Fluss:Trübe Aussichten

Die Wissenschaftlerin Marion Immig hat die Wasserqualität der Glonn untersucht. Das Ergebnis: Der ökologische Zustand des Flusses ist unbefriedigend, die Ziele einer EU-Schutzrichtlinie können mittelfristig wohl nicht erreicht werden

Von Horst Kramer, Pfaffenhofen a. d. Glonn

Der Vortrag von Marion Immig war ernüchternd. Die Münchnerin, die an der Universität Stuttgart Umweltschutztechnik studiert hat, stellte am Montag Abend ihre Masterarbeit im Gemeinderat von Pfaffenhofen a. d. Glonn vor. Das Thema: Der Zustand der Oberen Glonn. Ein Werk, das sie auf Anregung und in Kooperation mit dem Wasserwirtschaftsamt München und der Gemeinde Pfaffenhofen erstellt hat. Ihr Fazit: "Der ökologische Zustand ist unbefriedigend."

Die Behörde war schon 2015 zu demselben Urteil gekommen. Dass die Ziele der EU-Wasserschutzrichtlinie (siehe Kasten) erreicht werden können, erscheinen der Wissenschaftlerin wie dem Amt als "unwahrscheinlich". Der Grund: Die Belastung des Gewässers durch Nährstoffe ist hoch. Die Folge: eine "Verkrautung" des Flusses. Die Tier- und Pflanzenwelt der Glonn entsprächen nicht der eines typischen Voralpengewässers, so Immig. Ein besonderes Problem stellten Phosphor und Phosphate dar - Verbindungen, die in Dünge- und einigen Reinigungsmitteln verwendet werden. Pfaffenhofens Bürgermeister Helmut Zech (CSU) hatte Immigs Vortrag mit der Bemerkung eingeleitet: "Der Zustand der Glonn bei uns ist ja gut." Eine knappe Stunde später meinte er lakonisch: "Bis 2021 ist wenig Zeit. Wir müssen uns ranhalten."

Fluss: Unpassierbarkeit und fehlende Laichplätze: In der Glonn leben zu wenige Fischarten, der Bestand entspricht nicht dem eines typischen Voralpenflusses. Der mäßige Zustand der Glonn ist aber kein Einzelfall im Dachauer Land. Auch der Amper und der Ilm wurden bereits keine guten Zeugnisse ausgestellt.

Unpassierbarkeit und fehlende Laichplätze: In der Glonn leben zu wenige Fischarten, der Bestand entspricht nicht dem eines typischen Voralpenflusses. Der mäßige Zustand der Glonn ist aber kein Einzelfall im Dachauer Land. Auch der Amper und der Ilm wurden bereits keine guten Zeugnisse ausgestellt.

(Foto: Toni Heigl)

Immig hatte die Obere Glonn im vergangenen Jahr im Abschnitt zwischen Poigern (Landkreis Fürstenfeldbruck) und Odelzhausen eingehend untersucht. Von Mai bis August entnahm sie Wasserproben an drei eigens von ihr errichteten Messstationen; sie analysierte die Kennzahlen der Kläranlagen bei Poigern und Pfaffenhofen - die sie als sehr wirkungsvoll lobte -, watete durch den Bach, bestimmte die Fauna und Flora und zählte sogar Kleinstlebewesen. Zudem ging Immig Abschnitte des Flusses sowie einiger seiner Zuflüsse zu Fuß ab und dokumentierte die Veränderungen im Tagesverlauf. Ihre Proben wurden von spezialisierten Laboren ausgewertet. "Eine sehr teure Angelegenheit", merkte die Wissenschaftlerin an. Der Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die Kläranlage in Poigern, die zuverlässige Kennzahlen zum Zustand der Glonn liefert: Organische Kohlenstoffverbindungen werden dort weitgehend abgebaut, Stickstoffverbindungen kratzten indes zeitweilig an den Grenzwerten. Ganz wichtig: Die Anlage kann Phosphorverbindungen aus dem Wasser entfernen - ein Verfahren, das "Phosphatfällung" genannt wird und bei dem bestimmte Salze zugegeben werden. Der entwässerte Klärschlamm wird verbrannt.

Mit anderen Worten: Die Phosphorverbindungen, die Immig an ihren Messstationen zwischen Poigern und Odelzhausen nachweisen konnte, mussten in diesem Abschnitt eingeflossen sein. Die Mengen seien zwar gering, die Wirkung aber beträchtlich, so die Gewässerspezialistin. Bei der Ammoniumstickstoffmessung stellte sich heraus, dass die Konzentrationen beträchtlich über den ökologisch wünschenswerten Werten lagen: Statt 0,1 Milligramm pro Liter steigen sie im Untersuchungszeitraum auf über einen Milligramm pro Liter an. Zur Verwunderung Immigs wurden die negativen Spitzenwerte vor allem in den Morgenstunden ermittelt: an der Messstation bei der Furthmühle mit 1,4 Milligramm pro Liter und beim Odelzhausener Ortsteil Dietenhausen sogar mit 1,8 Milligramm pro Liter. Ob das an der besseren Sauerstoffzirkulation oder an nächtlicher Einleitung liege, vermöge sie nicht zu sagen, so die Umweltschutztechnikerin, "da wäre detektivische Kleinarbeit nötig."

Die EU-Richtlinie

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie trat im Jahre 2000 im Kraft. Ihr Ziel ist die Herstellung eines "guten Zustands" bei natürlichen Gewässern.

Dazu wurde eine fünfstufige Bewertungsskala (sehr gut, gut, mäßig, unbefriedigend, schlecht) eingeführt, die Flüsse und Seen nach biologischen und chemischen Kriterien bewertet.

Seit 2009 werden jeweils sechsjährige Maßnahmenprogramme aufgelegt. Die gegenwärtige Periode läuft bis 2021, die folgende bis 2027. Kram

Auffällig dabei: Fast alle Werte gingen in den wenigen Regentagen des vergangenen Sommers in die Höhe. Möglicherweise durch ungeklärtes Oberflächenwasser, so Immig. Landwirt Michael Lampl (CSU) zeigte sich erstaunt: "Unsere Uferabschnitte werden inzwischen alle extensiv bewirtschaftet." Der Spargel- und Obstlandwirt Manfred Wolf (AWG) vermutete den Schweinbach als Ursache: "Dort reichen einige Äcker direkt bis an das Ufer."

Ein weiteres Manko der Glonn: die Unpassierbarkeit des Flusses für Fische sowie die fehlenden Laichplätze. Eine Aussage, die bei einigen Gemeinderäten auf Widerspruch stieß, weil nach ihrer Beobachtung zahlreiche Fische im Bach lebten. Immig stellte klar: "Es kommt nicht auf die Anzahl der Fische an, sondern auf die vorhandenen Arten." Der Fischbestand der Glonn entspräche nicht dem eines typischen Voralpenflusses. Klaus Reindl (AWG) wies darauf hin, dass der Furthmühlenbesitzer Albert Aumüller schon vor vier Jahren angeboten hätte, ein Laichareal auf seinem Grundstück anzulegen, aber damals beim Wasserwirtschaftsamt auf wenig Gegenliebe gestoßen sei. Immigs pragmatischer Rat: "Versuchen Sie es einfach noch einmal."

Zech sagte: "Sohlrampen (naturnahe Wehre, die von Fischen passiert werden können - d. Red.) sind ein Thema für uns, die Phosphatfällung auch. Stickstoff ist dagegen ein Problem, das nicht nur uns, sondern alle gleichermaßen betrifft." Wie Pfaffenhofen künftig mit der Phosphatthematik umgeht, ließ Zech offen. "Wir müssen alle Optionen prüfen und durchrechnen."

Immig machte den Pfaffenhofenern Mut: "Nur weil ein Problem komplex ist, heißt es nicht, dass man es hinnehmen muss." Zech griff den Gedanken auf: "Selbst wenn wir es 2021 nicht erreichen, könnten wir es vielleicht bis 2023 schaffen." Das Wasserwirtschaftsamt prognostiziert, dass zumindest bis 2027 ein ökologisch guter Zustand der Glonn erreichbar sein müsste. Die Glonn ist kein Einzelfall im Dachauer Land. Das bayerische Umweltministerium und sein Wasserwirtschaftsamt bewerten fast alle Seitenflüsse der Glonn ähnlich; der Zustand der Amper wird als "mäßig" eingestuft, der Oberlauf der Ilm gar als "schlecht". Das Erreichen des Umweltziels bis 2027 sei aber in allen Fällen wahrscheinlich, so die Behörden.

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