Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Altomünster wird Spitzenreiter bei Solarstrom

Statt auf zwölf Hektar könnten Photovoltaikanlagen in der Marktgemeinde demnächst auf knapp 70 Hektar Energie erzeugen

Von Horst Kramer, Altomünster

Die Energiewende macht in der Marktgemeinde Altomünster große Fortschritte. Im Rathaus liegen derzeit ein halbes Dutzend Bauanträge für Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen vor. Fünf sind ganz neu, ein Antrag zielt darauf ab, einen bestehenden Sonnenpark erheblich zu erweitern. Zählt man die aktuellen und die potenziellen neuen Freiflächen-Photovoltaik-Flächen zusammen, käme man auf fast 70 Hektar. Die Marktgemeinde wäre damit wohl der Sonnenstrom-Spitzenreiter im Dachauer Land, trotz der Großprojekte in anderen Gemeinden, etwa in Petershausen (21 Hektar) und Weichs (27 Hektar). Bürgermeister Michael Reiter (FWG) drückt nun kräftig auf die Tube: Vor wenigen Tagen erst beriet sein Gemeinderat über einen Katalog mit Kriterien für die Genehmigung von Solarparks, schon am kommenden Dienstag soll das Regelwerk im Umwelt- und Nachhaltigkeitsausschuss ausgearbeitet werden. In der Oktobersitzung des Plenums könnte der Katalog verabschiedet werden.

Schon bisher erzeugte die Marktgemeinde mehr Strom als sie selber verbraucht, mit den neuen Anlagen wird sie zum Exporteur. Aktuell sind drei Solarparks in Betrieb: Der erste und älteste liegt südlich von Schmelchen, der zweite erstreckt sich zwischen Kiemertshofen und Hohenzell. Der dritte und jüngste befindet sich südlich der S2A-Bahnlinie bei Deutenhofen. Diese drei Areale addieren sich auf gerade einmal zwölf Hektar. Ein weiteres Freiflächensolarstrom-Projekt von rund 14 Hektar, das nördlich von Rudersberg entstehen soll, steckt mitten im Genehmigungsverfahren. Die sechs aktuellen Bauanträge, die nun im Rathaus vorliegen, katapultieren die Marktgemeinde in eine neue Liga: Ihre Gesamtfläche beträgt 42 Hektar. Insgesamt käme Altomünster auf Solarstrom-Areale von 68 Hektar. Sofern alle Flächen mit den aktuellsten Modulen ausgestattet werden, würde die Gemeinde zwischen 90 bis 100 Millionen Megawatt erzeugen. Kein Wunder also, dass im Juli zwei Fachleute der Bayernwerke im Marktgemeinderat über Einspeisekonzepte von Sonnenstrom referierten.

Damals deutete sich an, dass zwei Umschaltwerke angedacht sind: eines im Nordwesten, das andere im Westen, beide in unmittelbarer Nähe zu den zwei Starkstromleitungen, die das Gemeindegebiet kreuzen.

Die fünf neuen Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen werden im Norden und Westen des Altolands errichtet. Das mit Abstand größte Projekt ist die Erweiterung der 7,3-Hektar-Anlage bei Schmelchen: Sie soll sich schlussendlich über rund 27 Hektar erstrecken. Netto wohlgemerkt, also ohne Bepflanzungsstreifen. Nicht weit davon entfernt, am sogenannten Teufelsberg, ist eine Freiflächen-Photovoltaikanlage mit sechs Hektar angedacht. Südöstlich des Altomünsterer Ortsteils Pfaffenhofen könnte ein 7,7-Hektar-Park entstehen. Diese Flächen war vor rund zehn Jahren schon einmal im Gespräch, sie fielen dann aber durch das Bewertungsraster, weil sie zu weit von einer Starkstrom-Leitung entfernt schienen. Durch das neue Konzept der Einspeisepunkte, das das Gremium vor den Ferien diskutiert hatte, ist es wohl möglich, auch hier effizient Strom ins Netz zu leiten.

Südwestlich von Halmsried ist schon seit geraumer Zeit ein weiteres Areal im Gespräch. Ehedem waren 10 Hektar beantragt, jetzt wurden die Planungen auf 6,2 Hektar reduziert. Ähnlich stellt sich die Situation für einen potenziellen Solarpark bei Kiemertshofen dar. Ein alter Antrag hatte 10,5 Hektar auf Ackerflächen vorgesehen, die sich an die Wäldchen im Westen von Übelmanna anschließen. Der geänderte Antrag beläuft sich nur noch auf 8,2 Hektar. Ein Grund für die Reduktionen: Freiflächen-Photovoltaikanlagen werden oft auf Südhanglagen errichtet. Prinzipiell könnte man sie bis zur Hügelkuppe hochziehen. Eins der bisher diskutierten Kriterien für neue Solarparks fordert indes die Freihaltung von Hügelkuppen. Nicht aus anlagentechnischen oder energetischen Gründen, sondern um das Landschaftsbild nicht übermäßig zu verändern, wie Reiter in der Sitzung erläuterte.

Im Nordwesten der Gemarkung Hohenzell ist zudem ein - im Vergleich zu den anderen Projekten - sehr kleiner Solarpark angedacht: Er erstreckt sich gerade mal auf 1,5 Hektar über die Fläche der Sandgrube bei Rametsried.

Der Aichacher Landschaftsarchitekt Diplom-Ingenieur Hans Brugger stellte erneut die Systematik des künftigen Kriterienkatalogs vor. Dabei werden die gesetzlich vorgegebenen Ausschlusskriterien auf das Gemeindegebiet angewendet und mit dem "Leitbild" der Kommune abgeglichen, also mit den Zielen, die sich die Gemeinde setzt. So wurde in den Diskussionen der vergangenen Jahre des öfteren von zwei Prozent der Gesamtfläche (also 150 Hektar) gesprochen, die für Sonnenstromfarmen reserviert werden, alternativ von zwei Prozent der landwirtschaftlichen Flächen (also rund 100 Hektar). Das heißt, dass selbst wenn der Bau- und Umweltausschuss am Dienstag eine Berechnungsmethodik auf Basis der landwirtschaftlichen Flächen empfehlen sollte, immer noch viel Luft nach oben bliebe für künftige Projekte.

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SZ vom 27.09.2021
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