Süddeutsche Zeitung

Erstwähler stellen Fragen:Demonstrationen als Weckruf

Die Schüler der Fachoberschule (FOS) haben mit Katharina Schulze, Florian Herrmann und Eva Gottstein über Themen gesprochen, die sie bewegen: Klimaschutz, Urheberrechte und innere Sicherheit

Von Maximilian Kießl, Karlsfeld

Politik interessiert. Das wird am Mittwochabend in der Fachoberschule (FOS) Karlsfeld deutlich. Vor allem wenn es um die "Fridays for future"-Demonstrationen geht. Die Schüler diskutieren engagiert mit ihren Gästen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, ist gekommen. Ebenso sitzen die Landtagsabgeordnete Eva Gottstein von den Freien Wählern auf dem Podium und der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien, Florian Herrmann (CSU). Moderiert wird die Veranstaltung vom Chefreporter des Bayerischen Rundfunks Stephan Mayer.

"Wenn die Regierung ihre Arbeit richtig machen würde, wären die Demos nicht nötig", findet Katharina Schulze. Sie dankt explizit jedem Schüler, der für den Klimaschutz auf die Straße geht. Herrmann gibt ihr insoweit recht, als "die Demonstrationen als Weckruf gut waren". Aber irgendwann könne man am Freitag aber wieder zur Schule gehen, sagt er. Dem schließt sich auch Eva Gottstein (Freie Wähler) an. Sie findet Engagement zwar wichtig und gut, die Schulpflicht müsse aber dennoch beachtet werden, sagt sie.

Die Veranstaltung steht unter dem Motto "Wahlkontest - deine Stimme für Europa". Die kommende Europawahl und die Anliegen der Jugendlichen stehen im Vordergrund, auch wenn die Schüler anfangs noch etwas zögerlich sind. Viele von ihnen werden heuer das erste Mal zur Wahl gehen. Um das Eis zu brechen, fragt Moderator Mayer die Politiker zunächst nach ihren Visionen für Europa. "Ich wünsche mir mehr und nicht weniger Europa", sagt Schulze, ein Wunsch, den sie mit ihren beiden Kollegen teilt. "Europa hat teilweise ein verkehrtes Marketing", findet Gottstein, "die Bevölkerung wird zu wenig mitgenommen, in der Erkenntnis wie wichtig die Zusammenarbeit in der EU ist."

Dann kommen die Schüler langsam in Fahrt: Die Politiker müssen sich kritischen Fragen zu Tiertransporten, Plastikmüll, der Urheberrechtsreform stellen - auch die innere Sicherheit und die Gefahr eines Überwachungsstaates beschäftigt die Jugendlichen sehr. Angesprochen auf den Umweltschutz appelliert Schulze: "Umwelt- und Klimaschutz darf nicht vor Ländergrenzen haltmachen." Hier herrscht in der Runde Einigkeit, dass einheitliche Standards und gemeinsames Handeln wichtig sind.

Kontrovers wird es, als die Grünenpolitikerin beim Thema Glyphosat den ehemaligen Landwirtschaftsminister, Christian Schmidt (CSU), für dessen Verlängerung der EU-weiten Zulassung des Pestizids attackiert. Alles in allem ist es jedoch ein recht harmonischer Abend.

Angesprochen auf die oft langwierige Arbeitsweise der Politik ist man sich einig: Das Engagement der Jugendlichen ist wichtig. "Gehen Sie zur Kommunalwahl, schließen Sie sich demokratischen Parteien an, machen Sie mit", appelliert Gottstein an die Schüler. Auch Schulze ermutigt die Jugendlichen, sich einzubringen. Es brauche Leute, die das System aktiv unterstützten. Demokratie sei manchmal etwas langsam und umständlich, aber nichtsdestotrotz die bestmögliche Staatsform, betont sie und outet sich als "Demokratie-Fangirl". Abschließend appellieren alle drei noch einmal an die Schüler bei der Europawahl, wählen zu gehen. "Populisten und der Brexit zerren an Europas Kern. Es gilt, die EU zu verteidigen und zur Wahl zu gehen für eine gute Zukunft Europas", fasst es Herrmann zusammen.

Man habe heute wieder gesehen, dass bei jungen Menschen sehr wohl Interesse an Politik und Europa da sei, sagt Moderator Stephan Mayer und bedankt sich bei den Schülern für ihr engagiertes Mitmachen. Und weil auch der stellvertretende Schulleiter Peter Hatzl am Ende von einem "super Event für die Schüler" spricht, steht der Wiederholung einer solchen Veranstaltung wohl nichts im Wege, nächstes Jahr sind schließlich wieder Wahlen; dann geht es um die Mehrheit in den Rathäusern.

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Quelle:
SZ vom 29.03.2019
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