Süddeutsche Zeitung

Engpass in Dachau:Kampf um den Krippenplatz

Wer in Dachau einen Krippenplatz will, sollte sein Kind am besten schon vor der Geburt anmelden. Der Engpass ist mittlerweile gravierend, ein größeres Angebot gibt es vorerst nicht.

Petra Schafflik

Der Engpass in der Kleinkindbetreuung wird immer gravierender: Auf 22 freie Krippenplätze in der Stadt haben sich jetzt 120 Familien gemeldet. Auch im Tagesmütterprojekt Kindersonnenwinkel gibt es bereits Anmeldungen für alle 40 Plätze, die im Herbst frei werden. Entlastung wird nur der Ausbau der Kapazitäten bringen, der sich bisher immer wieder verzögert hat. Als erste der geplanten Einrichtungen wird das Krippenhaus Friedenstraße mit 50 Plätzen im Frühjahr 2012 fertiggestellt sein, sagt Bauamtsleiter Michael Simon. Die Bauarbeiten sollen in diesen Tagen beginnen.

"Die Stimmung der Eltern wird immer verzweifelter", berichtet Marina Braun, die bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) die Tagesstätten koordiniert. Die Awo ist Träger von drei städtischen Krippen mit insgesamt 54 Plätzen, zwölf Plätze für Kleinkinder gibt es noch im privaten Montessori-Kinderhaus. "Schon Schwangere melden ihr Kind an", berichtet Marina Braun. Die Eltern bemühten sich, in Gesprächen und E-Mails ihre persönliche Notlage deutlich zu machen. "Die Stimmung schwankt zwischen wütend und hoffend."

Auch die Betreuung durch Tagesmütter in dem vom Landkreis koordinierten Projekt Kindersonnenwinkel, wo die Stadt 74 Plätze gebucht hat, ist permanent gefragt. "Die Eltern schätzen das individuelle und flexible Angebot", sagt Leiterin Martina Spierer. Allein beim Tag der offenen Tür hat sie 40 Anmeldungen verbucht. Genau so viele Plätze werden ab Herbst bei einer der derzeit 29 aktiven Tagesmütter frei.

Wegen des enormen Andrangs werden die städtischen Krippenplätze der Awo nach sozialen Kriterien vergeben. Grundsätzlich kommen nur berufstätige Eltern zum Zug. Alleinerziehende haben aber ebenso Vorrang wie Familien, die bereits ein Kind in der Einrichtung haben. Damit sind freie Plätze bereits weitgehend belegt. Viele berufstätige Eltern, die neu einen Platz suchen, gehen leer aus. "Traurig, denn auch diese Familien haben einen berechtigte Bedarf", sagt Braun. Im Kindersonnenwinkel klären ausführliche Elterngespräche die persönliche Situation und stellen sicher, dass Eltern, Tagesmutter und Kind gut zusammenpassen.

Weil Betreuung für Kleinkinder in der Stadt Mangelware ist, mühen sich die Träger um kleinste Verbesserungen: "Wir versuchen Fluktuation und damit freie Plätze unter dem Jahr zu schaffen, indem schon Zweieinhalbjährige in den Kindergarten wechseln", sagt Braun. Auch wurde die Belegung von zwölf auf 13, im Kinderhaus Augustenfeld sogar auf 15 Kinder ausgeweitet. "Mehr geht zur Zeit nicht." Im Kindersonnenwinkel können sich Eltern ganzjährig melden. Leiterin Spierer ist auf eine zweite Anfragewelle eingestellt, sobald die schriftlichen Absagen der Krippen verschickt sind. "Wir werden uns um Lösungen bemühen." Doch der Kampf um den Krippenplatz wird erst ein Ende haben, wenn die Neubauvorhaben mit 90 Betreuungsplätzen realisiert sind. Ein entsprechendes Konzept hat der Stadtrat bereits vor drei Jahren beschlossen, doch bis heute wurde nicht ein Gebäude realisiert. Für den Neubau des Kindergartens Mariä Himmelfahrt, der zwei Krippengruppen neu erhalten soll, läuft derzeit das notwendige Bebauungsplanverfahren.

Der Bauausschuss wird demnächst über Einwendungen beraten, die auch Eltern gegen das Konzept vorgebracht haben. Mehrmals verzögert hat sich der Baubeginn beim Krippenhaus Friedenstraße mit 50 Betreuungsplätzen. Und Pläne des Franziskuswerk Schönbrunn als Träger, provisorisch eine Gruppe in einem Wohngebäude unterzubringen, lehnte der Stadtrat im vorigen Jahr aus Kostengründen ab. Doch nun sind dort alle Hindernisse ausgeräumt, in diesen Tagen sollen in der Friedenstraße die Baumaschinen anrücken, versichert Bauamtsleiter Simon. Das Thema Kinderbetreuung wird den Stadtrat aber weiter beschäftigen, ist sich Hauptamtsleiter Günther Domcke sicher. Die Nachfrage der Eltern steige für Krippe, Kindergarten und Hort kontinuierlich. "Betreuung wird von der Ausnahme zum Regelfall."

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Quelle:
SZ vom 15.04.2011
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