Engagiert :Hoch hinaus

Engagiert : Das Ziel fest im Visier: Gianluca Errico ließ sich einst von seiner Lehrerin inspirieren.

Das Ziel fest im Visier: Gianluca Errico ließ sich einst von seiner Lehrerin inspirieren.

(Foto: privat)

Gianluca Errico aus Altomünster war einst kein guter Schüler, kämpfte sich aber bis zum Master-Abschluss an einer renommierten Wirtschaftsuniversität in Paris. Inzwischen engagiert er sich auch politisch

Von Michaela Strassmair, Dachau

Schule? Die hat Gianluca Errico nicht interessiert. Fernsehen war ihm wichtiger. In der sechsten Klasse wäre er auf der Hauptschule beinahe durchgefallen, so schlecht war sein Notenschnitt. Errico wechselte die Schule und fand dort jemanden, der an ihn glaubte: Seine neue Klassenlehrerin. "Ich weiß, dass du bald der Klassenbeste sein wirst", sagte sie zu ihm. Mit diesem Moment begann die Verwandlung des jungen Mannes aus Altomünster.

Vor wenigen Tagen feierte Errico im Pariser Luxushotel "Du Collectionnaire" seinen Abschluss im Master of Business Administration an der École Supérieure des Sciences Économiques et Commerciales (ESSEC) in Paris - eine der bekanntesten Wirtschaftsuniversitäten der Welt. Unter den 80 Absolventen stach der 29-Jährige heraus, er schloss das Studium mit der Note eins ab.

Zuvor hatte Errico eine lange Reise hinter sich gebracht. Nach dem Qualifizierenden Hauptschulabschluss ging er für ein Highschool-Jahr nach Kentucky (USA), wo er Englisch lernte. Zurück im Dachauer Hinterland folgten die Mittlere Reife, das Fachabitur und eine Lehre als Bankkaufmann. Ständiger Wegbegleiter: Dieser prägende Satz von seiner ehemaligen Lehrerin an der Hauptschule. "Ich wollte sie schließlich nicht enttäuschen", sagt Errico heute. Der jüngste Sohn einer alleinerziehenden Mutter feilte auch an seinen Sprachkenntnissen. In Bologna lernte er Business-Italienisch, heute spricht er drei Fremdsprachen fließend. Nach der Lehre bekam er einen Job als Risikomanager bei einer großen Bank, doch Errico wollte sich nicht ausruhen, sondern weitermachen. Also schrieb er sich für sein erstes Studium ein, International Management an der FOM Hochschule in München. Es war eine anstrengende und herausfordernde Zeit: Nach dem Vollzeitjob in der Bank ging es freitags und samstags noch zu Lehrveranstaltungen ins Hochschulzentrum, und von dort direkt weiter ins Hofbräuhaus - Errico kellnerte für seinen großen Traum.

Rund 45 000 Euro musste er aufbringen für das Studium an der ESSEC in Paris, exklusive Lebenshaltungskosten. Es war ein Kraftakt, doch für Errico war er alternativlos. Ein Vortrag über die Top-Unis der Welt hatte Errico inspiriert, der Gedanke ließ ihn nicht mehr los: Er wollte nach Paris und an der ESSEC studieren, unbedingt. Dafür musste er auch sein geliebtes Chrysler Cabrio und seine mühsam angesparte Lebensversicherung opfern. "Für die ESSEC musste ich alles verkaufen, was ich hatte", sagt er. Zusätzlich galt es aber auch noch, den GMAT-Test zu bewältigen, eine weltweit standardisierte Prüfung für Masterstudiengänge an betriebswirtschaftlichen Fakultäten. "Es heißt, dass man sich zwei bis sechs Monate darauf vorbereiten soll", erzählt Errico. "Man muss strategisch vorgehen, um unter Zeitdruck vernetztes, mathematisches und sprachlogisches Denken zu verbinden." Nur einen Monat hatte er Zeit zur Vorbereitung auf den Test - und bestand. "Wenn ich an etwas glaube, dann will ich es auch erreichen", sagt Errico.

Es hat sich gelohnt, während des Studiums erkundete er auch die Welt. Zuerst kam Errico nach London, dann für drei Monate nach Singapur, wo er an den Wochenenden benachbarte Länder wie Indonesien, Japan oder die Philippinen bereiste. "Ich bin sehr gut im Organisieren", sagt Errico, "deshalb konnte ich das Reisen gut mit dem Lernen kombinieren." Zurück in Paris sah sein Alltag so aus: Um sechs Uhr morgens aufstehen, Vorlesungen bis abends, um 19 Uhr nach Hause und dann bis Mitternacht lernen, wenn keine Abendveranstaltungen waren, wo die Studierenden Manager von großen Konzernen kennenlernen konnten. "Zum Glück war ich in dieser Zeit Single, sonst hätte ich dieses Pensum nicht geschafft", sagt Errico heute.

Inzwischen hat er einen Job als Unternehmensberater bei einer weltweit führenden Firma im Hard-, Software, IT- und Dienstleistungsbereich. Seine Reise geht dort weiter. "Ich will die Welt sehen und arbeite an vielen internationalen Projekten", sagt Errico. Inzwischen ist auch ein privates Engagement hinzugekommen. Ehrenamtlich arbeitet er bei Volt, der ersten gesamteuropäischen Partei, die vor rund eineinhalb Jahren ins Leben gerufen wurde, um Europa zu machen. "Wenn man den Brexit miterlebt, den Aufstieg der AfD in Deutschland oder die neue Regierung in Italien", sagt Errico, "da konnte ich nicht mehr nur zusehen und lamentieren, sondern wollte aktiv etwas tun." Für die offene Bewegung Volt, die eine Antwort auf den Rechtspopulismus geben will, organisiert Gianluca Errico am Samstag, 20. Oktober, in München eine Demonstration mit dem Motte "Jung und Alt gemeinsam gegen Altersarmut". Seine Leidenschaft findet inzwischen auch interessante Unterstützer: Der Rapper "Nexxt" produziert extra für die Demo einen emotionalen Song.

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