Flüchtlingsband:Verbotene Lieder aus der Heimat

Konzert in Lauterbach

Musik ist ihre Leidenschaft: Amin Ghorbanzadeh und Bahman Falahpour in der Asylbewerberunterkunft Gröbenried.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Amin Ghorbanzadeh ist aus dem Iran geflohen. Mit seiner Band gibt er Konzerte, die ihn seine Alltagssorgen vergessen lassen

Von Renate Zauscher, Bergkirchen

"Musik, das ist eine Leidenschaft, eine Liebe - ohne Musik geht es nicht." Mit diesem Satz bezieht sich Mansor Babei, in der Flüchtlingsunterkunft von Gröbenried lebender Iraner, nicht nur auf die Bedeutung, die die Musik für Iraner ganz allgemein hat, sondern vor allem auch auf seinen Landsmann Amin Ghorbanzadeh und auf dessen Freunde Bahman Falahpour und Sadegh Gholami: drei Musiker, die zusammen das "Persische Musik-Zentrum" (PMC) gegründet haben. Am Samstag, 27. April, tritt Ghorbahnzadeh mit seiner Band bei einer Veranstaltung der Volkshochschule (VHS) Bergkirchen in der Alten Schule Lauterbach auf.

Amin Ghorbanzadeh lebt seit drei Jahren in Gröbenried. Er ist seit Beginn bei den interkulturellen Projekten der VHS Bergkirchen mit dabei: beim Asyl-Chor ebenso wie bei Jam-Sessions mit anderen Musikern. Dort kennt man ihn inzwischen als charmanten "Showman", der die Bühne liebt. Mit seinem Freund Bahman, der wie er selber aus einer Stadt am Kaspischen Meer kommt und heute im Landkreis Biberach in Baden Württemberg lebt, musiziert Ghorbanzadeh seit zwei Jahren zusammen: Amin spielt Gitarre, Bahman am Keyboard. Percussionist Sadegh, der in Regensburg lebt, schloss sich ihnen vor zwei Monaten an. Ein gemeinsamer Auftritt fand bereits in der Dachauer Schranne statt; auch in einem persischen Restaurant in München waren die drei Iraner schon mehrfach zu hören.

Für die drei jungen Männer ist das gemeinsame Musizieren ein wichtiger Ausgleich zu ihrem Alltag. Dieser besteht im Wesentlichen aus Arbeit - und aus der Sorge, wie es im Leben weitergehen soll. Ghorbanzadeh arbeitet im Bergkirchener Gewerbegebiet Gada als Lagerist und ist nebenbei als Judo-Trainer an einer Sportschule tätig. Er spricht mittlerweile gut Deutsch, muss aber dennoch die Abschiebung in den Iran fürchten, seine Heimat, in der er erhebliche Probleme hatte und, wie er berichtet, auch Misshandlungen durch die Polizei ausgesetzt war. Sein Asylantrag ist trotzdem abgelehnt worden: Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) habe man seinen Schilderungen nicht glauben wollen, berichtet Ghorbanzadeh. Mit Angst verfolgen deshalb er und alle anderen Flüchtlinge in ähnlicher Lage jede Äußerung deutscher Politiker zum Thema Abschiebung: "Ich habe großen Stress - ich weiß nicht, was ich machen soll", sagt der 34-Jährige.

Bahman Falahpour geht es ähnlich, auch wenn er ein auf drei Jahre begrenztes Bleiberecht als anerkannter Flüchtling bekommen hat. Auch er arbeitet, als Maschinist und Baggerführer, und auch er weiß nicht, wie es nach Ablauf der Dreijahresfrist für ihn weitergehen wird. Musik ist in dieser Situation für die jungen Iraner sehr viel mehr als nur ein Hobby. "Wenn wir Musik machen, sind wir glücklich, zufrieden", sagt Amin Ghorbanzadeh.

Er und seine Band spielen vor allem iranischen Pop, ein Genre, für das es in ihrer Heimat keine Bühne gibt. Zwar könne man diese Musik "in jedem Taxi" und auf jeder privaten Party hören. Konzerte aber, bei denen es "um Liebe oder um schöne Frauen" gehe, dürften nicht stattfinden. Lediglich für Aufführungen mit religiösem Charakter oder mit Bezug zu akzeptierten politischen Themen gebe es entsprechende Genehmigungen. Wer Popmusik machen wolle, trete deshalb im Ausland auf, in Dubai, der Türkei, Großbritannien oder den USA. Frauen dürften ohnehin nur "mit leiser Stimme" singen, alles andere sei "haram", verboten.

Neben Pop spielen Ghorbanzadeh und seine Freunde auch traditionelle persische Musik. Solche etwa wie die aus dem Norden Irans, wo Ghorbanzadeh und Falahpour zu Hause waren. Hier, in einer überwiegend landwirtschaftlich geprägten Region, sei seit Jahrhunderten bei der gemeinsamen Arbeit gesungen und im Winter auch zusammen musiziert worden, berichtet Mansor Babei, der beim Gespräch in Gröbenried mit dabei ist. Auch im Süden des Landes, dort, wo am Persischen Golf die Fischerei eine wichtige Rolle spiele, gebe es eine alte, sehr bekannte Tradition des Instrumentalspiels und Singens.

In Gröbenried treffen sich die drei Musiker jedes Wochenende. Sie üben dann für ihre nächsten Auftritte - und können dabei die Sorge, wie ihre Zukunft aussehen wird, zumindest für ein paar Stunden vergessen.

Das Konzert von Amin Ghorbanzadeh und seiner Band am Samstag, 27. April, in der Alten Schule Lauterbach beginnt um 20 Uhr. Karten zu zehn Euro gibt es noch bei der VHS Bergkirchen und bei der Tankstelle Steininger in Bergkirchen.

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