Unmut aus Erdweg:Landratsamt schaltet auf Durchzug

Unmut aus Erdweg: Anstatt der Bürger wird nun voraussichtlich ein Großinvestor die Windkraftanlage im Buchwald bauen.

Anstatt der Bürger wird nun voraussichtlich ein Großinvestor die Windkraftanlage im Buchwald bauen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Bürger werfen der Verwaltung vor, den Windpark im Buchwald verhindert zu haben - die Behörde kann das nicht nachvollziehen

Von Benjamin Emonts, Erdweg/Dachau

"Wir schreiben diesen offenen Brief an Sie, um uns bei Ihnen und Ihren Mitarbeitern für die destruktive, verzögernde und hinderliche Bearbeitung unseres Bauantrags für drei Windkraftanlagen im Buchwald bei Erdweg zu bedanken." Es ist der pure Sarkasmus, der aus dem Brief der inzwischen aufgelösten Bürgerwindrad Erdweg GmbH & Co. KG an den Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) spricht. Nachdem die Bürger beim Landratsamt jahrelang vergeblich um eine Genehmigung ihres Windenergieprojekts gekämpft hatten, gaben sie ihr Vorhaben vor wenigen Tagen aus wirtschaftlichen Gründen endgültig auf. In ihrem Brief treten die Bürger nun in aller Schärfe gegen das Landratsamt nach. Dort allerdings prallen die Anschuldigungen ganz offensichtlich ab.

"Erhebliches Fehlverhalten"

Dem Landrat werfen die Bürger grundsätzlich ein "erhebliches Fehlverhalten vor, das sich eindeutig gegen die Energiewende und die Bürger richtet, die sich für die erneuerbaren Energien einsetzen". Außerdem habe das Landratsamt eng mit den im Verein "Unser Buchwald" versammelten Windkraftgegnern zusammengearbeitet. Die Behörde, da sind sich die Erdweger Bürger sicher, hat den Genehmigungsprozess für das Windenergieprojekt unter Berufung auf haltlose Gutachten absichtlich in die Länge gezogen. Im März 2015 berief sich das Landratsamt zunächst auf den Denkmalschutz und verhinderte den Bau, da durch die Windräder die Sicht auf die Pfarrkirche in Wiedenzhausen beeinträchtigt würde. Laut den Erdwegern ist die Kirche allerdings erst nach ihrem Einspruch zum Denkmal erklärt worden. Das Verwaltungsgericht München gab dem Einspruch der Bürger im September 2015 statt.

Sauer aufgestoßen war den Bürgern am Verwaltungsgericht auch das Verhalten der Mitarbeiter des Landratsamts. Denn sie gaben sich angeblich unwissend, als die Richterin von ihnen wissen wollte, ob der Bauantrag der Erdweger Bürger noch vor Inkrafttreten der 10-H-Regel vollständig eingereicht wurde. Für die Erdweger war die Unwissenheit nur vorgetäuscht. Schließlich, so beteuern sie, hatte das Landratsamt den fristgerechten Eingang bereits schriftlich bestätigt. Das Verfahren musste vertagt werden, wie sich herausstellte grundlos. Nun fragen die Bürger in ihrem Brief: "Gab es wohl einen Maulkorberlass?"

Projekt für Bürger nicht mehr rentabel

Schließlich werfen sie dem Landratsamt vor, den Artenschutz des Wespenbussards vorgeschoben zu haben, um den Bau zu verhindern. Das Gutachten, in dem von einem Tötungsrisiko für den Vogel die Rede ist, habe in seinem Vorgehen nicht den Regelungen aus dem Bayerischen Windkraft-Erlass entsprochen. "Dennoch hat das Landratsamt in seiner unermesslichen Weisheit festgestellt, dass von zwei der drei beantragten Windkraftanlagen ein erhöhtes Tötungsrisiko für den Wespenbussard ausgeht", echauffieren sich die Erdweger Bürger.

Im Januar 2016 genehmigte das Landratsamt den Windpark unter Auflagen. Der Projektentwickler des Bürgerbeteiligungsprojekts, die WWS Projektbau GmbH & Co. KG, zog wegen der zeitlichen Verzögerung und sinkender Einspeisungsvergütungen den Genehmigungsantrag für zwei der drei Anlagen jedoch zurück. Für die Erdweger Bürger ist das Projekt mit nur einem verbleibenden Windrad nicht mehr rentabel, wie ihre Berechnungen ergaben.

Das Landratsamt reagierte am Donnerstag in einer E-Mail auf den Brief. "Die erhobenen Vorwürfe können wir nicht nachvollziehen", schreibt Pressesprecher Wolfgang Reichelt. Für die Enttäuschung der Bürger habe man Verständnis. "Hiervon können wir als staatliche Verwaltung unsere Entscheidung jedoch nicht abhängig machen, wenn eindeutig negative Stellungnahmen von Fachbehörden vorliegen." Dass man die Windkraftgegner über Verfahrensschritte informiert habe, gebiete der öffentliche Anspruch auf Transparenz.

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