Ferienprogramm:Verbindende Abenteuer

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Das Jugendzentrum Altomünster und das Franziskuswerk Schönbrunn organisieren im Sommer wieder ein inklusives Jugendcamp. Das Zeltlager baut bei den Kindern Hemmschwellen ab

Von Horst Kramer, Altomünster

"So etwas gibt es vielleicht kein zweites Mal in ganz in Bayern", vermutet Marlon Köhler, der 43-jährige Leiter des Altomünsterer Jugendzentrums. Er meint das Zeltlager, das er dieser Tage vorbereitet. Das Besondere daran: Es ist als inklusives Sommer-Camp für Kinder mit und ohne Beeinträchtigung geplant. Kooperationspartner ist das Franziskuswerk in Schönbrunn.

Eigentlich hat Köhler zurzeit mehr als genügend zu tun. Denn aus der "Old School" - so der Name des Treffs in der Schultreppe 4 - wird die "Old Station": Am 1. Juli erhält der Chef des Jugendzentrums den Schlüssel für das Altomünsterer Bahnhofsgebäude, in dem die Jugendeinrichtung vom Herbst an residieren soll. Ihre jetzige Heimat wird in den kommenden zwei Jahren restauriert. Köhler und seine Schützlinge wollen deshalb ihre neuen Räumlichkeiten in den Sommerferien von Grund auf renovieren. Doch er muss auch das Zeltlager organisieren. Warum tut sich Köhler diesen Stress an? "Ganz einfach: Weil es für alle Beteiligte ein tolles Erlebnis wird", ist der Chef des Jugendzentrums überzeugt. Köhler weiß, wovon er spricht. Denn heuer gehen er und die Schönbrunner im dritten Jahr hintereinander mit ihren Kindern kampieren.

In dieser schönen Gegend findet das Jugendcamp statt: Blick vom Bogenberg bei der niederbayerischen Stadt Bogen auf das Donautal. (Foto: dpa)

Das Camp dauert heuer von Samstag, 29. Juli, bis Mittwoch, 2. August. Rund sechzig Kinder werden dabei sein, 15 Betreuerinnen und Betreuer fahren mit. Ort des Geschehens ist das niederbayerische Bogen am Fuße des Bayerischen Walds. Warum so weit entfernt? "Aus Kostengründen", erklärt der Leiter des Jugendzentrums knapp. Vor zwei Jahren verbrachte sein Team mit fünfzig Kindern eine spannende Augustwoche auf dem Tanderner Sportgelände, vor elf Monaten kamen Köhler und seine Kids im Park des Hans-Leipelt-Hauses in Grafrath unter, einer Einrichtung der evangelischen Jugend München. "Hinterher haben alle geschwärmt, die Kinder, aber auch die Erwachsenen", erinnert sich der erfahrene Jugendarbeiter. Sein Fazit: "So ein Zeltlager verbindet und baut auf spielerische Art Hemmschwellen ab." Ein nächtlicher Fackelspaziergang oder ein Lagerfeuer sei für jedes Kind ein Abenteuer. Und Sport verbinde sowieso. Basteln, Wandern, Schwimmen oder Musizieren stünden auf dem Programm ebenso wie viele spontane Aktionen. "Wir nehmen übrigens nicht nur Kinder aus Schönbrunn mit, sondern auch Kinder mit Beeinträchtigungen, die zu Hause leben und auf Regelschulen gehen", erklärt Köhler. Er berichtet von einem kleinen Mädchen, das an Diabetes leide und an Schulausflügen nicht teilnehmen könne, weil die Lehrkräfte nicht die Verantwortung übernehmen wollten. "Wir hingegen verfügen über medizinisch geschultes Personal", sagt der Leiter des Jugendzentrums. Einerseits dank der Kooperation mit dem Franziskuswerk, andererseits, weil seine Mitstreiter vielfältig qualifiziert seien. Sie reisten größtenteils ehrenamtlich mit. Wie die beiden Profi-Köche, welche die 75-köpfige Gruppe versorgen werden. "Die machen das in ihrem Urlaub. Beide sind ehemalige Besucher des Jugendzentrums, die uns seit Jahren unterstützen", sagt Köhler.

Bis dato hat er noch keinen Zuschuss bei der Kommune beantragt, obwohl die Marktgemeinde Altomünster der offizielle Veranstalter ist. Nicht, weil Köhler Bürgermeister Anton Kerle (CSU) oder dessen Gemeinderat für knauserig hält. "Die würden uns höchstwahrscheinlich alimentieren", prognostiziert der kommunale Angestellte. "Aber im Grunde brauchen wir keine zusätzlichen Mittel, wir tragen uns selber." So fielen in Bogen zum Beispiel nur geringe Nutzungsgebühren an - einer der Gründe, warum das Camp heuer in 160 Kilometer Entfernung über die Bühne geht. "Die Bogener Realschule und der zuständige Landrat Josef Laumer haben sich ausgesprochen kooperativ gezeigt", verbeugt sich Köhler in Richtung der Rautenstädter. Dann räumt er allerdings ein: "Im vorigen Jahr hatten wir ein kleines Minus von zweihundert Euro. Doch das fällt nicht ins Gewicht." Eine erstaunliche Aussage, wenn man bedenkt, dass sich ansonsten jeder Veranstalter, egal welcher Provenienz, über einen öffentlichen Obolus freut. Und sei er noch so klein und einmalig.

Apropos einmalig. Die Diakonie in Augsburg und der Kreisjugendring im unterfränkischen Haßberge haben in den vergangenen Jahren ebenfalls inklusive Camps organisiert. Auf drei Zeltlager in drei aufeinanderfolgenden Jahren wie das Gespann aus Altomünster und Schönbrunn haben sie es allerdings nicht gebracht. Das ist rekordverdächtig - zumindest in Bayern.

© SZ vom 17.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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