Fahrtüchtigkeit im Alter:Ein Check zur eigenen Sicherheit

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Statistiken belegen, dass ältere Menschen besonders häufig an Unfällen beteiligt sind. Der Seniorenbeirat fordert Menschen in fortgeschrittenem Alter auf, bei einem freiwilligen Test die Fahrtüchtigkeit überprüfen zu lassen

Von Felix Wendler und Christiane Bracht, Dachau

Der Wunsch nach Selbstbestimmung und Mobilität vieler älterer Menschen, gerade im ländlichen Raum, ist verständlich. Auf der anderen Seite zeigen statistische Zahlen deutlich, dass von einem bestimmten Alter an die Gefahr steigt, in einen Unfall verwickelt zu werden. Dies bestätigte Richard Nürnberger von der Verkehrswacht Bayern anhand der Unfallstatistik 2016 kürzlich auch für den Landkreis Dachau. Der Landkreis-Seniorenbeirat hatte ihn sowie Christian Lechner, Chefarzt der Neurologie im Klinikum Dachau, zur Diskussion über Fahrtüchtigkeit im Alter eingeladen.

Die Karlsfelderin Anita Neuhaus hatte den Antrag eingereicht, um insbesondere das Thema der freiwilligen Führerscheinabgabe zur Diskussion zu stellen. So berichtet sie von einem durchaus vorhandenen Interesse vieler Leute im Seniorenbeirat und dessen Umfeld, den Führerschein abzugeben. Voraussetzung dafür sei aber, dass die Stadt entsprechende Ausgleichsangebote schafft, um die Mobilität der älteren Leute zu gewährleisten. Konkret stellt sie sich dabei Gratisangebote im öffentlichen Nahverkehr vor, wie es sie mittlerweile vielerorts in Bayern gibt. Dass solche Projekte durchaus ankommen, zeigte sich zum Beispiel in Kaufbeuren, wo innerhalb eines knappen Monats mehr als 50 ältere Mitbürger ihren Führerschein gegen ein Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr eintauschten.

Ein ähnlich entgegenkommendes Verhalten erhoffen sich Neuhaus und Seniorenbeiratsvorsitzender Hermann Krusch auch für den Landkreis Dachau - obgleich erste Anfragen auf wenig Resonanz stießen. Krusch kündigt aber an, dass er Stadtwerke und Landratsamt weiterhin auf die Notwendigkeit dieses Ausgleichs aufmerksam machen will. "Man sollte den Leuten Mut machen. Wenn ihr aussteigt, werdet ihr belohnt", findet Neuhaus.

Gleichzeitig berichtet sie aber auch, dass die Sturheit bei vielen älteren Autofahrern überwiege. Die Selbsteinschätzung der eigenen Fahrtüchtigkeit gestalte sich schwierig. "Insbesondere Männer sind oft zu eitel, um sich nachlassende Fähigkeiten im Straßenverkehr einzugestehen und auf das Auto zu verzichten." Gerade so lange Anreize für die freiwillige Führerscheinabgabe noch auf sich warten lassen, dominiert für viele Senioren das Bedürfnis nach Mobilität durch das Auto.

Es spricht natürlich auch generell nichts dagegen, wenn ältere Menschen weiterhin hinter dem Steuer sitzen. Neuhaus appelliert aber an die älteren Mitbürger: "Wenn ihr weiterfahren wollt, macht eine Prüfung." Der Seniorenbeirat bietet für wenig Geld eine freiwillige Fahrprüfung im eigenen Auto an, in der jeder seine Fahrtüchtigkeit überprüfen lassen kann. Neuhaus, die die Prüfung selbst schon absolvierte, möchte den Leuten die Angst davor nehmen. "Es ist wichtig zu vermitteln, dass diese Prüfung nicht bindend ist. Niemand ist verpflichtet, seinen Führerschein abzugeben, wenn er durchfällt." Vielmehr sei die Prüfung hilfreich zur Selbsteinschätzung. Ebenso sinnvoll sind sicherlich auch Fahrtrainings, wie sie die Kreisverkehrswacht Dachau seit kurzem speziell für Senioren anbietet.

Eine verpflichtende Fahrprüfung ab einem bestimmten Alter ist, unabhängig von der Sinnhaftigkeit, auch rechtlich schwierig. Gleiches gilt für den Führerscheinentzug. "Wenn wir glauben, dass jemand nicht fahrfähig ist, machen wir eine Mitteilung an die Führersteinstelle", sagt Roland Itzstein, Sprecher der Polizeiinspektion Dachau. Fährt jemand auffällig langsam, ist das aber noch kein Grund, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen. Die Entscheidung trifft auch nicht die Polizei, sondern die Kreisbehörde, stellt Itzstein klar. Leicht fällt sie meist nicht. Denn wer auf dem Land wohnt, ist hilflos, wenn er nicht mehr zum Arzt oder zum Einkaufen fahren kann.

"Das Problem ist, dass man den Leuten die Selbständigkeit nimmt", sagt Itzstein. Auf jeden Fall müsse man die Verhältnisse des Betroffenen berücksichtigen. Denn es ist ein Unterschied, ob jemand von Sixtnitgern nach Odelzhausen fährt oder in der Großstadt herumkurvt. "Die Anforderungen an den Fahrer sind auf dem Land nicht so hoch wie in der Stadt", sagt Itzstein. Zudem können heutzutage Fahrassistenzsysteme den Senioren helfen, bestimmte Verkehrssituationen besser zu meistern. Dazu zählen beispielsweise Notbremsassistenten oder Einparkhilfen. Letztendlich sollte aber die Vernunft überwiegen und ein technisches Hilfsmittel nicht als Ersatz für die Fahrtüchtigkeit dienen.

© SZ vom 18.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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