Fahnder stellen große Mengen an Marihuana sicher:Schlag gegen Drogenring

Ein 25-jähriger Dachauer, der drei Kilo Rauschgift vom Großhändler abnahm, kommt mit einer Bewährungsstrafe davon

Von Benjamin Emonts, Dachau

Der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck gelang im Januar ein spektakulärer Schlag gegen die Drogenkriminalität in der Stadt Dachau. Auf dem Parkplatz eines Dachauer Einkaufsmarktes nahmen sie einen Kurier aus den Niederlanden fest, der 20 Kilogramm Marihuana in seinem Wagen transportiert hatte. Dessen Auftraggeber, ein 26-jähriger Dachauer, war nach monatelanger Überwachung von der Kripo bereits festgenommen worden. Er hatte für das Geschäft 100 000 Euro in den Niederlanden vorausbezahlt. Im Prozess, der im kommenden Jahr auf den Dachauer zukommt, soll es um eine Menge von rund 120 Kilogramm Cannabis gehen.

Einer seiner Abnehmer, ein 25-jähriger Kaufmann aus Dachau, muss sich bereits am Donnerstag wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verantworten. Er gesteht vor dem Dachauer Schöffengericht, von besagtem Groß-Dealer Anfang 2016 zwei Kilo Marihuana und ein Kilo Haschisch gekauft zu haben. Er vereinbarte dafür einen Gesamtpreis von 21 000 Euro, die er innerhalb von drei Wochen bezahlen sollte. Beim Verkauf sollte ihm ein 30-jähriger Komplize aus Dachau helfen. Gemeinsam bunkerten sie die Ware im Keller eines Bekannten. Als sie erst einige Hundert Gramm verkauft hatten, rückte dort die Polizei an. Ein Kleinkonsument aus Dachau hatte den Komplizen verpfiffen.

Bei der Hausdurchsuchung stellten die Drogenfahnder 2,1 der ursprünglich drei Kilogramm aus dem Keller sicher. Der einschlägig vorbestrafte Komplize wurde verhaftet. In der Untersuchungshaft packte er mfänglich aus, um eine möglichst kurze Haftstrafe zu bekommen. Er nannte Vornamen und Adresse des Dachauer Groß-Dealers und hängte den Angeklagten hin.

Der 30-Jährige wurde inzwischen am Landgericht München II zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Wie sich bei seiner Verhandlung herausstellte, hatte er auf der nun geschlossenen Internet Shiny Flakes mehrfach erhebliche Mengen Amphetamin, Ecstasy, Kokain und MDMA erworben. Der Betreiber der Seite, ein 20-jähriger Leipziger, hatte aus seinem Kinderzimmer fast eine Tonne Drogen verkauft und vier Millionen Euro damit umgesetzt. Er wurde 2015 zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Obwohl der Angeklagte weitaus weniger verbrochen hat, muss auch er eine Gefängnisstrafe fürchten. Allerdings hat sich der 25-Jährige vorher nie etwas zu Schulden kommen lassen. Er schildert dem Gericht glaubwürdig, wie er den Groß-Dealer beiläufig über Bekannte kennengelernt hat. Der Mann erzählte ihm damals, kiloweise Marihuana zu verkaufen, und weckte sein Interesse. In der Wohnung des Mannes fanden die Fahnder später hunderte große Druckverschlussbeutel mit Spuren von Gras sowie ein Vakuumiergerät, mit dem man Drogen komprimiert und geruchlos verpacken kann. Zeugen wollen in der Wohnung eine randvoll mit Marihuana gefüllte Mülltüte gesehen haben. Dazu passt, dass die Beamten 200 Gramm Marihuana sicherstellten, die der Dealer offenbar völlig vergessen hatte.

Der Angeklagte nahm ihm drei Kilo ab, ohne sich Gedanken über die Konsequenzen zu machen. Er checkte vorher weder die Qualität des Marihuanas, noch stellte er sicher, genügend Abnehmer zu finden. Er ging "stümperhaft und naiv" vor, sagt Amtsrichter Tobias Bauer. "Die Polizei war schneller als Sie beim Verkaufen."

Festgenommen aber wurde zunächst nur sein Komplize, der 25-Jährige bekam es erst mit den Fahndern zu tun, als sie den Groß-Dealer inhaftiert hatten. Als zuvor unbescholtener Bürger durfte er aber auf freiem Fuß bleiben. Das Kiffen habe er mittlerweile aufgegeben, beteuert er vor Gericht. Zudem weist er eine ambulante Therapie bei der Dachauer Drogenberatungsstelle (Drobs) und die Teilnahme an einem Abstinenzprogramm vor. In seiner Arbeit hat der 25-Jährige einen verantwortungsvollen Posten übernommen. Er führt eine feste Beziehung und kümmert sich um das Kind seiner Freundin.

Juristen sprechen in solchen Fällen von einer "positiven Sozialprognose". Deshalb verurteilen ihn Amtsrichter Bauer und die Schöffen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung. Für das bereits verkaufte Marihuana muss er fast 3000 Euro an die Staatskasse abgeben, außerdem 1500 Euro an Drobs. Dennoch wirkt der Dachauer sehr erleichtert. Im Gegensatz zu seinem Dealer ist er weiter in Freiheit.

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