Süddeutsche Zeitung

Festakt :Voller Lebensmut und Humor

Der bayerische Landtag feiert den 90. Geburtstag des Zeitzeugen Abba Naor

Von Stephanie NolL, Dachau/München

Menschen in eleganter Kleidung mit einem Glas Weißwein, Rosé oder Wasser in der Hand unterhalten sich gut gelaunt in kleinen Gruppen. Eine entspannte Stimmung erfüllt den Raum. Es wird etwas lebhafter, als der Mann eintrifft, für den sich alle Anwesenden versammelt haben: Abba Naor, Holocaust-Überlebender und Vizepräsident des Comité International de Dachau (CID), zu dessen 90. Geburtstag der bayerische Landtag und die Stiftung Bayerische Gedenkstätten an diesem Donnerstagabend ein Festessen im Maximilianeum geben. Mit seinen vier Marmorsäulen und dem großen Fresko von Engelbert Seibertz an der Wand ist der Akademiesaal ein würdiger Ort für diesen feierlichen Anlass.

Unter anderen sind Naors Tochter Dalma und seine Enkelin Dana anwesend, Landtagspräsidentin Barbara Stamm, der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, Karl Freller, und die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch. Naor versucht aber, möglichst alle Anwesenden persönlich zu begrüßen, führt hier und dort einen kurzen Plausch.

Den offiziellen Teil des Abends eröffnet Karl Freller mit seiner Begrüßungsrede. Er würdigt die Fähigkeit Abba Naors, die Menschen mit seinen Erzählungen zu fesseln und zu berühren. "Abba schafft es auch, 150 Schüler einer Grund-und Mittelschule über einen längeren Zeitraum in seinen Bann zu ziehen". Eine Eigenschaft, von der vermutlich der eine oder andere Lehrer träume. Naor sei als Zeitzeuge alleine in diesem März in mehr als 30 Schulen gewesen, um Aufklärungsarbeit zu leisten, erzählt Barbara Stamm. Und dass es wichtig sei, die schrecklichen Erfahrungen, die er und andere KZ-Überlebende gemacht hätten, jeder Generation neu zu vermitteln. Charlotte Knobloch mahnt ebenfalls, dass es in der aktuell guten Zeit unerlässlich sei, auch über die schrecklichste Zeit zu sprechen. Und sie zollt Abba Naor Respekt, dass er es immer geschafft habe, seinen Lebensmut und Humor zu bewahren.

Sichtlich berührt ist Abba Naor von der Rede seiner Enkelin Dana, die ihm dafür dankt, ihr gezeigt zu haben, wie man ein Leben voller Mut und Toleranz führe. Sie gibt das Versprechen, so lange sie lebe dafür zu sorgen, dass seine Geschichte nicht vergessen wird. Der wichtigste Teil des Abends ist sicherlich der, als der Jubilar Abba Naor selbst eine kurze, bewegende Rede hält. Er erzählt, was er den Kindern in den Schulen mitgibt: Dass es ein Privileg sei, als freier Mensch leben und in die Schule gehen zu können. Und wie wichtig es sei, diese Tatsache zu schätzen. "Das Leben ist eine feine Sache, macht es nicht kaputt".

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Quelle:
SZ vom 24.03.2018
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