Dachau:Großteil der Lehrstellen ist unbesetzt geblieben

Lesezeit: 2 min

Hermann Krenn ist Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dachau und Sprecher des Arbeitskreises Schule und Wirtschaft im Landkreis. (Foto: Toni Heigl)

Immer mehr junge Leute wollen studieren. Der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft Dachau betrachtet diese Entwicklung mit Sorge.

Von Wolfgang Eitler, Dachau

Im Landkreis Dachau kommt im Schnitt ein Bewerber auf einen Ausbildungsplatz. Was aus Sicht von jungen Menschen, die eine Lehrstelle suchen, vorteilhaft anmutet, ist aus der Perspektive der Unternehmer alarmierend. Der Arbeitskreis Schule-Wirtschaft-Dachau hat jetzt eine Studie "Veränderungen im Auszubildendenmarkt" auf Basis der Zahlen von 2005 und 2015 erstellt. Auch Prognosen bis ins Jahr 2034 finden sich darin. Zugrunde liegen dabei allgemein zugängliche Daten auf Bundesebene sowie aus dem Landkreis Dachau. Der Arbeitskreis ist eine Art Schaltstelle zwischen schulischer und beruflicher Bildung. An ihm beteiligen sich Vertreter von Unternehmen, der Schulen und der Kommunalpolitik.

Wie Sprecher Hermann Krenn, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Dachau ausführt, liegt die Hauptursache für diese Entwicklung in dem Trend weg von der Lehrstelle hin zum Studium: "Waren es vor zehn Jahren in Deutschland noch 37 Prozent und im Landkreis Dachau 41 Prozent, so sind es heute auf Bundesebene 58 Prozent, bei uns sogar 64 Prozent", die eine höhere Laufbahn anstreben. Demnach wollen zwei Drittel eines Jahrgangs studieren. Krenn vermutet, dass sich "diese Tendenz fortsetzen" wird. "Wir rechnen damit, dass im Jahr 2034 bei uns rund 70 Prozent eines Jahrgangs ein Studium beginnen wollen."

Krenn ist skeptisch, ob das Studium vor allem wegen der Zweiteilung in den Bachelorabschluss und den Master tatsächlich der wirklich erfolgsversprechendere Weg ist. Er sagt: "Ein guter Schulabschluss, eine gute Berufsausbildung und der Meisterbrief sind eine hervorragende Basis, um wirtschaftlichen Erfolg und volle Auftragsbücher zu haben." Deshalb begrüßt er die Alternative eines dualen Studiums. Bei der Sparkasse könne man zum Beispiel innerhalb von viereinhalb Jahren den Beruf der Bankkauffrau und des Bankaufmmanns erlernen und gleichzeitig einen Bachelorabschluss erreichen.

Wieder mehr Azubis im Landkreis

Außerdem registriert der Arbeitskreis, dass auch die Dachauer Jugendlichen auf die sogenannte Work-Life-Balance abheben. Mit Krenns Worten: "Junge Leute suchen sich heute bewusst die Aufgabe, die zu ihnen passt. Und dabei probieren sie sich auch aus. Dazu haben sie gegenwärtig die Möglichkeit, vor allem in der prosperierenden Metropolregion München." Außerdem spiele bei der beruflichen Entscheidung die Einstellung zu Familie eine zunehmend größere Rolle. Viele wollten später "bewusst Zeit für ihre Familie haben und zumindest eine Zeit lang bei den Kindern bleiben".Deswegen sähen sich Unternehmer zu mehr Flexibilität herausgefordert. Meine Beobachtung auf Basis der in der Sparkasse vertretenen Berufe - von Handwerkern über verschiedene kaufmännische Ausbildungen, Fachwirte, bis hin zu Ingenieuren, Architekten, Juristen und Diplom-Kaufleuten - zeigt mir noch etwas Anderes: Das persönliche Engagement und die Einstellung des Mitarbeiters zur Leistungsbereitschaft entscheiden über den Erfolg und am Ende auch über die Vergütung. Ich gehe davon aus, dass das auch in anderen Betrieben so ist.

Wie die Industrie- und Handelskammer kürzlich mitteilte, gibt es wieder mehr Azubis im Landkreis. Die aktuellen Zahlen zeigten, dass 287 Lehrverträge in Industrie, Handel und Dienstleistungen neu abgeschlossen worden seien, was "einem klaren Plus von nahezu 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr" entsprecht. 236 Verträge wurden in kaufmännischen und 51 in gewerblichen Ausbildungsberufen abgeschlossen. Der Verband bestätigt allerdings die grundlegende Sorge des Arbeitskreises Schule und Wirtschaft. Denn im vergangenen Jahr seien der Agentur für Arbeit aus dem Landkreis insgesamt mehr als 430 freie Lehrstellen gemeldet worden. "Fast 60 davon sind nach Beginn des Lehrjahres im September 2016 unbesetzt geblieben." Deshalb stößt Peter Fink, Vorsitzender des Regionalausschusses, in das gleiche Horn wie Sparkassenchef Krenn: Hauptgründe seien rückläufige Schulabgängerzahlen in Mittel- und Realschulen sowie der Trend zu weiterführenden Schulen und zum Studium. Der Dachauer Unter-nehmer fordert mehr "Realitätssinn": "Eine Ausbildung ist besser als ein abgebrochenes Studium.".

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: