Fairtrade-Town Dachau:"Das Zertifikat steht für Nachhaltigkeit und Fairness"

Fairtrade-Town Dachau: Brigitte Hinterscheid freut sich über das Zertifikat.

Brigitte Hinterscheid freut sich über das Zertifikat.

(Foto: Toni Heigl)

Der Stadt Dachau wird an diesem Mittwoch das Zertifikat "Fairtrade-Town" verliehen. Brigitte Hinterscheid vom Fair-Weltladen hat sich dafür seit Jahren eingesetzt. Im Interview erklärt sie, warum.

Interview von Sofia Woditschka, Dachau

Brigitte Hinterscheid, 70, engagiert sich seit Jahren ehrenamtlich im Dachauer Fair-Weltladen. Kein Wunder also, dass sie und ihre Kolleginnen sich von Anfang an für die Auszeichnung "Fairtrade-Town" eingesetzt haben.

SZ: Frau Hinterscheid, was bedeutet es, dass die Stadt Dachau nun eine zertifizierter Fairtrade-Town ist?

Brigitte Hinterscheid: Das Zertifikat für Dachau als Fairtrade-Town steht nicht nur für den fairen Handel, sondern auch für Nachhaltigkeit und Fairness. Dem fairen Handel wird von Kritikern ja oft Augenauswischerei nachgesagt, weil viele Fairtrade-Produkte sogenannte Mischprodukte sind und gesetzlich festgehalten ist, dass nur zwanzig Prozent dieser Mischprodukte nachgewiesen fair gehandelt sein müssen. Doch Fairtrade ist ein Anfang, ein Schritt in die richtige Richtung, der dafür sorgt, dass der faire Handel erweitert wird. Deswegen ist die Auszeichnung Dachaus als Fairtrade-Town das Zeugnis einer grundsätzlichen Haltung in der Kommune, denn die Idee des Fairtrade geht jeden etwas an. Das Zertifikat ist Ergebnis der Zusammenarbeit der Dachauer, die sich gemeinsam dafür eingesetzt haben, dass unsere Stadt fair und nachhaltig wird. Es ist ein Gemeinschaftserfolg, dass wir als Kommune die Kriterien erfüllen, um diesen Titel verliehen zu bekommen.

Was sind das denn für Kriterien, die eine Kommune erfüllen muss, um Fairtrade-Town zu werden?

Als Erstes muss der Stadtrat beschließen, dass die Kommune sich für das Zertifikat bewirbt und den fairen Handel unterstützt. Dann wird die sogenannte Steuerungsgruppe gebildet, wo Akteure aus dem politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Feld zusammenkommen. Die Hauptaufgabe dieser Gruppe ist es, dafür zu sorgen, die Kriterien zu erfüllen. In dieser Gruppe haben wir vom Fair-Weltladen eng mit der Abteilung für Wirtschaftsförderung, dem Dachauer Forum, dem Jugendrat, dem Dachauer Land, dem BRK und der Katholischen Erwachsenenbildung zusammengearbeitet. Die Mitglieder dieser Gruppe sind dann auf Inhaber von Geschäften und Restaurants, Schule, Vereine und Kirchengemeinden zugegangen, haben sie um Unterstützung im Rahmen des Fairtrade gebeten und haben mit regelmäßigen Aktionen Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Diese Gruppe hat sich dann etwa fünfmal pro Jahr getroffen und das weitere Vorgehen besprochen.

Von der Bewerbung bis zur Titelverleihung scheint es ein langer Weg zu sein. Wie lange hat dieser Prozess denn gedauert?

Nun, die Idee, dass Dachau sich als Fairtrade-Town eignen würde, ist 2018 bei uns im Fair-Weltladen aus dem Kreis der Mitarbeitenden gekommen. Die Gemeinde Petershausen war ein Beispiel, die ist schon seit 2015 Fairtrade-Town und sogar schon rezertifiziert worden, da die Auszeichnung nur zwei Jahre gültig ist. 2019 haben wir dann einen Antrag an den Stadtrat gestellt, dass Dachau sich als Fairtrade-Town bewirbt und der Beschluss ist dann im November 2019 gefasst worden. Anfang 2020 hat sich dann die Steuerungsgruppe gebildet und dann kam Corona, weswegen sich der ganze Prozess in die Länge gezogen hat. Den Status der Fairtrade-Town hat Dachau jetzt seit dem 29. April 2022, das ist telefonisch mitgeteilt worden und an diesem Mittwoch ist die Auszeichnungsfeier für die gesamte Kommune im festlichen Rahmen. Herr Oberbürgermeister Florian Hartmann wird die Veranstaltung eröffnen und Manfred Holz, Ehrenbotschafter und Mitbegründer des Vereins Transfair, der Fairtrade Deutschland repräsentiert, wird die Auszeichnung verleihen.

Was bedeutet es für Sie persönlich, dass Dachau nun die Auszeichnung verliehen bekommt?

Ich bin mir sicher, dass ich im Namen aller Engagierten spreche, wenn ich sage, dass es ein großer Erfolg ist, da das Thema Fairtrade so in die Öffentlichkeit getragen wird. Die Veranstaltung an diesem Mittwoch kann aus diesem Grund auch von allen interessierten Dachauern und Dachauerinnen besucht werden, was ich mir wirklich wünschen würde. Es ist besonders wichtig, heute fast mehr denn je, über Fairtrade zu sprechen, gerade vor dem Hintergrund der momentanen politischen Situation, mit Corona, dem Krieg in der Ukraine und den damit verbundenen unterbrochenen Lieferketten, spürt man mehr denn je, wie abhängig wir in der Welt voneinander sind.

Die öffentliche Veranstaltung findet am Mittwoch, 29. Juni, im Erchana-Saal des Ludwig-Thoma-Haus um 18 Uhr statt.

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