am Mittwoch, 22. April. Auch bis dahin will das BRK aber Menschen in Not nicht alleine lassen. Wer Lebensmittel benötigt, kann sich in der BRK-Geschäftsstelle melden: unter der Telefonnummer 08131/36630.