Mitten in Bayern:Ein total verschaltetes Jahr

2020 ist wieder ein Schaltjahr. Für das mit Feiertagen gesegnete Jahr in Bayern hat das furchtbare Folgen - zumindest für Arbeitnehmer.

Kolumne von Thomas Radlmaier

Willy Brandt hat es gewusst: In Bayern würden die Uhren eben anders gehen, sagte der SPD-Übervater einst. In den Siebzigern kommentierte der damalige Kanzler damit die Zustände in der Münchner Sozialdemokratie. Seitdem hat sich dieser Satz selbständig gemacht. Er ist zum geflügelten Wort geworden und befördert seit jeher das Klischee, die Menschen im Freistaat seien konservative, königstreue und heimattümelnde Hinterwäldler. Oder anders gesagt: Die Uhren, sie gehen in Bayern nicht nur anders, sie gehen langsamer als im Rest der Republik.

Das ist freilich ein fieses Vorurteil. Einerseits. Andererseits, mit Blick auf das noch junge Jahr beißt sich in bayerischen Gehirnlappen eine schlimme Vorahnung fest: Die Uhren scheinen heuer im Freistaat wirklich langsamer zu gehen. 2020 wird in Bayern, eines der Bundesländer mit den meisten Feiertagen, ein gefühlt verdammt langes Jahr. Wer auf den Kalender schaut, kann leicht die Fassung verlieren: Mariä Himmelfahrt und Allerheiligen, zwei Geschenke des Himmels und Fixpunkte der bayerischen Freizeit, fallen auf einen Samstag und Sonntag und damit quasi aus. Und als ob das nicht genug wäre auch die bundesweiten Feiertage der Tag der deutschen Einheit und der zweite Weihnachtsfeiertag liegen 2020 ungünstig. Es sind Samstage. Dass Heilig Drei Könige ein Montag und Tag der Arbeit ein Freitag sind, geschenkt. Für 2020 braucht es einen langen Atem.

Und wer ist Schuld an diesem Unglück? Die Erde und die Sonne höchstpersönlich. Die Weltkugel dreht sich nämlich seit Anbeginn des Seins zu langsam um den Feuerball, zumindest zu langsam für die Kalenderzeit. Um diesen astronomischen Vorgang auszugleichen, braucht es alle vier Jahre den 29. Februar. Heuer ist wieder so ein Schaltjahr. Und deshalb die ganze Chose mit den Feiertagen in Bayern. Willy Brandt hatte recht: Die Uhren gehen im Freistaat anders. Übrigens, sogar der Urbayer Franz Josef Strauß stimmte Brandt, seinem politischen Widersacher, ausnahmsweise zu. Er sagte: "Wenn Willy Brandt sagt, in Bayern gingen die Uhren anders, stimmt das. Denn hier gehen sie richtig." Naja ...

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: