Energiewende im Landkreis:Dämmen und sparen

Energetische Sanierungen senken den Energieverbrauch - doch viele Maßnahmen sind aufwendig und teuer. Sparen kann, wer handwerklich begabt ist.

Daniela Gorgs

Die Nachbarn von Peter Hofkirchen (Name geändert) dürfen sich freuen. Künftig werden sie nicht mehr jeden Samstag vom Kreischen der Kreissäge geweckt. Hofkirchen hat sein Haus energetisch saniert und braucht jetzt nur noch halb so viel Holz für die gleiche Wärme. 25 Ster - das war eine stolze Menge, die der zweifache Familienvater an den Sommer- und Herbstwochenenden zu Kleinholz verarbeitet hat.

Energiewende im Landkreis: Für energetische Sanierungen interessieren sich viele Hausbesitzer. Doch die wenigsten schreiten zur Tat: Sie scheuen die hohen Kosten.

Für energetische Sanierungen interessieren sich viele Hausbesitzer. Doch die wenigsten schreiten zur Tat: Sie scheuen die hohen Kosten.

(Foto: www.joergensen.com)

Dabei konnte er noch froh sein, dass der Vorbesitzer die bereits 30 Jahre alte Heizungsanlage ausgetauscht hatte gegen eine, die das Beheizen sowohl mit Öl als auch mit Festbrennstoffen erlaubt. Sonst hätte Hofkirchen 5000 Liter Heizöl pro Jahr verbraucht.

Der 40-jährige Karosseriebauer wohnt mit seiner Familie in einem Haus, das in den 1970er Jahren gebaut wurde. Die Außenwände waren mit großem Stein rasch hochgezogen worden, auf Dachstuhl und Latten lagen die Ziegelsteine. Es gab keine Schalung, keine Dämmung. Im Sommer hatte Hofkirchen auf dem Speicher Temperaturen wie in einer finnischen Sauna, selbst im Schlafzimmer im ersten Stock war es noch 30 Grad warm. Im Winter zog es trotz Dauerheizens durchs ganze Haus.

Als sich in der Küche Schimmel breitmachte, sah Hofkirchen Handlungsbedarf. Er besorgte sich aus dem Elektrofachhandel eine Messpistole und diagnostizierte eklatante Temperaturunterschiede an Decke, Innenraum und Außenwand. Der 40-Jährige erkundigte sich bei Kollegen und Freunden und verschaffte sich einen Überblick im Internet. Dort entdeckte er einen Wärmerechner, mit dem er sein Haus hinsichtlich Dämmwirkung, Energieeinsparverordnung, Feuchtigkeitsschäden durch Tauwasser und Hitzeschutz analysierte und eine Sanierung erarbeitete.

Angesichts steigender Energiekosten möchten viele Hausbesitzer ihr Gebäude sanieren. Ihre Rechnung ist einfach: Eine neue Heizungsanlage, eine bessere Wärmedämmung senkt den Energieverbrauch und langfristig die Kosten. Doch erstmal muss Geld in die Hand genommen werden, wie Energieberater vorrechnen und damit auch viele potentielle Kunden verschrecken. Der Geschäftsführer von Dachau Agil, Helmut Lung, kennt das Problem: Von zehn Interessierten, die sich vom Freien Energieforum, einer Agil-Initiative, beraten lassen, packen vielleicht zwei eine Sanierung an.

Selbst mit der staatlichen Förderung bleibe ein Großteil der Finanzierung am Eigentümer hängen, sagt Lung. Wolle man vernünftig sanieren, müsse jede Maßnahme zuvor auf seine Wirtschaftlichkeit hin untersucht werden. Lohnt sich der Einbau einer neuen Heizungsanlage? Wo kann man CO2 einsparen, wie das Raumklima verbessern? Womit beginnen? Welches Material auswählen? Nicht sehr hilfreich sei es, wenn Fördermaßnahmen und Anreize wie Einspeisevergütungen politisch immer wieder neu diskutiert würden. "Das verunsichert die Leute", sagt Lung. Und doch: Sanierungsmaßnahmen würden sich beinahe immer rentieren: Hausbesitzer könnten den Wert ihrer Immobilie steigern.

Kai Kühnel, Architekt und Energieberater in Dachau, sieht das Thema kritischer. Wenn sich eine Maßnahme nicht bereits nach zwölf Jahren bezahlt gemacht habe, werde sie sich nicht mehr amortisieren, sagt er. Zudem stellt er die provozierende Frage, ob man nicht mehr für den Klimaschutz tue, wenn man Bäume pflanze. Kühnel rät, sich jede Maßnahme genau anzusehen und in Relation zu setzen mit dem Aufwand, der betrieben wird, um neue Materialen herzustellen und alte zu entsorgen.

Der Dachauer Bauingenieur Tobias Linse macht auf ein weiteres Problem aufmerksam, das er als Energieberater hat: die Amortisierung. Zu einer genauen Berechnung, wann sich eine Maßnahme auszahle, müsse man die Energiepreise von morgen wissen. Ein ökonomischer Beitrag zum Klimaschutz könne gewährleistet sein, wenn Haustechniker, Tragwerksplaner, Architekten und Energieberater zusammenarbeiteten.

Ein Sonderfall ist der Hausbesitzer Hofkirchen, der sich um die Amortisierung wenig Gedanken machen musste. Die geschätzten Sanierungskosten von etwa 80 000 Euro konnte er um die Hälfte verringern, da er selbst zupackte und in jeder freien Minute Holzfaserverbundplatten annagelte und Dämmwolle verlegte.

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