Entwicklung des MD-Geländes:Am Wendepunkt

Fabrikbrache

Auch das Heizkraftwerk auf dem Gelände der ehemaligen MD-Papierfabrik wird abgerissen und der Entwicklung der Industriebrache zu einem attraktiven Wohnquartier weichen.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Nach Jahre andauernder Konzeptarbeit schreitet die Entwicklung des MD-Geländes zum Wohnquartier endlich voran. Laut neuer Expertise ist der Boden der Industriebrache weniger als zuvor befürchtet mit Schadstoffen belastet. Der Abriss kann beginnen

Von Petra Schafflik

Schon zwölf Jahre ist es her seit bekannt wurde, dass die traditionsreiche MD Papierfabrik in Dachau ihren Betrieb einstellen würde. Seitdem beschäftigt die Zukunft dieser 17 Hektar großen Industriebrache mitten in der Stadt intensiv Politik wie Gesellschaft. Es gab einen städtebaulichen Entwurf, Bürgerbeteiligungen, Verkehrsstudien, dazu umfangreiche Entwicklungs- und Konzeptarbeit im Hintergrund, von der die Dachauer nicht immer viel mitbekommen haben. Als wichtiger Wendepunkt dieses für die Stadt prägenden Projekts erweist sich das Jahr 2018. Denn seit November liegt ein Konzept zur Altlastenentsorgung vor, das sofort umgesetzt werden soll. Parallel wird im kommenden Jahr die Bauleitplanung starten. Erstmals ist damit ein geordneter Fahrplan erkennbar, wie aus dem Industriedenkmal ein lebendiges Wohnquartier werden kann. Für die Dachauer wird dies wohl schon im Januar konkret sichtbar: Dann sollen die ersten Bagger anrollen, der Abbruch beginnen, bis zu 40 Schwerlaster mit Abraum täglich von der Ostenstraße abfahren.

Ein Thema wurde 2018 abgeräumt, das grundlegend jede Debatte rund um die Entwicklung des MD-Areals von Anfang an entscheidend mit geprägt hat: die Frage um Schadstoffe in den alten Industrieanlagen, um mögliche Rückstände im Boden und unter den Gebäuden. Und damit letztlich die Frage, mit welchem Kostenaufwand das Gelände überhaupt baureif gemacht werden kann. Je nachdem, wen man fragte, wurden vor massivsten Belastung gewarnt oder beruhigt, dass alles wohl nicht so schlimm wäre. Den Stadtrat beschäftigte dabei stets die Sorge, dass der Eigentümer weniger belastete Areale attraktiv entwickeln und mit hohem Gewinn veräußern würde, um dann die Stadt auf belasteten Flächen sitzen zu lassen.

Genau in all diesen grundlegenden Fragen gibt es jetzt klare Erkenntnisse. Denn nach der im November präsentierten Expertise des auf Altlasten-Sanierungen spezialisierten Münchner Ingenieurbüros Campus, ist das MD-Gelände tatsächlich nicht so intensiv belastet, wie noch 2014 eine Grobuntersuchung geschätzt hatte. Statt auf dem gesamten Areal den Boden sechs Meter tief abzugraben, wie lange befürchtet, muss im Durchschnitt nur bis in zwei Meter Tiefe gegraben werden. Da zudem die Isaria Dachau Entwicklungsgesellschaft als Grundeigentümerin mit den Abbrucharbeiten jetzt in Vorleistung geht, bevor noch Baurecht besteht, wird die vom Stadtrat befürchtete "Rosinenpickerei" ausgeschlossen. Auch in Sachen Planung änderte sich 2018 einiges: Nachdem das Darmstädter Planungsbüro Trojan und Trojan, das den städtebaulichen Entwurf für das MD-Areal entwickelt hat, aus dem Projekt ausgestiegen ist, wird der Stadtrat demnächst einen neuen Architekten auswählen. Dann soll noch 2019 die Bauleitplanung starten.

Trotz entscheidender Fortschritte bleiben langfristige Aufgaben. Da wäre die geplante Erschließung des Areals von Norden her über einen Tunnel, der unter der Bahnlinie durchführen wird. Für dieses Bauwerk ist ein Planfeststellungsverfahren notwendig, das mit Beteiligung der Bahn acht bis zehn Jahre dauern könnte. Langfristig angelegt sind auch Überlegungen für ein Industriemuseum. Bei diesem Vorhaben ziehen zwar alle Mitstreiter, das sind Stadt, Landkreis und Bezirk, gemeinsam an einem Strang und stellten 2018 Geld bereit für eine Expertise. Doch vom Ergebnis dieser Studie wird es dann abhängen, ob diese Idee realisiert wird.

Noch offen ist nach wie vor auch die Frage, ob ein Wasserkraftwerk am Mühlbach installiert werden kann. Zuletzt schien die Idee zu scheitern an einer aufwendigen Fischtreppe, die gleichzeitig mit einem Wehr errichtet werden müsste. Diese Investition würde ein Kraftwerk, das die Stadtwerke Dachau dort dann betreiben sollen, schlicht unwirtschaftlich machen. Doch ganz begraben ist die charmante Idee einer regenerativen Energieerzeugung mitten im Wohnviertel noch nicht. Vielmehr werden nun Alternativen zum Schutz der Fische gesucht.

Dennoch: Nach all den Jahren, in denen die stillgelegte Fabrik wie ein Fremdkörper mitten in der Stadt wirkte, nur hin und wieder als Filmkulisse oder Areal für Theaterprojekte und Events genutzt wurde, wird 2019 die Konversion zum Wohnviertel konkret starten. Bagger, die im Januar anrücken, werden als eines der ersten Bauwerke die Materialbrücke abreißen, die derzeit noch mit dem prägnanten MD-Logo die Ostenstraße überspannt.

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