Entfremdung beklagt:Imageprobleme

Die Landwirte sehen sich in der Defensive. Überall wird heftige Kritik an Tierhaltung und Produktionsweisen geübt. Hauptschuld an der Situation sind nach Ansicht von Ministerin Michaela Kaniber die Medien

Von Renate Zauscher, Markt Indersdorf

Die Landwirtschaft sieht sich großen Problemen konfrontiert: Darüber ist sich auch die Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Michaela Kaniber, im Klaren. Am Freitag war sie zu Gast beim Kreisbauerntag des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Ried bei Indersdorf. In ihrem Vortrag vor rund zweihundert Gästen, darunter Landrat Stefan Löwl und zahlreiche weitere Ehrengästen aus Verbänden, Behörden und Banken, sprach sie über Herausforderungen wie den Klimawandel oder das, was sie als "Entfremdung zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft" bezeichnet. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Präsidenten des BBV in Oberbayern, Anton Kreitmair.

Wie sehr sich Vertreter der Landwirtschaft mittlerweile in der Defensive fühlen, wurde in den Vorträgen sowohl von Anton Kreitmair wie von Michaela Kaniber deutlich. Beide sehen einen wesentlichen Teil der Schuld für die Kritik an konventionellen landwirtschaftlichen Produktionsweisen und Tierhaltungsformen bei den Medien, insbesondere dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Sie fordern deshalb eine "ehrliche" Berichterstattung. Kreitmair will notfalls sogar die Rundfunk- und Fernsehgebühren zur Disposition stellen.

Kreisbauerntag

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) bei ihrem ersten Besuch im Landkreis Dachau. Im Gasthaus Doll spricht die Politikerin auf dem Kreisbauerntag in Ried in Markt Indersdorf.

(Foto: Niels P. Joergensen)

Kaniber griff das von vielen geforderte Ende der Anbindehaltung in Ställen auf. Sie setze grundsätzlich auf "Freiwilligkeit statt Ordnungsrecht", erklärte die Landwirtschaftsministerin. Für die Anbindehaltung solle kein zeitliches Datum festgelegt werden, ab dem sie verboten würde. Besser seien Investitionshilfen für den Bau moderner Ställe. In zehn oder 15 Jahren sei diese Art der Haltung ohnehin passé, stimmte ihr Kreitmair zu.

Auch hinsichtlich der Ferkelkastration, die derzeit noch ohne Narkose möglich ist, bezog Kaniber Stellung. Natürlich wäre die vom Tierschutzgesetz geforderte absolute Schmerzausschaltung die beste Lösung, räumte sie ein. Man müsse aber auch sehen, dass in anderen, Fleisch nach Deutschland exportierenden Ländern, wie etwa Dänemark andere Tierschutzvorschriften gelten und dass ein Ferkel "schon dann quiekt, wenn man es nur auf den Arm nimmt".

Dem Vorwurf, die konventionelle Landwirtschaft trage eine maßgebliche Mitschuld am Rückgang der Arten, insbesondere am Insektensterben, entgegnete die Ministerin, dass man nicht gänzlich auf Pflanzenschutzmittel verzichten könne. Dies sei eine "Illusion". Man könne lediglich über eine Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes reden. Kaniber wolle sich aber dafür einsetzen, dass per Digitalisierung der Landwirtschaft ein Zuviel an Chemie auf den Feldern verhindert werde. Helfen sollen auch vermehrt Blühstreifen, Heckenpflanzungen und das Freihalten von Gewässerufern von Pestiziden. Für den Erhalt der Artenvielfalt sollten "neue Akzente" gesetzt werden, etwa durch eine "echte Biotopvernetzung", sagte sie.

Kreisbauerntag

Auch im Landkreis Dachau stehen die Landwirte vor vielen Problemen und Herausforderungen. Deshalb wohl war die Veranstaltung fast bis auf den letzten Platz besucht.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Als problematisch sah Kaniber die Entfremdung zwischen Gesellschaft und Landwirtschaft an. Das zeige das Ergebnis der Landtagswahl. "Wir brauchen keine Ratschläge aus Schleswig-Holstein", sagt Kaniber, auch "keine Grünen, um grüne Politik zu machen." Bayern belege bereits eine Spitzenposition im ökologischen Landbau, die man weiter ausbauen wolle. Die konventionelle Landwirtschaft sei jedoch genauso wichtig und wertvoll. Um die Entfremdung zu überwinden, setzt Kaniber auf Beratung, auf Hofbesuche beim Direktvermarkter und auch auf die Sensibilisierung der Kinder für Fragen, woher denn Milch oder Eier kämen. Das "Bauernbashing" jedenfalls müsse unbedingt ein Ende haben, und wer Ökolandbau wünsche müsse auch Bio kaufen.

Neben dem Imageproblem, das die Landwirtschaft inzwischen oft genug hat, sprach die Ministerin auch den zunehmenden Klimawandel an, der den Bauern große Sorgen macht. Hier setzt die Ministerin auf eine bessere Risikoabsicherung der Landwirte in Form einer staatlich unterstützten "Mehrgefahrenversicherung".

Kaniber kam beim Publikum offensichtlich gut an. "Die kann gut reden", hieß es im ein oder anderen Kommentar an den Tischen. Überzeugen ließen sich die Menschen in Ried wohl auch durch den Optimismus, den die Landwirtschaftsministerin ausstrahlte: "Wir stehen an einer Trendwende - die kann für die Landwirtschaft gut ausgehen, wenn wir auf Regionalität setzen", erklärte sie den vielen Landwirten und ihren Frauen.

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