Energiewende im Landkreis:Umdenken und anpacken

Die Klimaschutzbeauftragte des Landkreises, Brigitte Detering, glaubt an die Energiewende. Aber nur, wenn der Umstieg auf erneuerbare Energien auch ins Bewusstsein der Bürger dringt.

Walter Gierlich

Bei ihr laufen die Fäden zusammen: Brigitte Detering ist seit 2009 Klimaschutzbeauftragte des Landkreises. Zu ihren Hauptaufgaben gehören die Koordinierung und fachliche Begleitung aller Landkreisprojekte zum Klimaschutz sowie die Koordinierung aller Schritte zur Erstellung einer Kohlendioxidbilanz und eines Klimaschutzkonzepts.

Energiewende im Landkreis: Brigitte Detering ist die Klimaschutzbeauftragte des Landkreises Dachau.

Brigitte Detering ist die Klimaschutzbeauftragte des Landkreises Dachau.

(Foto: www.joergensen.com)

Und genau mit Letzterem geht es nicht voran: Die Basis des Konzepts, der Klimaatlas, in dem alle Daten zu Energieverbrauch und CO2-Emissionen erfasst werden sollten, ist gescheitert. Einer ganzen Reihe von Kommunen - allen voran der Großen Kreisstadt Dachau - war die Erhebung zu teuer, obwohl vom Bund eine großzügige Förderung von 80 Prozent der Kosten in Aussicht gestellt worden war.

"Das ist genau das Problem", sagt Detering auf die Frage, ob denn die ehrgeizigen Ziele erreichbar seien, die sich der Landkreis gesteckt hat: Bis 2020 soll der Kohlendioxid-Ausstoß um 40 Prozent gesenkt werden. Ohne Vergleichszahlen ist das unmöglich.

"So kann man 2020 nur sagen, wir haben das oder jenes gemacht", erklärt die Klimaschutzbeauftragte ein wenig resigniert. "Man kann halt nur auf Einzelmaßnahmen zurückgreifen." Bestenfalls könne man ohne Klimaatlas Hochrechnungen vornehmen.

Doch so schnell mag sich Detering nicht entmutigen lassen: Die Gemeinde Bergkirchen etwa lässt Daten zur Energieversorgung von Schülern erheben, eine Idee, die auch landkreisweit auf positive Resonanz stößt. "Es ist nicht so, dass überhaupt nichts mehr läuft", betont die Klimaschutzexpertin. Mit Hilfe der Schüler könne man "eine abgespeckte Version" nach dem Bergkirchener Modell bekommen. Sogar einen positiven Aspekt kann Detering darin sehen, dass nicht ein anonymes Ingenieurbüro die Erhebungen durchführt: "Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist eventuell größer, wenn das Schüler machen", glaubt sie.

Brigitte Detering bedauert es ein wenig, dass die Entscheidung gegen den Klimaatlas im Januar gefallen ist, zwei Monate vor der Katastrophe in Fukushima. "Die Diskussion hat sich seitdem gewandelt", sagt die Klimaschutzbeauftragte, die zumindest in den Köpfen von Politikern und Bürgern ein Umdenken ausgemacht hat. In den Gemeinderäten könne, wenn es um Themen wie Klimaschutz und Energieversorgung geht, heute niemand mehr sagen, das stellen wir zurück, das ist nicht so wichtig, glaubt Detering.

Nur gemeinsam kann die Wende gelingen

Doch die Politik allein könne keine Energiewende herbeiführen. "Die Bevölkerung müsste mit ins Boot", betont sie. Denn Energiesparen sei das am meisten unterschätzte Potential: "Da kommt einiges zusammen." Allerdings ist auch ihr klar, dass zwischen dem Bewusstsein für die Notwendigkeit des Energiesparens und dem konkreten Handeln bisweilen eine Kluft besteht.

Und dabei fasst sich die Klimaschutzbeauftragte durchaus auch an die eigene Nase: "Oft nimmt man schon mal aus Bequemlichkeit das Auto, wenn man auch das Fahrrad benutzen könnte. Es könnte ja vielleicht regnen, sagt man zur Entschuldigung." Dennoch ist Detering insgesamt optimistisch: "Wenn das Thema ins Bewusstsein jedes Einzelnen dringt, könnte ich mir vorstellen, dass schon was zu machen ist."

Interesse sei jedenfalls da für die Energiewende, das zeige die Diskussion über Windkraft, die mittlerweile in allen Landkreiskommunen geführt werde. Alle Gemeinden haben bekanntlich zusammen ein Gutachten für mögliche Standorte in Auftrag gegeben. Nun sind die Gemeinderäte gerade dabei, Aufstellungsbeschlüsse für ortsübergreifende Flächennutzungspläne zu fassen, um privaten Investoren mit eigenen Planungen zuvorzukommen. Denn Windkraftanlagen sind baurechtlich privilegiert und lassen sich kaum verhindern, wenn sich Grundstücksbesitzer und Investor einig sind.

Unter allen erneuerbaren Energien wird der Windkraft bundesweit das größte Potential zugeschrieben. Doch Brigitte Detering meint, es sei "schwer abzuschätzen", ob das auch im Landkreis Dachau der Fall ist. "Man kann nicht sagen, das wird das Potential der Zukunft", meint sie eher skeptisch.

Enormen Schub habe in den vergangenen Jahren die Photovoltaik im Landkreis bekommen. Die Klimaschutzbeauftragte hat gerüchteweise davon gehört, dass womöglich auch Freiflächenanlagen im Zuge der Energiewende bald wieder gefördert werden könnten. In diesem Segment hat der Bund im Vorjahr die Zuschüsse auf Null zurückgefahren.

Auf den Dächern ist der Sonnenstrom nach Einschätzung Deterings im Landkreis nahezu ausgereizt. Für vollends ausgereizt hält sie die Wasserkraft an den Flüssen im Landkreis. Wie weit sich die Erdwärme im Dachauer Land nutzen lässt, sei offen. Bisher gebe es zwar Überlegungen für Geothermie-Projekte in Haimhausen und Karlsfeld, aber konkrete Planungen seien noch nicht vorhanden.

Ist der Umstieg auf erneuerbare Energien im Landkreis trotz all dieser Rückschläge und Einschränkungen machbar? Brigitte Detering ist jedenfalls zuversichtlich. Ihre Antwort: "Wenn alle zusammen helfen, ist die Energiewende zu schaffen."

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