Es ist ein deutlicher Wahlsieg für die CSU im Landkreis Dachau, den die meisten Parteimitglieder zu Hause gefeiert haben. Eine klassische Wahlparty gab es nicht, dafür kommen die Ergebnisse der Europawahl meist zu spät. Am Montagnachmittag, um 15.44 Uhr, stand das vorläufige Endergebnis fest: 41,3 Prozent für die CSU. „Es ist ein sehr, sehr passables Ergebnis für die CSU“, sagt Stephanie Burgmaier, stellvertretende Kreisvorsitzende der CSU Dachau. Auch für sie persönlich ist die Wahl ein Erfolg: In ihrer Heimatgemeinde Sulzemoos erzielte die Partei ganze 51 Prozent – das beste Ergebnis einer Partei in allen Landkreisgemeinden.
Zwar verbuchte die CSU nur ein kleines Plus von 0,8 Prozentpunkten im Vergleich zu 2019, doch für Burgmaier ist der Vergleich zur Landtagswahl 2023 entscheidend, als die Partei knapp 38 Prozent der Stimmen erhielt. Grund für den Zuwachs sieht sie in der Enttäuschung über die Ampelparteien: „Vor allem die Migrationspolitik war das bestimmende Thema an den Infoständen. Gerade zu diesem Thema erwarten die Menschen nicht nur Worte, sondern auch Veränderungen.“
CSU-Mitglieder finden Forderung nach Neuwahlen richtig
Schockiert ist Burgmaier jedoch über das Ergebnis der AfD – und das trotz deren Skandale in der vergangenen Zeit. Sie ist sich sicher, dass auch der Social-Media-Auftritt der Partei eine große Rolle gespielt hat: „Die AfD hat es perfektioniert, mit Schlagwörtern und einfachen Antworten Menschen zu erreichen.“ Ob die CSU Dachau auf Tiktok nachziehen werde, wisse sie noch nicht. „Es muss ja auch authentisch sein“, meint sie.
Der Forderung ihres Parteichefs Markus Söder, Neuwahlen auszurufen, findet Burgmaier legitim: „Das ist ein Ergebnis, wo man sich die Frage stellen muss: Haben die Menschen im Land noch das Vertrauen in die SPD?“ Auch ihr Parteikollege, der CSU-Landtagsabgeordnete Bernhard Seidenath, schließt sich dieser Forderung an.
Grüne gründen neuen Ortsverband
Zweitstärkste Kraft im Landkreis Dachau wurden die Grünen: Mit 11,7 Prozent der Stimmen lagen sie knapp vor der AfD mit elf Prozent. Im Vergleich zur vorherigen Legislaturperiode rutschen die Dachauer Grünen um sieben Prozentpunkte ab – damit ging es ihnen ähnlich wie Parteikollegen in München und im restlichen Bundesgebiet. Die Bundestagsabgeordnete Beate Walter-Rosenheimer betont, dass die AfD im Landkreis Dachau schlechter als im Landesdurchschnitt abgeschnitten habe. Dennoch ist sie besorgt: „Der Rechtsruck in Europa und Deutschland ist deutlich. Er stellt eine große Gefahr für unsere Demokratie dar.“ Laut Walter-Rosenheimer müsse das Wahlergebnis ein Weckruf für alle demokratischen Parteien sein: „Der wirkliche Gegner steht rechts! Der Anti-Ampel-Wahlkampf der CSU hat auch bei dieser Wahl bei der AfD eingezahlt.“
Auch der Kreisvorsitzende Alexander Heisler ist froh, dass seine Partei noch vor der AfD gelandet ist: „Für unseren Landkreis ist wichtig, dass eine demokratische Partei auf Platz zwei steht.“ In der Stadt Dachau waren mit 14,7 Prozent die meisten Grünen-Wähler vertreten. Die zweitmeisten Stimmen konnte die Partei in Petershausen verbuchen, wo Heisler im Gemeinderat sitzt: 14,2 Prozent der Menschen wählten grün. Warum die Grünen in Gemeinden wie Sulzemoos und Odelzhausen vergleichsweise schlecht abschnitten, erklärt Heisler mit fehlender Präsenz vor Ort. Hingegen kündigt er an, dass sich in Erdweg und Altomünster demnächst ein grüner Ortsverband aufstellen will.
AfD mancherorts zweitstärkste Kraft
Der Dachauer Kreisverband der AfD postete noch am Wahlabend Beiträge über die sogenannten „Remigrations“-Pläne der Partei auf Facebook. „Abschieben, bis die Startbahnen glühen!“ lautete einer der Slogans. Dieser Partei gaben im Landkreis Dachau insgesamt 8132 Menschen ihre Stimme (11 Prozent). Besonders beliebt war die in Teilen rechtsextreme Partei in Odelzhausen (14,6 Prozent), Pfaffenhofen an der Glonn (13,9) und Hilgertshausen-Tandern (12,8), wo die AfD auch lokal zur zweitstärksten Kraft wurde. Der Dachauer AfD-Kreisvorsitzende Dietmar Renner und sein Stellvertreter Jürgen Henritzi wollten das Abschneiden ihrer Partei nicht kommentieren. Der Kreis- und Stadtrat Markus Kellerer teilte mit, er hätte sich 15 statt elf Prozent der Stimmen gewünscht. Die AfD sei seiner Meinung nach von vielen gewählt worden, weil sie unter anderem das von ihm sogenannte „Asyl-Chaos“ beenden wolle und die von Kellerer so titulierte „Klimapanik“ nicht mitmache.
Nüchterne Töne schlägt Dennis Behrendt, Vorsitzender der SPD Dachau, an. Die Regierungspartei hat 7,8 Prozent eingeholt – mit einem Sieg hätten die Mitglieder im Landkreis ohnehin nicht gerechnet: „Bei uns ist es so, dass wir uns weniger um unsere eigenen Ergebnisse Sorgen machen, sondern eher über die Stimmung im Land.“ Bedrückend finde er vor allem das Ergebnis der AfD: „Was muss noch alles passieren, damit die Bürger verstehen, dass die Partei ein Problem ist – und nicht eine Alternative für Deutschland?“
Der Ruf als kommunale Partei haftet den Freien Wählern an
Michaela Steiner, Vorsitzende des Freie-Wähler-Kreisverbandes, zeigt sich hingegen zufrieden. Und das, obwohl ihre Partei nur 7,5 Prozent im Landkreis erzielte – eine starke Diskrepanz im Vergleich zu den Landtagswahlen 2023, wo die Freien Wähler mit 17 Prozent die zweitstärkste Kraft waren. Der Grund? Die Freien Wähler würden häufig noch als Partei für Kommunales gesehen, so Steiners Einschätzung. In allen Bundesländern ist sie auch nicht vertreten. Das wollen die Mitglieder bis 2025 hinkriegen, schließlich will der Parteivorsitzende Hubert Aiwanger in den Bundestag einziehen. „Wir tun alles dafür, doch so ein Aufbau kommt nicht aus dem Nichts“, meint Steiner.
Wer sich die AfD wohl auch nicht im Europaparlament wünschen würde, ist der Dachauer Volt-Kandidat Osama Kezzo. Der 38-Jährige fragt am Tag nach der Wahl: „Warum soll ich nur zuschauen, wie die Rechtsextremen ihre Pläne schmieden, um Menschen mit Migrationsgeschichte zu vertreiben?“ Der Europa-Kandidat arbeitet als Integrationsberater bei der Caritas und kam als Geflüchteter aus Syrien nach Dachau. Dafür dass die Partei erst das zweite Mal zur Wahl stand, erreichte Volt hier mit fünf Prozent einen relativ hohen Zustimmungswert. Auch wenn es für Kezzo damit wohl nicht für den Einzug reichen wird, will er politisch aktiv bleiben. „Die Wahl hat gezeigt, dass Volt jetzt da ist und sich als Partei etabliert – das ist eine super Erfahrung und ein Hoffnungsschimmer.“