Entlastung für Pflegepersonal:Eine Bereitschaftspraxis für Dachau

Nach Markt Indersdorf und Fürstenfeldbruck eröffnet nun auch in Dachau eine neue Anlaufstelle für Patienten. Leichtere Fälle sollen so ambulant versorgt werden können und die Notaufnahme des Klinikums entlasten

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die ärztliche Versorgung in Dachau soll grundlegend verbessert werden. Bereits am Dienstag, 29. Mai, wird am Helios-Amper-Klinikum eine Bereitschaftspraxis eröffnen. Sie soll die Notaufnahme am Klinikum für alle entlasten: Patienten ebenso wie Ärzte und Pfleger. Ordinieren werden nach festgelegten Schichtplänen niedergelassene Dachauer Ärzte. Sie werden während des Bereitschaftsdienstes also nicht in ihren Praxen sein - für die Patienten gibt es nur diese eine Anlaufstelle. Gleichzeitig muss sich der Bereitschaftsarzt nicht zwischen Versorgung in der Praxis und Hausbesuchen aufteilen - den Fahrdienst übernimmt jeweils ein Kollege. So erklärt es Michael Stahn von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns. Sie ist Träger der Praxis. Bisherige Erfahrungen hätten gezeigt, dass die niedergelassenen Ärzte durch das System der Bereitschaftspraxen deutlich entlastet würden. Patienten brauchen keinen Termin und können grundsätzlich die nächstgelegene Praxis aufsuchen, also etwa auch jene in Fürstenfeldbruck.

Belegungs- oder Auslastungszahlen, die dazu geführt haben, dass Dachau nun eine solche Bereitschaftspraxis erhält wie sie Markt Indersdorf oder auch Fürstenfeldbruck bereits haben, will Stahn aus Datenschutzgründen nicht nennen. Dass diese Praxis nun eingerichtet werde, sei schlicht der Lage und Größe der Klinik und der prognostizierten Auslastung der neuen Praxis geschuldet. In einer Pressemitteilung des Helios-Amper-Klinikums heißt es nur: "Die neue Kooperation ist ein Gewinn für alle Seiten." Zitiert wird so Thomas Horst, Pflegerischer Leiter der Nothilfe. Der zugleich erklärt: "Andererseits können unsere Notaufnahmen so auch entlastet werden. Bei leichteren Fällen besteht die Möglichkeit, diese direkt ambulant in der Bereitschaftspraxis versorgen zu lassen." Nicht nur das ärztliche und vor allem das Pflegepersonal in der Notaufnahme des Klinikums ist überlastet. Schon seit fast anderthalb Jahren machen die Angestellten in immer neuen Aktionen auf ihre Arbeitsbelastung aufmerksam. Tarifverhandlungen, auch mit dem Ziel einer Entlastung der Mitarbeiter, laufen. Zuletzt sammelten die Krankenschwestern und Pfleger sogar noch mehr Überstunden an, denn einige ihrer Kollegen kündigten in den vergangenen Monaten, Pflegeschüler schlossen ihre Ausbildung nicht ab. Ausbilder hätten kaum Zeit, sich um die Schüler zu kümmern. Diese wiederum kämen bei ihrem Arbeitspensum nicht zum Lernen und schafften die Prüfungen nicht, erklärten Betriebsräte auf einer Kundgebung Mitte Mai. Vor allem die Notfallversorgung ist schon längere Zeit ein Problem. Patienten klagten über viel zu lange Wartezeiten, Angestellte darüber, sich allein gelassen zu fühlen. Auf einer Streikversammlung im September sagte ein junger Pfleger, dessen Team intern als vorbildlich in der Organisation gilt: "Wenn ich zwei Notfälle gleichzeitig habe, stirbt einer."

Hinzu kommt jedoch auch in Dachau das in vielen Kliniken beobachtete und 2016 vom Forschungsinstitut Aqua in einer Studie belegte Phänomen, dass die Notaufnahme des Krankenhauses immer häufiger als allgemeine Sprechstunde missverstanden wird. Sie ist immer geöffnet; nicht alle Patienten, die zur Notaufnahme kommen, sind auch wirklich Notfälle. Manche könnten wohl bis zum nächsten Tag warten und zum Hausarzt gehen.

Bereits die Verfasser der Studie stellten allerdings fest, dass viele Menschen den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst nicht kennen. Dieser ist unter der Telefonnummer 116117 rund um die Uhr erreichbar. Dabei geht es nur um akute, aber nicht lebensbedrohliche Erkrankungen und Verletzungen. Die Dachauer Bereitschaftspraxis soll in Zukunft jeden Tag bis 21 Uhr abends besetzt sein. An Wochenenden und Feiertagen öffnet sie um 9 Uhr, mittwochs und freitags um 16 Uhr und Montag, Dienstag und Donnerstag um 18 Uhr.

Die Bereitschaftspraxis wird direkt gegenüber der Notaufnahme eingerichtet. Wie Michael Stahn von der KVB erklärt, werden diese Praxen grundsätzlich an Krankenhäusern eingerichtet. Denn, wie auch das Helios-Klinikum erklärt, können so schwerere Fälle aus der Praxis direkt ins Krankenhaus überwiesen werden. "Wir unterstützen die Bereitschaftsärzte in schwierigen Fällen", sagt Nothilfeleiter Thomas Horst. Die Öffnungszeiten der Bereitschaftspraxis in Markt Indersdorf werden ebenfalls von 29. Mai an verlängert. Die Praxis wird Mittwoch und Freitag 16 bis 21 Uhr und an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 17 Uhr geöffnet sein.

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