Erdweg:"Wir sind erschüttert"

Fast 300 Trauergäste nehmen Abschied von Ursula Schnur, die einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel

Von Robert Stocker, Erdweg

Verwandte, Freunde und Bekannte, aber auch viele Erdweger Bürger haben am Samstagvormittag Abschied von Ursula Schnur genommen. Die in der Gemeinde bekannte und geschätzte Frau war Ende Oktober Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Die Tat setzte den gesamten Ort unter Schock und löste bei vielen Bürgern Verunsicherung aus. Entsprechend groß ist die Anteilnahme in der Bevölkerung. Etwa 300 Menschen gaben der 76-Jährigen auf dem Großberghofener Friedhof das letzte Geleit. Vielen war die Bestürzung über Schnurs gewaltsamen Tod ins Gesicht geschrieben. "Wir sind erschüttert", sagte Pfarrer Winfried Stahl in der Predigt des Trauergottesdienstes.

Die Pfarrkirche in Großberghofen war am Samstagvormittag bis auf den letzten Platz besetzt. Etwa hundert Besucher standen vor dem Eingang der Kirche und auf dem Friedhof, um der Trauerfeier dennoch beiwohnen zu können. Der Gottesdienst wurde bei strahlendem Sonnenschein per Lautsprecher ins Freie übertragen. An der Feier nahmen auch Erdwegs Bürgermeister Georg Osterauer und der frühere Gemeindechef Michael Reindl teil. Er hatte mit Ursula Schnur bis zu deren Pensionierung im Jahr 1997 fast 23 Jahre lang in der Gemeindeverwaltung zusammengearbeitet. Die 76-Jährige, die in ihrem Haus in der Waldstraße in Großberghofen tot aufgefunden worden war, sei bis zuletzt eine aktive, dynamische und lebenslustige Frau gewesen, sagte Pfarrer Stahl beim Trauergottesdienst. Sie war Mitglied in vielen Vereinen, arbeitete Jahrzehnte lang für die Gemeindebücherei und war auch sozial engagiert. Sie genoss 16 Jahre lang ihre Rente, unternahm zunächst viele Reisen. Dann zog sie sich aber etwas zurück und nahm stattdessen gern ein dickes Buch zur Hand. "Schon ihr natürlicher Tod wäre überraschend gewesen und hätte in der Gemeinde große Bestürzung ausgelöst", sagte Pfarrer Stahl in seiner Predigt. Umso entsetzter müssten ihre Mitbürger jetzt zur Kenntnis nehmen, dass die 76-Jährige einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel. In zahllosen Fernsehkrimis würden die Zuschauer mit Mord und Totschlag konfrontiert, aber wenn so etwas plötzlich Realität und "mitten unter uns" passiere, sei das kaum zu begreifen, sagte der Pfarrer aus der evangelischen Kirchengemeinde Aichach. "Wir sind erschüttert." Der Geistliche kam auch auf den Täter zu sprechen. Man könne es kaum fassen, sagte er, dass die Seele eines Menschen "so deformiert ist". Es sei aber nicht Sache der Menschen über ihn zu richten. Viele Gläubige haderten mit dem Umstand, dass so eine Tat überhaupt möglich sei. Dennoch dürfe sie kein Grund sein, an Gott zu zweifeln. "Entscheidend ist allein seine Barmherzigkeit."

Am Grab der Getöteten erinnerte Bürgermeister Georg Osterauer noch einmal an den Menschen Ursula Schnur. "Sie war mutig und hilfsbereit, offen und ehrlich, eine starke Persönlichkeit", sagte Osterauer. Er würdigte ihr soziales Engagement und ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten, etwa ihre 41-jährige Mitarbeit in der Gemeindebücherei. Schnur wurde dafür mit dem Ehrenzeichen des bayerischen Ministerpräsidenten ausgezeichnet. Die Familie ihrer Tochter Sybille Kramp ließ über eine Sprecherin erklären, dass die Tat nur schwer zu begreifen und zu verarbeiten sei.

Unter dem Verdacht, Ursula Schnur getötet zu haben, steht ein 26-jähriger drogenabhängiger Mann aus Erdweg. Er wohnte in einer Unterkunft auf dem Bauhofgelände und ist vielen Bürgern bekannt. Der Mann ist inzwischen verhaftet worden. Er gab den Diebstahl von Schnurs EC-Karte und Geldabhebungen an Geldautomaten mehrerer Münchner Banken zu, bestreitet aber die Tötung der Frau. Die Kripo wertet derzeit die Spuren am Tatort aus und sucht mögliche Zeugen. Dazu gehören auch Busfahrgäste des Schienenersatzverkehrs.

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