Süddeutsche Zeitung

Finissage der Künstlervereinigung Dachau:Euphorie und etwas Frust

Die KVD zieht bei ihrer Finissage eine positive Bilanz

Von Petra Neumaier, Dachau

Abgeschafft schauen sie aus. Künstler wie Organisatoren der Künstlervereinigung Dachau (KVD). Die erste Etappe ihrer Jubiläumsausstellung zum 100-jährigen Bestehen ist zu Ende. Nach einem Monat sind am Sonntagabend die in der gesamten Stadt verteilten, mit KVD-Ausstellungen belegten Galerien geräumt und machen nun Platz für neue Kunst. Die unter offenem Himmel ausgestellten Kunstwerke bleiben aber noch zwei Wochen stehen bis Sonntag, 13. September. Vielleicht dürfen ein paar Installationen sogar dauerhaft an ihrem Standort bleiben, so genau weiß man das jetzt noch nicht. Die Künstler würden sich jedenfalls freuen, denn die gesamte Veranstaltung war ein großer Erfolg.

Zwei junge Besucherinnen aus München, die zur KVD-Finissage am "Tiny Atelier" von Anna Dietze geblieben sind, kommen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus: "Dachau ist total cool, und was hier kulturell los ist! Das hätten wir nie gedacht!" Die Qualität der Arbeiten und der Einfallsreichtum der Aktionen waren tatsächlich außergewöhnlich, und das sprach sich auch schnell herum. Florian Marschall, Vorstandsmitglied der KVD, wischt sich den Schweiß von der Stirn. "Zweimal mussten wir die Flyer nachdrucken", erzählt er. "Das hatten wir noch nie."

Mehr als 30 Künstler beteiligten sich an der Schau unter dem Titel "Raus". Manchmal ein wenig provokant und oftmals außergewöhnlich. Das kam gut an. Aber nicht immer. Drei Kunstwerke wurden mutwillig beschädigt: Luisa Kochs "Hinter tausend Himmeln", eine 300 Kilo schwere Keramik am Moorbadgelände, wurde komplett zerstört, Katrin Schürmanns "Vice Versa" am Bahnhof mehrfach heruntergerissen und eines von Margot Krottenthalers "MyARTERL" leer geräumt: "Hier handelt es sich um Puppenmöbelraub", setzt Florian Marschall hinzu.

Dass die Anteilnahme auf die zerstörten und beschädigten Objekte so groß in der Bevölkerung war, ist für den Künstler aber auch ein erfreulicher Beleg dafür, dass die Ausstellung insgesamt sehr positiv von den Bürgern auf- und angenommen wurde. Vor allem viele auswärtige Besucher kamen nach Dachau, die, wie die beiden Münchnerinnen, erstaunt waren von der Vielfältigkeit der Stadt. "Da hab ich mich schon manchmal gefragt, was für ein Bild die Leute eigentlich von Dachau haben."

Das Mammutprojekt ist laut Kassier Marschall auch finanziell gut gelaufen, obwohl die Ausstellungen frei zugänglich sind. "Kunst und Kultur hat schon immer Geld gekostet", sagt er und dass es wichtiger sei, dass alle alles anschauen konnten, ohne einen Cent zahlen zu müssen. Und manche Kunstwerke dürfen sogar bleiben, zum Beispiel das Wandgemälde an der Post von Esther Zahel ("Inside Out"). Was außerdem bleibt, ist ein Glücksgefühl. "Das Lächeln der Besucher hinterließ ein schönes Gefühl", sagt Florian Marschall.

Froh sind dennoch alle, dass das Gröbste nun erst einmal vorbei ist. Das hat in erster Line damit zu tun, dass die Organisation schon der einen oder anderen Kleinigkeit wie Strom aus einer nahegelegenen Steckdose behördlich verkompliziert und dadurch "sehr nervenaufreibend" war. Dazu kamen Außeninstallationen, aus deren Aufstellen fast zu einer Doktorarbeit wurde. Wenn die eine Auflage eines Amtes erfüllt war, sprang gleich eine weitere einer anderen Behörde ein. Ein einziges Drehen-um-die-eigene-Achse war das und spannend bis zur letzten Sekunde. Florian Marschall stöhnt. Und dann fällt ihm noch ein weiterer Schaden ein. Die Elefanten von Heiko Klohn auf geklebtem Papier! Sie wurden von Schnecken angegriffen. Florian Marschall lacht. "Jetzt wissen wir aber wenigstens, dass Nacktschnecken Kleister lieben."

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Quelle:
SZ vom 03.09.2019
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