Europawahl im Landkreis Dachau:"Bei uns stimmt's von oben nicht"

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Die SPD im Landkreis Dachau hat bei der Europawahl ein Debakel erlebt. (Foto: dpa)

Die SPD im Landkreis Dachau hofft auf ein gutes Ergebnis bei der Kommunalwahl 2020. Die Schuld an dem Debakel bei der Europawahl geben die Genossen der Parteiführung.

Von Thomas Radlmaier, Dachau

Die SPD droht nach dem Debakel bei der Europawahl im Landkreis Dachau in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Die Sozialdemokraten haben ausgerechnet mit den Grünen einen mächtigen Gegner bekommen, mit dem sie auch bei kommenden Wahlen direkt um Stimmen konkurrieren werden müssen. Bisher bildeten beide Parteien in kommunalen Gremien immer wieder Bündnisse. Doch sollte sich der Aufwärtstrend der Grünen auch bei den Kommunalwahlen im März nächsten Jahr niederschlagen, könnte das sozialdemokratischen Kommunalpolitikern ihre Mandate kosten.

Die Genossen im Landkreis Dachau geben sich einen Tag nach dem Absturz bei der Europawahl gleichwohl kämpferisch und hoffnungsvoll für das Rennen um die Plätze in Gemeinderäten und im Kreistag. "Bei der Kommunalwahl kommt es auch auf die Personen an", sagt Hubert Böck, der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks. "Wenn wir gute Kandidaten haben, werden wir unsere Stimmen kriegen." Böck meint, dass das Thema Klimawandel und Umweltschutz bei der Europawahl den Ausschlag für das gute Ergebnis der Grünen gegeben habe. In den Kommunen würden aber daneben auch noch eine Reihe anderer Themen eine Rolle spielen. Man wolle sich nun zusammensetzen und Leute für die SPD-Listen auswählen. Dabei sollen insbesondere auch junge Politiker vertreten sein. Ob er als Landrat kandieren wird, ließ Böck offen.

Etwas mehr als 500 Mitglieder hat die SPD im Unterbezirk Dachau

Etwas mehr als 500 Mitglieder hat die SPD im Unterbezirk Dachau. Die Genossen sitzen in fast allen Kommunalgremien des Landkreises und stellen in der Stadt Dachau und der Gemeinde Vierkirchen den Bürgermeister. Im Kreistag sind elf Sozialdemokraten aus acht verschiedenen Gemeinden vertreten.

Vierkirchens Bürgermeister Harald Dirlenbach nennt das Ergebnis der Europawahl "absolut bescheiden, um es vorsichtig auszudrücken". Doch um seinen Posten habe er keine Angst, sagt er. "Die Kommunalwahl hat ihre eigenen Gesetze." Die Wähler würden statt auf Parteiprogramme eher darauf achten, "welche Köpfe dahinter stehen". Die Wahl für den Kreistag bereitet Dirlenbach angesichts der jüngsten Erfolge der Grünen dagegen mehr Sorgen. Es mache es für die SPD nicht leichter, wenn die Grünen so stark seien, sagt er. Deshalb brauche man eine "starke Liste, die den ganzen Landkreis abbildet". Auf dieser Liste müsse man auch junge Menschen platzieren. "Da muss meine Partei auch aufwachen. Auch Kommunalpolitiker müssen die Zeichen der Zeit erkennen."

"Wir haben sehr viele Dinge in Dachau erreicht und umgesetzt"

Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann ist freilich "nicht begeistert" vom Ergebnis seiner Partei bei der Europawahl. Doch im Hinblick auf die Kommunalwahl und eines möglichen grünen Oberbürgermeisterkandidaten bleibt er gelassen. Ein anderes SPD-Ergebnis wäre zwar ein besserer Ausgangspunkt für die Kommunalwahl, sagt er. Aber Hartmann meint, dass man eine Europawahl nicht mit einer Kommunalwahl vergleichen könne. Er vertraut darauf, dass die Dachauer seine Politik der vergangenen Jahre gut finden. "Wir haben sehr viele Dinge in Dachau erreicht und umgesetzt", sagt der OB. Am Ende müssten das die Wähler bewerten.

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Die stellvertretende Landrätin Marianne Klaffki erkennt gleichwohl schon eine gewisse Konkurrenz zu den Grünen. Sie verweist auf das Volksbegehren zum Artenschutz. Dieses wäre nicht so erfolgreich gewesen, wenn es nicht auch die SPD unterstützt hätte, meint sie. Die SPD müsse deutlicher machen, dass auch sie für grüne Themen stehe. "Es geht nicht, dass sich das eine Partei auf die Fahnen schreibt."

Einig sind sich die Genossen im Landkreis darin, dass das Grundübel der SPD in der Großen Koalition liegt. Dirlenbach fordert, diese jetzt endlich zu beenden. "Wenn die Parteioberen jetzt keine richtige Schlüsse ziehen, dann frage ich mich: wann sonst?", sagt Dirlenbach und fügt an: "Bei uns stimmt's von oben nicht." Auch Hartmann sagt, die SPD könne in der Koalition mit der Union ihre Themen nicht richtig platzieren. "In der Groko verliert man Farbe." Der Unterbezirksvorsitzende Böck ist deutlicher: "Wenn unsere Themen nicht umgesetzt werden, müssen wir sagen: Wir hören jetzt auf." Das beste Beispiel dafür sei die Grundrente. Da werde jetzt wieder diskutiert. "Wenn man Themen nicht durchbringt, macht man sich unglaubwürdig."

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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