Flucht aus Nigeria:Schiffbruch im Mittelmeer

Asylbewerber

Eke Osagieduwa, 19, hat sich mit Drogenhändlern angelegt.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Die Odyssee des jungen Nigerianers Eke Osagieduwa

In Nigeria habe ich als Detektiv gearbeitet. Zu meinem Job gehörte es auch, der Polizei die Namen von Drogenhändlern zu nennen, die in den Dörfern Marihuana und andere Rauschmittel verkauften. Damit habe ich mir Feinde gemacht. Leute aus den Dörfern verfolgten mich bis zu meinem Haus. Dort eröffneten sie das Feuer. Meinen Vater haben sie erschossen. Ich bekam auch drei Kugeln ab. Sie können noch die Narben sehen. Hier, der Durchschuss durch die Wade, ein Schuss erwischte den Arm, die dritte Kugel traf mich in den Bauch.

Als ich die Polizei um Hilfe bat, sagten sie, sie könnten nichts für mich tun, ich müsse das Land verlassen. Ich kam aus dem Bundesstaat Edo und ging erst einmal in die Hauptstadt Lagos, um unterzutauchen. Aber dort war es nicht sicher. Ich zog weiter in andere Städte: nach Kano, Agadez, Gatron, aber überall war ich in Gefahr. Also ging ich nach Libyen. Die Lage dort stellte sich allerdings als sehr schwierig heraus. Ich sprach mit einem Araber und schilderte ihm meine Situation. Er vermittelte mich an Schlepper, die mir weiterhelfen sollten.

Mit einem Boot versuchten wir, das Mittelmeer zu überqueren - und kenterten. Wir waren 50 Leute an Bord, sieben ertranken. Die Küstenwache fischte uns Überlebende aus dem Wasser, wir waren immer noch vor der libyschen Küste. Mich brachten sie ins Krankenhaus. Anschließend musste ich für einen Monat ins Gefängnis wegen illegalen Grenzübertritts. Danach nahm ich eine andere Route aus dem Land über den Libanon in die Türkei und von dort nach Griechenland und Mazedonien.

An der Grenze zu Serbien wurde ich verhaftet. Sie verlangten 50 Euro, sonst würden sie mich in den Knast stecken. Tatsächlich saß ich noch mal fünf Tage im Gefängnis. Als sich mich frei ließen, folgte ich der Menschenmenge, die sich zu Fuß nach Ungarn aufgemacht hatte. In Ungarn wollten sie meine Fingerabdrücke nehmen, aber das wollte ich nicht. Sie drohten mir mit Abschiebung. Ich hatte Angst um mein Leben. Sechs Monate brachte ich in einem ungarischen Lager zu. Dort ging es mir sehr schlecht, es war schrecklich. Das Essen war mies, ich konnte nichts essen. In meinem Körper war fast kein Blut mehr. Ich wusste nicht, wie es weitergehen soll. Ein Anwalt nahm sich meines Falls an. Ich hatte Angst, dass ich abgeschoben werde. Also nutzte ich die erste Gelegenheit, um nach Deutschland weiterzureisen.

Das hier ist inzwischen das sechste Lager, in dem ich untergebracht bin. Leider habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner Familie. Meine Eltern sind tot, mein Bruder ist nach Abidjan an die Elfenbeinküste gegangen. Ich habe keine Telefonnummer von ihm. In Deutschland bin ich, weil ich mir hier ein besseres Leben erhoffe. Gerne würde ich auch wieder als Detektiv arbeiten, warum nicht? Auf diesem Gebiet habe ich Erfahrung. Ich könnte mir auch vorstellen, wieder im Dienst der Polizei tätig zu sein. Mit der deutschen Polizei habe ich kein Problem.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: