Süddeutsche Zeitung

Flucht aus Nigeria:Wo Schwulsein als Verbrechen gilt

Ich habe in Lagos gearbeitet als Friseur für Damen und Herren. Ein Freund von mir wurde beschuldigt, an homosexuellen Handlungen beteiligt gewesen zu sein. In Nigeria ist gleichgeschlechtlicher Sex von Gesetzes wegen verboten, die Gesellschaft akzeptiert es auch nicht. Es ist ein Tabu. Der Freund wohnte in unserem Haus. Eine Horde von Studenten rückte an und wollte ihn umbringen. Er war aber nicht da, also fielen sie über mich her. Den Zahn hier vorne haben sie mir bei dem Überfall abgeschlagen und hier hinten die Narbe im Nacken kommt auch davon. Reden konnte man mit diesen Leuten nicht, da hört dir keiner zu. Dir will auch keiner zuhören. Und die Polizei tut nichts.

Ich bin aus Nigeria geflohen. In meinem Heimatland ist die Lage schlecht. Die Islamisten von Boko Haram terrorisieren die Leute. Zum Glück habe ich mit denen nie was zu tun bekommen. Trotzdem wünsche ich mir ein besseres Leben. Ich war insgesamt acht Monate unterwegs. Zu Fuß durchquerte ich einen Teil der Wüste. Übers Mittelmeer kam ich mit einem Boot, die Reise nach Italien dauerte fünf Tage. Manchmal rufe ich noch meine Mutter daheim an und erzähle ihr, wie es mir geht. Seit drei Monaten bin ich in Deutschland, aber ich habe immer noch viele Probleme. Es ist nicht sehr angenehm, in der Traglufthalle zu leben, das Essen ist nicht gut, und einen Job habe ich auch nicht. Ich würde gerne wieder meine alte Arbeit aufnehmen und hier in Deutschland als Friseur arbeiten.

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Quelle:
SZ vom 03.12.2015 / gsl
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