Finanzen:Karlsfeld kriegt noch mal die Kurve

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Die Gemeinde verabschiedet Rekord-Haushalt. Sie muss kräftig sparen, aber 2016 keine neuen Schulden aufnehmen

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Trotz auflaufender Millionendefizite hat sich der Gemeinderat gegen einen rigiden Sparkurs entscheiden. Freiwillige Leistungen wie der Unterhalt des Hallenbads oder die finanzielle Unterstützung von Vereinen sollen nicht mehr als unbedingt notwendig zurückgefahren werden. "Wir wollen die Lebensbedingungen, die für unsere Bürger hervorragend sind, erhalten", erklärte Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU) bei der abschließenden Haushaltssitzung am Donnerstagabend. Allerdings müsse die Kommune dazu ihre Einnahmen erhöhen. "Auch die Bürger müssen in die Pflicht genommen werden", stellte Kolbe klar. Und das heißt: Die Bürger müssen mehr zahlen.

In den kommenden Monaten sollen alle Gebühren und Abgaben auf den Prüfstand kommen. An welchen Stellschrauben die Gemeinde drehen wird und wie stark, kam in der Gemeinderatssitzung am Donnerstag nicht zur Sprache. Das wird sich erst im Verlaufe des Jahres zeigen. Dass nicht alle Leistungen radikal zusammengestrichen werden, heißt nicht, dass die Kommune nicht mehr auf die Ausgaben achten würde. "Wir werden auch 2016 sehr sparsam wirtschaften müssen", erklärte Kolbe. Dabei hatte die Kommune noch mal Glück. Dank guter wirtschaftlicher Entwicklung ist es gelungen, 2016 einen ausgeglichen Haushalt aufzustellen, ohne neue Schulden aufzunehmen. Das Defizit von 4,6 Millionen Euro kann die Gemeinde aus den Rücklagen finanzieren. "Mit einem blauen Auge davongekommen oder gerade noch mal die Kurve gekriegt." So fasst SPD-Fraktionssprecherin Hiltraud Schmidt-Kroll das Ergebnis zusammen.

Den Haushaltsplan und die Wirtschaftspläne von Gemeindewerken und Volkshochschule zusammengenommen, hat die Gemeinde den Haushalt mit dem größten Volumen ihrer Geschichte verabschiedet, nämlich mehr als 65 Millionen Euro. Allein der Haushaltsplan liegt mit 45,6 Millionen Euro rund 17 Prozent höher als im Vorjahr mit 39 Millionen Euro. Hinzu kommen Umlagen von zwölf Millionen Euro, die Karlsfeld abführen muss.

Die stark anwachsende Verschuldung der Gemeinde führt Kolbe auf die Millionen teuren Pflichtaufgaben in der Kinderbetreuung und in der Schulentwicklung zurück: Allein für den Neubau der Grundschule an der Krenmoosstraße sind in den kommenden Jahren rund 25 Millionen Euro veranschlagt, für das neue Kinderhaus westlich der Bahn vier Millionen Euro. "Die Investitionen in Kinder und Jugend sind unerlässlich", sagte der Rathauschef. Gleichzeitig wurden schon in den vergangenen Jahren viele Reparaturen und Sanierungsmaßnahmen aufgeschoben. Das geht aber nur bis zu einem gewissen Punkt: Danach werden die Schäden - etwa an den Gemeindestraßen - so groß, dass ein weiterer Aufschub die Folgekosten explodieren lassen würde.

Verschärft wird die Entwicklung durch die anstehenden Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst. Karlsfelds Personalkosten belaufen sich 2016 voraussichtlich auf mehr als neun Millionen Euro und machen damit bereits ein Fünftel der Gesamtausgaben aus. Und durch den anhaltenden Zuzug muss die Gemeinde nicht nur ihre Infrastruktur ausbauen, sondern auch noch ihr Personal aufstocken. Inzwischen beschäftigt sie etwa 190 Mitarbeiter.

Das ungebremste Wachstum Karlsfelds ist aus Sicht von Bündnis-Fraktionssprecherin Mechthild Hofner das eigentliche Übel. Profitiert hätten davon Investoren, aber nicht die Gemeinde. Es schade nicht nur den Finanzen; die Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets im Grünzug, wie es die anderen Fraktionen fordern, koste Karlsfeld weitere wertvolle Ressourcen. "Frischluft und Erholungsfunktion sind keine Faktoren, die wir irgendwann bei besserer Haushaltslage wieder erwerben können." Deshalb lehnte sie mit Teilen ihrer Fraktion den Haushalt ab. Finanzreferent Holger Linde (CSU) fand dafür kein Verständnis. "Sie haben den Haushalt doch selbst mitgestaltet."

Allerdings hatte es anfangs auch in der SPD große Skepsis gegeben. "Uns war klar, wenn sich hier keine gravierenden Änderungen während der Beratung ergeben, können wir als SPD-Fraktion heuer erstmals in der Geschichte Karlsfelds dem Haushaltsplan nicht zustimmen", sagte Hiltraud Schmidt-Kroll. Mit einem Sieben-Punkte-Plan konnten die Genossen aber im Gemeinderat eine Diskussion anstoßen, wie Karlsfelds Finanzen langfristig wieder ins Lot gebracht werden können. Dazu gehört neben der Forderung nach einem neuen Gewerbegebiet auch eine gerechtere Finanzierung bei der Kinderbetreuung. Der Staat dürfe die Kommunen nicht auf den Kosten für den laufenden Betrieb sitzen lassen. "Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen."

Anton Flügel von den Freien Wählern erinnerte daran, dass alle Mittel letztlich aus den Taschen der Steuerzahler kämen. "Vielleicht bekommt die Mitnahmementalität und der ständige Ruf nach dem Staat oder der Kommune nach Zuschuss hier oder Zuschuss da einen kleinen Dämpfer und regt zum Nachdenken an." Karlsfeld hat derzeit rund sieben Millionen Euro Schulden.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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